Knorkator Sieg der Vernunft Coverartwork

Review Knorkator – Sieg der Vernunft

„Die Welt wird nie wieder so, wie sie vorher war“. Das haben wir sicherlich alle in den letzten Jahren auf die eine oder andere Weise gedacht. Auf ihrem – exklusive „High Mud Leader“ – zehnten Album „Sieg der Vernunft“ verarbeiten KNORKATOR diese bittere Erkenntnis und legen den Finger mehr denn je in politische und sozialkritische Wunden.

KNORKATOR sind dabei so aktuell und nah am Zeitgeist wie nie: Im Opener rast ein Asteroid auf die Erde zu und nach anfänglicher Panik versucht die Menschheit, Profit daraus zu ziehen. Analysen ergeben, dass der Himmelskörper aus Scheiße besteht und diese fortan als neues Zahlungsmittel gelten soll. „Aus Scheiße Gold machen“ nehmen KNORKATOR hier wörtlich und ziehen damit Parallelen zu so vielen aktuellen Ereignissen, in denen der finanzielle Vorteil über allem steht. Geld war schon immer ein beliebtes Thema bei den Berlinern: „Milliardäre“ prangert die Machtgier und Skrupellosigkeit der Superreichen an, die wie in „Der Hofstaat“ gerne mit ihrem verschwenderischen Reichtum unter sich bleiben und sich vom niederen Volk abschotten. Dass nachfolgende Generationen sowohl mit Nahrungsmittel- wie Rohstoffknappheit aufgrund unseres gegenwärtigen Lebensstiles im Überfluss werden kämpfen müssen, ist längst kein Geheimnis mehr – „Tut uns leid“ können wir sagen, hilft aber niemandem.

Lyrisch starker Tobak, den KNORKATOR mit Cheftexter Alf Ator uns auf „Sieg der Vernunft“ präsentieren. Die Band hat ihre Meinung inmitten der satirischen wie quatschigen Texte schon immer gerne gesagt, allerdings noch nie so geballt und zum Nachdenken anregend wie 2022. Die Pandemie mitsamt Nachwirkungen und der aktuell kritische Zustand der Musikbranche haben hier sicherlich etwas ausgelöst. Das schlägt sich auch musikalisch nieder: „Sieg der Vernunft“ ist das wohl melancholischste KNORKATOR-Album mit dem geringsten Blödel-Anteil. Vielleicht ist „Sieg der Vernunft“ sogar das härteste Album der Bandgeschichte: Harte Industrial-Riffs wie bei „Es lebe der Tod“ oder dem Titeltrack und aggressive Punk-/Hardcore-Noten wie bei „Der Hofstaat“ gibt es gehäufter als bisher.

Gewohnter Quatsch findet sich natürlich trotzdem noch genügend, vor allem zum Ende hin: „Menschenfleisch“ entpuppt sich nach traurigem Piano-Intro als chaotischer, akustischer Sandkasten mit Geräuschen und Experimenten, „Knurrkater“ ist genau das, was der Titel verspricht und „Augen zu“ ist eine dieser altbekannten, scheinbar sinnbefreiten Wort- und Satzaneinanderreihungen.

Musikalisch bleiben sich KNORKATOR treu; der abwechslungsreiche Neue-Deutsche-Härte-Sound wird mit allerlei Keyboard-Spielereien aufgelockert und lebt viel vom tollen gesanglichen Wechselspiel: Der grimmige Alf Ator und der von engelsgleich bis aggressiv alles beherrschende Stumpen ergänzen sich gewohnt fabelhaft. Als neuer Livehit dürfte sich dabei neben dem Opener vor allem das schmissige, launige „Milliardäre“ entpuppen. Die übliche Coverversion punktet übrigens mit einem interessanten Kniff: „One Way Or Another“ – im Original von Blondie – verpasst der Stalker-Thematik durch den männlichen Gesang von Alf Ator einen ganz unheimlichen Twist.

„Sieg der Vernunft“ überrascht mit seiner ernsten Note und ist das bisher ernsthafteste und düsterste KNORKATOR-Album. Nachdem die Band zuletzt etwas auf der Stelle trat, bringt das wieder viel Spannung rein. Ein echtes Schmankerl für Fans ist das dicke CD-Digipack: Nicht nur ist jeder Track ausführlich illustriert, es gibt zudem noch zahlreiche Seiten mit spaßigen, skurrilen Bonuszeichnungen. Ob der „Sieg der Vernunft“ noch eintritt oder die Menschheit weiter sehenden Auges ihrem Untergang entgegenspurtet, das vermögen auch KNORKATOR nicht zu beantworten. Deutschlands meiste Band der Welt präsentiert aber die unbequemsten Fragen der Welt zur genau richtigen Zeit. Ein famoses Album einer spannenden, unterhaltsamen, wichtigen, hochaktuellen Band! „Und wir sagen es deutlich und wir sagen es laut, auf dass der Gedanke sich vermehre.“

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Wertung: 8.5 / 10

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