Review Matula – Schwere

Was tun, wenn die Sturm-und-Drang-Phase der Jugend vorbei ist? Wie geht man damit um, dass lange Nächten nicht mehr verkatert zelebriert werden können, sondern die harte Arbeitswelt wartet? Wie fühlt es sich an, wenn die beruflichen und privaten Verpflichtungen zunehmen, die Selbstzweifel aber nicht aufhören? Und wie handelt man, wenn man das Gefühl hat, dass es das jetzt war, das „Jetzt“ aber nur schwer zu ertragen ist? Diese Fragen fangen die Grundstimmung ein, die MATULA auf ihrem vierten Album erzeugen, das seinem Titel „Schwere“ in allen Belangen gerecht wird.

Die Emo-Indie-Punks von damals sind älter geworden, Familie und Lohnarbeit machen es schwer, MATULA als aktive Band aufrecht zu erhalten. „Schwere“ hat daher vier Jahre auf sich warten lassen. Das Ergebnis beweist, dass es bei den MATULA keinen Stillstand gibt: Thorbens Gesang ist noch sehnsüchtiger als auf früheren Veröffentlichungen, die warme aber druckvolle Produktion ist noch drängender, die Lieder zu gleichen Teilen introvertierter und punkiger.

Die Euphorie des Vorgängers, der ein letztes Aufbäumen vor dem unerbittlichen Älterwerden darstellte, ist verschwunden. Stattdessen dominiert eine unruhige Melancholie, sowohl musikalisch als auch textlich. Dabei klingen MATULA noch nie so sehr wie ihre Labelkollegen und Freunde von Captain Planet wie auf „Verletztes Tier“ – sicherlich auch, da Gitarrist Sebastian seit einigen Jahren in beiden Bands aktiv ist. Dennoch haben die vier Hamburger ihren eigenen, unverkennbaren Stil und bleiben diesem treu.

Wie gewohnt setzen MATULA auf unwiderstehliche Melodien und Harmonien, die ihren schrammeligen Indie-Punk seit ihrem Debüt „Kuddel“ bestimmen. Dabei gibt es in Sachen Tempo und Struktur auf „Schwere“ zwar nur wenig Abwechslung, allerdings immer wieder hochemotionale Momente, seien es Rhythmus- oder Tonwechsel beim Einstieg in einen Refrain, oder Textzeilen wie „Hinfallen ist wie anlehnen, nur später“. Das hoffnungsvolle „Dein Platz ist hier“ bildet dabei neben dem verletzten „Den ganzen Rest vergessen“ und dem fast schon verzweifelten „Brachland Sonnenuntergang“ die Highlights auf „Schwere“. „Der Monarch“ sowie der Titeltrack können hier nicht ganz mithalten, ohne zu enttäuschen.

„Schwere“ ist ein Album, dass das Gefühl der nun im „echten Leben“ angekommenen Millenials nahezu perfekt einfängt und emotional wie poetisch vertont. Nach einer vierjährigen Abwesenheit ist dieses Album ein weiterer Beweis dafür, wie sehr MATULA gefehlt haben. Schön, nicht allein zu sein.

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Wertung: 8.5 / 10

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