Review Pure Reason Revolution – Eupnea

Sie strahlten kurz, aber umso heller: PURE REASON REVOLUTION spielten zwischen 2006 und 2011 drei grandiose Longplayer ein und lösten sich im Anschluss ohne großes Tohuwabohu auf. Das war wirklich schade – sie waren eine der kreativsten und progressivsten Bands ihrer Zeit. Zu Beginn floydig-atmosphärisch, entwickelten sie sich rasant und ohne Kompromisse zur Elektro-Combo und setzten sich mit ihrem letzten Album „Hammer And Anvil“ selbst ein Denkmal. Große Worte – aber PURE REASON REVOLUTION verdienen sie.

Umso schöner ist es, dass sie jetzt wieder da sind. Aus der ehemaligen Band ist ein Duo geworden. Übrig geblieben sind Jon Courtney und Chloë Alper, seit jeher die musikalische DNA der Gruppe. Ergänzt werden sie von Session-Drummer Geoff Dugmore. Der Albumtitel „Eupnea“ bezeichnet die regelmäßige und ruhige Atmung eines Individuums. Ein ungewöhnlicher Titel, der wunderbar Spannung erzeugt zwischen dem lyrischen Inhalt der Platte und dem Erlebnis beim Hören. Denn wer bei den sechs neuen Songs ruhig bleibt, muss emotional tot sein.

Zum Album inspiriert wurde Jon Courtney durch die turbulenten ersten Wochen mit seiner Tochter, die bei ihrer Geburt nur drei Pfund wog und lange Zeit nicht ohne technische Hilfsmittel atmen konnte. Man kann sich nur vorstellen, was das mit einem Menschen macht. Und man kann es „Eupnea“ anhören. Die sechs neuen Songs sind tiefgehend, aufwühlend, vielschichtig und sehr berührend. Jeder Ton hier sitzt an der richtigen Stelle, jeder Song nimmt sich seine Zeit. Herausgekommen sind drei längere Epen zwischen acht und mehr als 13 Minuten sowie drei kürzere, etwas poppigere Tracks.

Schon der Opener „New Obsession“ macht indes klar: PURE REASON REVOLUTION haben den rein elektronischen Sound eines „Hammer And Anvil“ wieder hinter sich gelassen. Die Reise geht zurück zum Debüt „The Dark Third“. Zu Songs, die atmen, Geschichten erzählen, den Hörer in andere Sphären entführen. Es dauert nicht lange, bis der unnachahmliche Duettgesang von Jon Courtney und Chloë Alper ertönt – und schon ist die alte Magie wieder da. Die beiden haben wirklich gar nichts verlernt.

„Silent Genesis“ könnte, genauso wie auch die anderen Longtracks „Ghosts & Typhoons“ und „Eupnea“, fast von „The Dark Third“ stammen. Oder einer runderneuerten, aufgefrischten Variante davon, ergänzt um ein paar elektronische, angejazzte und auch ein wenig schräge Elemente. Diese werden ausgewählt, aber wirkungsvoll eingesetzt. Der Wirbelsturm der Gefühle, die Energie der Stromgitarren – sie folgen auf dem Fuße und holen einen aus den höchsten Sphären wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Die Songs gehören wirklich zum Besten, was PURE REASON REVOLUTION bisher aufgenommen haben. Die kürzeren Nummern „Maelstrom“ und „Beyond Our Bodies“ halten das hohe Niveau und sorgen mit ihren einfachen Strukturen und poppigen Melodien für etwas Auflockerung.

„Eupnea“ zündet schon beim ersten Hören, wächst aber mit jeden weiteren Durchgang. Trotz beinahe zehn Jahren Funkstille wirkt es, als wäre die Band nie weggewesen. Jon Courtney und Chloë Alper haben für das Rennen um das Prog-Album des Jahres ziemlich vorgelegt. Da müssen andere Bands erst einmal rankommen. Warum es dennoch nicht zur Höchstnote reicht? Ganz einfach: „Hammer And Anvil“ war in all seiner elektronischen Konsequenz, Vitalität und Vielfalt noch ein Stück eindrucksvoller. Und „The Dark Third“ war nicht weniger als die Mutter dieses Albums. Aber entscheidend ist: Das hier sind 47 tolle Minuten Musik!

Elektrisierend.
Unnachahmlich.
Progressiv.
Nachdenklich.
Edel.
Atmosphärisch.

Dringende Hörempfehlung!

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Wertung: 9.5 / 10

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