Review Riverside – Shrine Of New Generation Slaves

Früher gab es Sklaverei, heute sind wir frei. Im Rahmen der gesetzlichen Grenzen dürfen wir tun und lassen, was wir wollen und haben das Recht, unsere Meinung frei zu äußern. Im Zeitalter der Globalisierung und des Internets bestellen wir lieber günstig vom anderen Ende der Welt, statt in den Laden um die Ecke zu gehen. Und dank Smartphones sind wir immer erreichbar, können überall posten, taggen und bewerten. Schöne neue Welt, oder etwa nicht?

RIVERSIDE jedenfalls halten all das für eine moderne Form der Sklaverei, uns alle für „New Generation Slaves“. „I am a free man, but I can’t enjoy my life“, singt Mariusz Duda im Opener des etwas sperrig betitelten fünften Albums „Shrine Of New Generation Slaves“ und bringt diese Lyrics derart authentisch und emotional rüber, dass man ihm einfach glauben muss. Die Verschmelzung der Welt und der technologische Fortschritt sind eben Fluch und Segen zugleich. Aus diesem Spannungsfeld erschaffen die polnischen Artrocker gleich ein ganzes Album, das von der ersten bis zur letzten Sekunde gespickt ist mit songwriterischer Finesse und überraschenden Wendungen.

Jeder der acht neuen Songs strahlt eine enorme Selbstsicherheit aus. Zusammengenommen formen sie ein Werk, dass sich stilistisch und qualitativ äußerst harmonisch in den bisherigen Katalog der Band einfügt, ohne auch nur einmal das Wort „Stagnation“ aufzuwerfen. Die aggressive, metallische Seite des Vorgängers „Anno Domini High Definition“ (2009) ist einer seltsam betörenden Schlichtheit gewichen. RIVERSIDE präsentieren sich über weite Strecken erdiger, gradliniger und eingängiger als zuletzt. Insofern ist das Album mit seiner melodischeren Ausrichtung auch wieder näher an den ersten beiden Alben der Band und dürfte vor allem denjenigen gefallen, die den Stil von „Second Life Syndrome“ mochten. Passagenweise klingt die Band dabei allerdings so stark nach Porcupine Tree wie nie zuvor. Da diese sich aber gerade eher rar machen, ist das halb so schlimm.

Kritikpunkte muss man nicht lange suchen. Es gibt lediglich einen einzigen, der wirklich ins Gewicht fällt. Das Intro des Openers „New Generation Slave“ ist mit zwei Minuten etwa halb so lang wie der Song selbst und leider bei weitem nicht abwechslungsreich genug. Da helfen auch die sehr guten Lyrics, auf die in diesem Teil wohl die Aufmerksamkeit gelegt werden soll, nicht weiter. Danach allerdings liefern RIVERSIDE eine in jeder Hinsicht große Leistung ab: Mariusz’ Gesang und Bass-Spiel sind einfach traumhaft, die Band kreativ und vital wie am ersten Tag. „SONGS“, wie Akronym-Fan Duda das Album nennt, vereint alle Stärken der Band: Verträumte und elegische Parts treffen auf energetischen Hardrock und stimmungsvollen New Artrock. Obendrauf gibt es diesmal sogar noch erstaunlich organische Jazz-Einsprengsel („Deprived“).

Die CD besticht durch eine enorme Ausgeglichenheit und Geschlossenheit. Nach gut 50 Minuten entlässt Mariusz Duda den Hörer mit der mit eineinhalbminütigen „Coda“ zurück in diese oftmals hektische, rast- und seelenlose Welt da draußen. Und uns bleibt nichts anderes übrig, als RIVERSIDE zu attestieren, dass sie mal wieder ein sehr gutes Album geschrieben haben!

Es gibt übrigens auch eine Special Edition mit Bonus-CD, auf der sich zwei über zehnminütige Tracks befinden. Ohne sie gehört zu haben, würde ich sagen: Das dürfte sich lohnen.

Anspieltipps: „We Got Used To Us“, „Celebrity Touch“

Wertung: 8.5 / 10

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