Review Soulfly – Enslaved (+)

  • Label: Roadrunner
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Thrash Metal

Seitdem SOULFLY die Weltmusik-Elemente in ihrer Musik vernachlässigen und immer stärker auf brutalen Metal setzen, ist die Fangemeinde gespalten. Da gibt es die einen, die die Brasilianer gerade wegen ersterer Elemente zu schätzen lernten und sie in ihrer aktuellen Ausgabe lediglich als langweilige Knüppeltruppe sehen; und da gibt es die anderen, die an Max Cavalera bewundern, dass er sich nach seiner Abkehr von der Nu-Metal-Ausrichtung auf seine alten, traditionellen Stärken besinnt und dabei an ihm offenbar ein Phänomen zu erkennen ist, dass ich hier mal salopp als umgekehrte Altersmilde bezeichne.

Es ist dabei erstaunlich, dass auch heute noch so viele nach den frühen SOULFLY schreien, wo sich doch bereits mit der 2005er-Scheibe „Dark Ages“ unbestreitbar und deutlich hörbar eine Rückkehr zum Thrash und Death Metal von Max’ Sepultura-Ära angekündigt hatte, wenn auch weiterhin mit Weltmusik-Einflüssen, die aber nach und nach dezenter wurden. Wo Kollege Grütz in seinem Review von Pensionsalter, Midlife-Crisis und dem Tod von SOULFLY redet, spreche ich von Weiterentwicklung und Neuerfindung. Diese Stilentwicklung im SOULFLY-Lager ist dabei nicht darin begründet, dass Max (übrigens erst Jahre nach dieser musikalischen Umorientierung) mit seinem Bruder eine weitere Band mit kompromisslosem Sound gründete; denn die Cavalera Conspiracy ist in erster Linie ein Projekt mit ordentlich Prestige-Bonus durch die Reunion der einst zerstrittenen Brüder, das die gemeinsame im Hardcore Punk und Death-Thrash der Achtziger verwurzelte musikalische Vergangenheit der beiden Cavaleras zelebriert. Leicht kann man das übersehen und beiden Gruppen Austauschbarkeit untereinander vorwerfen, wenn man sich nur darauf einschießt, dass bei CC am Mikro und den Gitarren die gleichen Männer wie bei SOULFLY stehen.

Wer also „Enslaved“ mit den frühen Werken der Brasilianer vergleicht, kann nur zu einem enttäuschenden Ergebnis kommen. Drummer Dave Kinkade hingegen bezeichnete das Album als „Arise auf Crack“ und traf damit den Nagel auf den Kopf bezüglich dessen, wo die Maßstäbe anzulegen sind. Und in der Tat: Fehlten auf den Vorgängern „Conquer“ und „Omen“ schlicht die Höhepunkte, finden sich auf dem aktuellen Release durchaus Nummern, die man gegen so manchen Meilenstein von Sepultura ins Rennen schicken könnte. Ob es an der frischen Rhythmusfraktion um ex-Borknagar-Trommler Kinkade und Prong/Ministry-Bassist Tony Campos liegt, bleibt offen. Fakt ist jedoch, dass beide eine ungemeine Bereicherung darstellen, sorgt doch allein schon Kinkade mit seiner makellosen Kombination aus Schnelligkeit, Präzision und Technik für eine durchweg solide Grundqualität der Songs, die von der bombastischen Produktion noch weiter aufgewertet wird.

So knallt der Junge uns bereits im Intro „Resistance“ Blastbeats und Highspeed-Doublebass um die Ohren, die beide in Kombination mit zutiefst todesmetallischem Riffing und dem Gastbeitrag von Cattle-Decapitation-Sänger Travis Ryan den Folgetrack „World Scum“ zum ersten Album-Highlight machen. Derer gibt es wahrlich nicht wenig: „Gladiator“ ist eine weitere Abrissbirne auf hohem Niveau und mit Sitar-Einsatz, „Legions“ überzeugt durch coole Drum-Rhythmen sowie großzügige Solo-Arbeit und „Plata O Plomo“ mit komplett portugiesischen Lyrics und gegen Riffwände ankämpfende Flamenco-Gitarren. Bei „Chains“ geht es epischer zu als im Grundtenor der Scheibe, während der reguläre Rausschmeißer „Revengeance“ eine Familienfeier mit mittlerweile drei Nachwuchs-Cavaleras ist. Dass in den Refrains oft nur der Songtitel gebrüllt wird, kann man dabei scheiße finden, darf man aber auch als das typische Max-Trademark akzeptieren, das es zweifellos ist. Nur die Tatsache, dass das mittlerweile bei Nummer 8 angekommene, selbstbetitelte Instrumental „Soulfly VIII“ ausschließlich als Special-Edition-Bonustrack verfügbar ist, wirft Fragen auf.

Solange die Metalgemeinde noch jeden musikalischen Furz von Metallica mit deren ersten vier Alben vergleicht, solange werden sich auch SOULFLY mit „Früher waren sie besser“-Rufen konfrontiert sehen, fühlt sich doch grundsätzlich immer eine Fanfraktion auf den Schlips getreten, wenn sich eine Band dazu entscheidet, einen anderen Weg als in den jungen Jahren einzuschlagen. Wer jedoch lediglich nüchtern konstatiert: „Früher waren sie anders“, und die Jungs nicht am liebsten zu „Primitive“-Zeiten eingefroren hätte, kann sich mit „Enslaved“ an einem weiteren gelungenen und mehr als relevanten, beinharten SOULFY-Album erfreuen, das seine beiden Vorgänger links liegen lässt und somit mindestens den stärksten Output seit „Dark Ages“ darstellt. Wenn das mal kein Kaufargument ist.

Wertung: 8 / 10

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