Review Völur – Disir (Re-Release)

(Doom Metal / Folk) Völlig egal, ob man sie mag oder nicht, eines muss man den Bands, die bei Prophecy Productions unter Vertrag stehen, lassen: Die meisten von ihnen machen auf ihre Weise anspruchsvolle, qualitative und einzigartige Musik. So auch VÖLUR, die erst seit kurzem mit von der Partie sind und nun mit dem Re-Release ihrer 2014er Demo „Disir“ als Debütalbum auf sich aufmerksam machen wollen. Das kanadische Trio, das sich nach einer nordisch-mythologischen Seherin benannt hat und textlich das europäische Heidentum thematisiert, spielt eine sehr eigentümliche, experimentelle Form von Doom Metal und – wie könnte es bei Prophecy anders sein – Folk.

Auf dem zutiefst unheilvollen Opener „Es wächst aus seinem Grab“ erfüllen VÖLUR die vorab an sie gestellten Erwartungen voll und ganz. Die grollende Bassgitarre und die kreischende, klagende Geige erzeugen – wie schon das Artwork – im Zusammenspiel eine unglaublich eindringliche Wirkung, dazu kommen noch bestialische Screams und im späteren Verlauf hymnischer Klargesang und in den Vordergrund gerückte Bass-Spielereien. Einmal lassen VÖLUR noch ein dissonantes Crescendo auf den Hörer los bis der Track dröhnend zu einem Ende kommt. Allein mit diesem Song hätten die drei Ausnahmemusiker bereits eine Blaupause für einen ureigenen Stil kreiert, doch so leicht machen sie es uns nicht.

Die restlichen drei Tracks, die zwischen sechs und dreizehn Minuten lang sind, sind nämlich größtenteils von anderen Stimmungen geprägt. Screams hört man auch keine mehr und sogar die rohe Bassgitarre kommt nur noch vereinzelt zum Einsatz. Doch auch die beschwörenden Vocals in „The Deep-Minded“ sind die letzten ihrer Art, von da an gehen VÖLUR rein instrumentale Wege. Die Geige und der warme, unverzerrte Bass stehen nun vollständig im Vordergrund. Trotz dieser reduzierten Herangehensweise mangelt es „Disir“ keineswegs an Abwechslung. So klingt die Geige in „The Deep-Minded“ im einen Moment geradezu albtraumhaft, später melancholisch folkig, in „White Phantom“ hingegen seltsam vertraut und fast schon heimelig, in etwa vergleichbar mit den ruhigeren Songs auf Dornenreichs „In Luft geritzt“ oder „Freiheit“.

Dass die Geige alles andere als glattgebügelt ist und der Bass eigentlich immer gut hörbar ist, verleiht der Musik von VÖLUR einen ganz eigenen Charme, dennoch muss gesagt werden, dass die Produktion noch etwas mehr Feinschliff vertragen hätte. Obwohl einige Melodien vergleichsweise schnell ins Ohr gehen, ist „Disir“ darüber hinaus ein eher sperriges Werk, in das sich trotz seines kraftvollen Klanges und seiner eigentümlichen Atmosphäre ein paar Längen eingeschlichen haben.

„Disir“ ist erwartungsgemäß keine leichte Kost, doch gerade dieser experimentelle Ansatz macht das Album so interessant. Zwar wäre beim nächsten Mal eine ausgefeiltere Produktion und ein ausgeglichenerer Einsatz der Stilmittel wünschenswert, doch schon jetzt haben VÖLUR bewiesen, dass sie es wert sind, sich mit ihrer Musik auseinanderzusetzen. Ungeachtet einiger Mängel verströmt „Disir“ eine urtypische Energie, die das Hören zu einem wahren Erlebnis werden lässt. Fans von Doom Metal und vor allem Folk sollten sich die Platte auf alle Fälle anhören.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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