Interview mit Ville Friman und Niilo Sevänen von Insomnium

Mit ihrem fünften Album „One For Sorrow“ haben die Finnen INSOMNIUM unlängst wieder gezeigt, warum sie völlig zu Recht als die Band der Stunde im Bereich des Melo-Death gehandelt werden. Auf ihrer ersten Headliner-Show in München trafen wir Gitarrist Ville Friman und Sänger/Bassist Niilo Sevänen für einen kurzen Plausch über die Tour, den Ausstieg von Gitarrist Ville Vänni und natürlich ihr aktuelles Album – doch lest selbst…

Willkommen zurück in Deutschland! Wie geht es euch?
Ville Friman: Alles ist super soweit. Wir sind ein bisschen müde, weil wir gestern eine ziemlich gute Party hatten, aber die Tour läuft sehr gut bisher.
Niilo: Ja, die Tour läuft wirklich gut…
Die Reaktionen der Fans sind auch gut?
Ville:Gestern haben wir vor 200 Leuten in Prag gespielt, das hat ziemlich Spaß gemacht und wir waren wirklich positiv überrascht. Wien war auch ausverkauft. Also ja, die Erwartungen wurden echt übertroffen bisher.
Niilo:…und heute ist es auch beinahe ausverkauft, das ist schon toll.

Die anderen beiden Bands heute Abend, Before The Dawn und My Grain sind ja auch aus Finnland. Kanntet ihr die Bands schon und habt sie gefragt, ob sie mit euch touren möchten, oder wie ist das Package zustande gekommen?
Ville:Wir haben länger überlegt mit welchen Bands wir spielen könnten beziehungsweise welche Bands gut in das Konzept passen würde und haben uns schließlich für ein finnisches Package entschieden. Es gibt viele Fans finnischer Metal-Musik und auch viele Bands. Mit Before The Dawn haben wir schon öfter in Finnland getourt und mit My Grain haben wir auch schon gespielt. Also ja, es sind schon Freunde und Bekannte.

Wenn ich mich nicht irre ist das eure erste richtige Headliner-Tour in Europa, richtig?
Niilo, stolz wie Bolle: JEPP! (grinst)

Wenn ihr zurückschaut auf eure erste Tour mit Satyricon: Was hat sich seitdem alles geändert, was ist gleich geblieben?
Niilo:Alles hat sich geändert, klar. Wirklich alles. Mit Satyricon war es schon hart, wir haben kein anständiges Catering bekommen und auch wirklich sehr kurze Sets gespielt, manchmal nur um die 20 Minuten. Aber so konnten wir natürlich auch viele Leute erreichen, da einige Venues echt groß waren. Es war schon eine gute Art, INSOMNIUM bekannt zu machen… du musst einfach unten anfangen und dich langsam nach oben hocharbeiten.
Am Anfang waren wir natürlich ziemlich skeptisch ob wir genügend Leute als Headliner ziehen würden, denn jetzt ist das ja quasi unsere Verantwortung, auch gegenüber den Vorbands – für die wäre es halt auch ziemlich ärgerlich, wenn da keiner kommen würde. Aber bisher läuft es wirklich sehr gut.
Ville: Ja, die Vorbands sind auch echt zufrieden. Wir haben eine gute Zeit im Tourbus, alle sind Freunde, sehr umgängliche Menschen.

Ihr habt gerade schon euren kontinuierlichen Aufstieg angesprochen – gabt es denn einen Punkt, ein bestimmtes Konzert oder ein anderes Ereignis, an dem ihr gemerkt habt, dass es jetzt mit der Band wirklich voran geht und ihr den Durchbruch quasi geschafft habt?
Ville:Ich denke, der Auftritt auf dem Summer Breeze 2010 war so ein Moment… das war echt überwältigend. Wir hätten nie mit solchem Zuspruch gerechnet…
Das Bloodstock-Festival in England war auch so ein Erlebnis. Da haben wir angefangen zu bemerken „Hey, da sind echt Leute die uns mögen“, das ist schon ziemlich cool. Aber insgesamt hat sich die Entwicklung wirklich graduell vollzogen. Man arbeitet sich nach oben: Erst eröffnet man einen Abend, dann kriegt man einen höheren Slot, man bekommt mehr Spielzeit, spielt vor einem größeren Publikum…

Wo wir grade über euren kontinuierlich steigenden Bekanntheitsgrad reden… momentan habt ihr ja alle noch Jobs neben der Band, soweit ich weiß. Glaubt ihr, dass ihr an einen Punkt kommen werdet, an dem ihr euch entscheiden müsst – Band oder Job?
Niilo:Im Endeffekt ist genau das ja gerade mit Ville Vänni passiert…
Ville:Natürlich ist das ein Problem für uns, es ist schon nicht immer einfach. Wir werden jedenfalls nie eine Band sein, die konstant auf Tour ist. Wir brauchen Pausen, um Zeit für unsere Familien und für unsere Jobs zu haben. Wir versuchen alle Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten und müssen schauen, dass wir möglichst effektiv arbeiten: Einfach gute Touren spielen, gute Festivals spielen, quasi die besten und klügsten Entscheidungen treffen.

Ihr habt gerade den Ausstieg von Ville angesprochen – für die Fans war das ja schon eine Überraschung, auch da quasi direkt vor der Tour bekannt wurde, dass er noch während der Tour aussteigt. Ich nehme an, ihr wusstet das aber schon länger?
Niilo:Es war schon ein paar Jahre so, dass er leider einfach nicht mehr sonderlich viel Zeit in die Band stecken konnte.
Ville:Vielleicht ist bei ihm auch die Motivation so viel Arbeit in die Band zu stecken ein wenig gesunken – es kostet eben viel Zeit Interviews zu machen und sowas. Musik spielen selbst ist nur ein kleiner Teil der Sache, man muss viel Energie und Arbeit reinstecken und wenn du nicht motiviert bist, dann bist du vielleicht nicht der Richtige für den Job. Wir haben im Juni angefangen darüber zu reden, und haben das echt lange diskutiert. Zwischen uns ist auch nach wie vor alles gut und wir sind immer noch Freunde.

Also hattet ihr genügend Zeit, einen Ersatz zu finden?
Niilo: Ja, wir haben das im Endeffekt schon im Sommer entschieden, aber es damals noch nicht bekanntgeben wollen…

Wieso das? Was hat euch veranlasst, die Bekanntgabe herauszuzögern?
Niilo: Wenn wir das schon vor dem Album-Release bekannt gegeben hätten, hätten sich wahrscheinlich alle Interview-Fragen nur darum gedreht… das wollten wir vermeiden. (beide lachen)

Glaubt ihr, dass Markus Vanhallas Einstieg Auswirkungen auf das Songwriting haben wird?
Ville: Markus ist ja auch der Songwriter bei Omnium Gatherum und hat in dieser Band schon sein kreatives Outlet. Trotzdem denke ich, das er viele technische Elemente zu unserer Musik beisteuern wird, Soli und so etwas, und uns insgesamt sicher noch besser und stärker machen wird. Aber ich denke, der musikalische Kern von INSOMNIUM wird der gleiche sein wie bisher.
Niilo: Ich denke auch, dass wir live durch Markus stärker werden.
Ville: Ja, gerade haben wir oben die Songs nochmal geübt, und er ist richtig motiviert.

Lasst uns doch nun über euer neues Album sprechen: Warum würdet ihr jemandem empfehlen, „One For Sorrow“ zu kaufen und nicht eines eurer älteren Alben?
Niilo: Hm. Naja, alle unsere Alben sind gut (lacht). Aber ich denke, das neue Album ist ein guter Start. Es ist ziemlich vielseitig, viele verschiedene Stile in den Songs – vielleicht kommt man so besser in INSMONIUMs Musik rein, weil man eben einen bestimmten Song mag und dieser Stil auf dem neuen Album ist. Es ist ziemlich catchy und melodisch, also wahrscheinlich echt ein guter Start.

Ich persönlich finde ja, dass das Album wie eine Art Best-Of ohne alte Stücke klingt…
Niilo: Haha, das ist cool! (beide lachen)
Ich meine, die Songs sind alle sehr stark, aber die Elemente, aus denen sie aufgebaut sind, sind alle hinreichend bekannt. Habt ihr nicht langsam Angst, euch zu wiederholen, oder auf einer Schiene festzufahren, wie meinetwegen Amon Amarth? Beziehungsweise: Denkt ihr über so etwas überhaupt nach?
Niilo: Oh, wir denken ständig darüber nach. Der Plan ist immer, etwas Neues herauszubringen… wir wollen ja nicht ständig das gleiche Album nochmal machen.
Ville: Wir entwickeln uns auch graduell fort… kleine Änderungen hier, ein neues Element da, um es für die Fans interessant zu machen…
Beide:…und für uns selbst.

Also wird sich auch euer nächstes Album nicht komplett anders anhören?
Ville: Nun, mal abwarten… (lacht). Wir haben noch nicht wirklich damit angefangen. Ich denke, das Prinzip wird natürlich das gleiche bleiben, aber irgendetwas neues werden wir uns schon auch einfallen lassen. (lacht)
Niilo: Außerdem haben wir ja jetzt Markus, der wird wohl auch einen Einfluss auf die Sache haben. Ich denke, es wird vielleicht etwas technischer werden…
Ville: Shredding!!! (beide lachen)

Für eure letzten Alben habt ihr jeweils Videos zu einzelnen Songs gedreht. Plant ihr das dieses Mal wieder, und wenn ja: Gibt es schon konkrete Pläne?
Ville: Ja, es wird bald ein neues Video geben. Nicht zu „One For Sorrow“, sondern ein anderer Song…
Niilo: Top Secret!
Ville: Ja, das dürfen wir noch nicht sagen, aber wir haben zwei Videos gemacht, eines wird in Kürze veröffentlicht, das andere später, vielleicht auch erst nächstes Jahr.

Ihr habt für das neue Album ja einen Deal mit Century Media bekommen – Was hat sich für euch durch den Wechsel von Candelight zu dem doch deutlich größeren Label geändert?
Ville: Nun, die waren ja zunächst gar nicht an uns interessiert. Aber wir konnten sie dann doch noch überzeugen…
Niilo: Ja, der Kerl kam, um sich unsere Show anzuschauen – genauer gesagt war er eigentlich nicht mal wegen unserer Show gekommen, sondern wegen der irgend einer anderen Band – aber wir waren am Ende diejenigen, die sein Interesse geweckt haben (lacht). Und so ist das dann eben gekommen…
Ville: Zum Label kann ich nur sagen: Das sind wirklich gute Leute, die wirklich viel arbeiten… alle sind sehr nett, und die Zusammenarbeit funktioniert super. Wir sind also vollends zufrieden!

Der Titel „One For Sorrow“ bezieht sich ja auf einen Kinderreim. Was genau hat der mit dem Album zu tun?
Niilo: Nun, das ist eine Art loser Rahmen… es war die Inspiration für die Texte, aber es ist kein Konzeptalbum.

Ein wie wichtiger Bestandteil eurer Kunst sind denn die Texte?
Niilo: Die Texte sind schon sehr wichtig, und wir stecken viel Arbeit hinein.
Ville: Wir versuchen schon immer, sie interessant zu halten, und ihnen eine gewisse Magie zu verleihen. Es geht also schon um mehr, als nur irgendwelche Wörter aneinanderzureihen… (lacht)
Niilo: Das Ziel ist einfach, dass sie auch ohne die Musik funktionieren können… du kannst sie wie ein Gedicht lesen.

Glaubst du, die Leute lesen heutzutage noch Texte zu Musik?
Niilo: Nun, unsere Fans offenbar schon… wir bekommen viel Feedback zu den Texten… dass wir die besten Texte überhaupt hätten und so Zeug…(grinst)
Ville: Aber es stimmt schon… wenn die Leute sich heutzutage nur noch die mp3s irgendwo runterladen oder iTunes und das ganze Zeug benutzen, werden sie sich wohl nur noch die Musik anhören… aber das variiert eben, wir haben eine Menge Die-Hard-Fans.
Niilo: Ja, und die kennen dann auch die Texte, und können alle Songs mitsingen… das ist schon cool.

Vielleicht erzählst du uns an dieser Stelle etwas zum Artwork? Von wem ist das Bild und was bedeutet es für euch?
Ville: Das Artwork ist von Wille Naukkarinen von Ghost Brigade… er hat ja seine eigene Grafikagentur. Ich glaube, er war dafür einfach der Beste. Wir hatten eine Idee, aber ich denke, die umzusetzen wäre für Ville schwer geworden, weil das nicht sein Stil ist. Also haben wir ihm freie Hand gelassen, zu tun, worauf er Lust hat. Er hat uns dann ein paar Entwürfe geschickt, wir haben Feedback gegeben, und so hat sich das recht schnell ergeben.

Bei mittlerweile fünf Alben in der Hinterhand – tut ihr euch da nicht langsam schwer, die Setlist zusammenzustellen?
Niilo: Ja, das wird wirklich immer schwieriger… (lacht). Am Ende kommen die Leute immer und beschweren sich: „Warum habt ihr diesen Song nicht gespielt“, oder „Warum habt ihr jenen Song nicht gespielt“. Wir müssten wohl vier Stunden spielen, damit jeder zufrieden ist.
Ville: Das ist in der Tat keine ganz einfache Sache. Aber ich meine, das ist eine Headlinertour, und das Album, „One For Sorrow“ ist noch nicht lange draußen, also spielen wir natürlich viel neues Material. Aber alte Stücke sind natürlich auch dabei.

Spielt ihr jeden Abend die gleiche Setlist?
Ville: Bis jetzt schon, ja. Ich meine, wir haben einen neuen Gitarristen und so weiter, da versucht man natürlich, es möglichst einfach zu halten.

Ok, das war dann auch schon unsere letzte Frage. Danke für das Interview, wenn ihr nichts dagegen habt, würden wir zum Abschluss ein kurzes Brainstorming mit euch machen…
Ville: Klar, legt los, so was ist immer witzig.
Los geht’s:
Finanzkrise:

Gleichzeitig: Griechenland!
(beide lachen)
Black Sabbath-Reunion:
Niilo: Alt! Ville Ja, alt!(lachen)
Deutschland:
Niilo (auf deutsch): Sauerkraut!
Ville (auf deutsch):Lederhose!
Metallicas „Lulu“:
Ville, wie aus der Pistole geschossen: Scheiße!
Niilo (auf deutsch): Oh… Scheiße…
INSOMNIUM in zehn Jahren:
Gleichzeitig, lachend: Alt… sehr alt…
Niilo: …und fett!
…aber immer noch aktiv?
Ville: Das ist wirklich schwer zu sagen…
Niilo: Also entweder wir sind dann wirklich groß, oder wir haben uns aufgelöst. (lacht)

Gut, dann wären wir soweit durch.
Vielen Dank für eure Zeit, und viel Erfolg bei der Show nachher!

Beide:Vielen Dank, macht es gut!

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