Konzertbericht: Insomnium w/ In Mourning, Kvaen

06.12.2023 München, Backstage (Werk)

Ho, ho, ho! Wer zum Nikolaustag seine Stifel nicht nur vor die Tür gestellt, sondern auch geschnürt hat, um ins Backstage München zu eilen, bekommt mit INSOMNIUM, IN MOURNING und KVAEN ein abwechslungsreiches Billing der Extraklasse geboten.

Für einen Wochentag und drei Bands überraschend (und unnötig) spät beginnt der Abend um 20:00 Uhr mit KVAEN. Im Gegenzug können sich die Schweden um Mastermind Jacob Björnfot, der im Studio alles selbst macht und auf der Bühne immerhin noch singt und Gitarre spielt, bereits als erste Band über ein volles Backstage Werk freuen. Es wäre aber auch ein großer Fehler, sich KVAEN entgehen zu lassen: Der eingängige Melodic Black Metal der Band ist, gepaart mit der Spielfreude und einem brillanten Sound extrem unterhaltsam. Dass hier Fredrik Andersson, ehemals Drummer von Amon Amarth, am Schlagzeug sitzt, gibt dem Auftritt gleichermaßen einen kleinen Promi-Bonus und kraftvollen Groove aus den Trommeln. Zum letzten Song gibt es dann sogar einen ersten Moshpit – und über zu wenig Jubel können sich die Schweden auch keinesfalls beschweren. Ein starker Einstieg mit einer sympathischen Show, die KVAEN gelungen abrunden, indem sie später am Merch Autogramm- und Fotowünsche erfüllen.

15 Minuten später ist es Zeit für IN MOURNING: Die Schweden sind erstmalig seit 2019, als sie für drei Shows als Support von Omnium Gatherum in Deutschland waren, wieder im Lande. Unterstützt werden IN MOURNING von Cornelius Althammer am Schlagzeug, der sich dafür bei seiner Band Ahab für einige Gigs (etwa auf dem Chaos Blast Meating in München) vertreten lassen musste. Grund dafür ist, dass IN-MOURNING-Drummer Joakim Strandberg Nilsson seit 2022 auch bei Dark Tranquillity mitwirkt, mit welchen er derzeit ein neues Album einspielt. Sorgen braucht sich der Daheimgebliebene aber keine zu machen: Althammer genießt es sichtlich, mit dem progressiven Melodic (Death) Metal mal etwas mehr zu tun zu haben.

Dass der Stil von IN MOURNING nicht ganz einfach ist, merkt man auch an den Publikumsreaktionen: So dauert es etwas, bis sich die Zuhörenden auf die etwas vertrackteren, mitunter ausufernd arrangierten Songs mit viel Klargesang und Clean-Gitarren eingegroovt haben – dann aber haben IN MOURNING das Publikum voll auf ihrer Seite. Grade darum ist es schade, dass die Schweden insgesamt nur 40 Minuten Zeit bekommen – reicht das doch gerade einmal für fünf Songs, darunter die neue Single „The Broken Orbit“. Ein großartiger Auftritt, der geradezu nach einer eigenen Headlinertour und deutlich längerer Spielzeit schreit.

  1. Thornwalker
  2. The Broken Orbit
  3. The Smoke
  4. Sovereign
  5. Colossus

Mehr Spielzeit haben INSOMNIUM für sich gepachtet – aber auch mehr Zeitverschwendung: Nach einem erfreulich schnellen Umbau opfern die Finnen ganze 10 Minuten einem komplett überflüssigen, pathetischen Klassik-Intro, ehe ein weiteres Intro dann wirklich das Erscheinen der Band ankündigt. Nach diesem zähen Beginn müssen die Finnen sich das Publikum erst wieder warmspielen – mit „1696“, „Ephemeral“ und „White Christ“ als Einstieg und sympathischen Ansagen gelingt das aber gut: In einem bunten Mix aus netten englischen und lustigen deutschen Ansagen („Bitteschön, dankeschön, wunderschön!“) hat Fronter Niilo Sevänens das Publikum wie gewohnt fix auf seiner Seite.

Ungewohnt hingegen ist, wen er an seiner Seite hat: Statt Jani Liimatainen spielt auf dieser Tour Nick Cordle Gitarre. Dass die Wahl auf ihn gefallen ist, überrascht wenig, war Cordle doch bereits früher mehrfach bei INSOMNIUM eingesprungen und ist obendrein mittlerweile Markus Vanhalas Kollege bei Omnium Gatherum. Irritierend ist allerhöchstens, dass es seitens der Band keine Erklärung gab, warum Jani Liimatainen nicht mit von der Partie ist. Musikalisch wirkt sich das jedoch nicht im geringsten negativ aus – schließlich ist Cordle (früher bei Arch Enemy und Arsis unterwegs) ein versierter Gitarrist und meistert auch die Klargesangs-Passagen mit Bravour. Das täuscht zwar nicht ganz darüber hinweg, dass insbesondere langjährigen Fans der eine oder andere Hit („The Killjoy“!) im schlussendlich rund 80-minütigen Set fehlen dürfte – reicht aber locker für ausgelassene Stimmung im nahezu ausverkauften Backstage Werk.

    1. 1696
    2. Ephemeral
    3. White Christ
    4. Pale Morning Star
    5. Only One Who Waits
    6. Change of Heart
    7. And Bells They Toll
    8. Lilian
    9. The Rapids
    10. The Gale
    11. Mortal Share
    12. Song of the Dusk

  1. The Primeval Dark
  2. While We Sleep
  3. Weighed Down With Sorrow

INSOMNIUM haben mit ihrer heutigen Headlinershow (inklusive großen Logo-Aufstellern und einem beachtlich hohen Drumriser) die fetteste Produktion ihrer Bandkarriere am Start – und auch, wenn das Set ein paar Längen hat, wissen die Finnen definitiv, wie sie ihre Fans zufriedenstellen können. Für viele dürften dennoch IN MOURNING die heimlichen Headliner sein: Mit ihren Alben wissen die Schweden seit jeher zu begeistern – und tatsächlich gelingt es der Band, diese progressive Melancholie auch live zu reproduzieren. Abgerundet durch einen starken und durchweg unterhaltsamen Auftritt von KVAEN ergibt sich so ein Tour-Package, das zum Jahresausklang nochmal so richtig Freude bereitet.

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