Konzertbericht: Cult Of Fire w/ The Great Old Ones, Caronte

09.04.2025 München, Backstage (Halle)

Wenn es in der Metal-Welt einen über alle Genres hinweg gehenden Trend gibt, dann den zur Motto-Band. Ob Amon Amarth, Sabaton, Batushka, Powerwolf, Heilung, Kanonenfieber oder Warkings: Eine lyrisch kohärente Themenwelt und ein prächtiges Spektakel auf der Bühne sind längst genauso so wichtig geworden wie gute Musik. Mit CULT OF FIRE etabliert sich derzeit die nächste Band, die das verinnerlicht hat. Obschon musikalisch im Black Metal beheimatet und aus Tschechien stammend, hat sich das Quartett ganz der hinduistischen Thematik verschrieben. Auf ihrer Europatour werden sie von den H.-P.-Lovecraft-Black-Metallern THE GREAT OLD ONES sowie den Okkult-Rockern CARONTE begleitet.

CARONTE eröffnen den Abend um 19:40 Uhr mit herrlich scheppernden Gitarren und schleppendem Stoner-Doom. Anders als bei Whiskey Ritual, bei denen Drummer Asher und Sänger Dorian Bones ebenfalls aktiv sind, geht es bei CARONTE aber deutlich düsterer zu: Texte und Gestik von Dorian Bones verleihen dem ganzen einen okkulten Touch, musikalisch hat das Ganze kräftigen Retro-Vibe. Wer nun an Bands wie The Devil’s Blood denkt, wird allerdings enttäuscht: Die Italiener gehen nicht nur deutlich stumpfer zu Werke, sondern sind leider auch technisch – insbesondere, was die Gitarrenarbeit angeht – meilenweit von den Genre-Vorreitern entfernt. Da außer Bones auch niemand aus der Band echte Bühnenpräsenz hat oder sonderlich motiviert wirkt, das Publikum zu überzeugen, jubeln vornehmlich ein paar eingefleischte Fans – alle anderen lassen diese 45 Minuten recht teilnahmslos verstreichen.

  1. Interstellar Snakes Of Gold
  2. 333
  3. Temple Of Eagles
  4. Sagittarius Supernovae
  5. Black Gold
  6. Ode To Lucifer

Deutlich größer ist das allgemeine Interesse an den darauf folgenden THE GREAT OLD ONES: Das Tour-Shirt ist schon vor dem Auftritt ausverkauft, und auch vor der Bühne wird es jetzt merklich voller. Der Einstieg in die knapp einstündige Show läuft allerdings aufgrund technischer Probleme anders als geplant: Zwar macht sich in gewisser Weise bezahlt, dass THE GREAT OLD ONES mit drei Gitarren auftreten – so macht es nämlich nicht ganz so viel, dass zunächst zwei nicht funktionieren. Die volle Wucht der extrem schnellen, mitunter vertrackten, aber stets aggressiven Songs entfaltet sich dann aber erst ab dem darauffolgenden „In The Mouth Of Madness“. Über weite Strecken wissen die Franzosen zu überzeugen – für den perfekten Sound sind die komplexeren Riffs aber dann doch etwas zu schlampig gespielt. So gehen leider einige Details verloren, sodass die Songs letztendlich doch etwas monoton klingen. Beim finalen „Under The Sign Of Koth“ bringen THE GREAT OLD ONES dann aber doch nochmal ihre ganze Qualität auf die Bühne. Unterm Strich ein guter Auftritt einer Band, die auf Platte aber doch noch mehr zu bieten hat als das heute gezeigte.

  1. Me, The Dreamer
  2. In The Mouth Of Madness
  3. The Omniscient
  4. Antarctica
  5. Dreams Of The Nuclear Chaos
  6. Under The Sign Of Koth

Das kann man so – ohne despektierlich klingen zu wollen – von CULT OF FIRE nicht behaupten. Wennschon der leicht orientalisch angehauchte Black/Dark Metal der Band durchaus seine Daseinsberechtigung hat, lebt diese Band doch klar von der Optik: Als der Vorhang zur Seite gezogen wird, offenbart sich ein beeindruckendes Bühnenbild aus mannshohen Kobrastatuen, auf deren Podesten die beiden Gitarristen Platz genommen haben, einem riesigen Altar mit Blumen, Obst und religiösen Objekten, sowie dem mit seinem neuen, ausladenden Kostüm fast zum Bühnenbild zu rechnenden Sänger Vojtěch Holub.

Wie bei allen Motto-Bands ist der Überraschungseffekt auch bei CULT OF FIRE stark – aber eben auch schnell verpufft. Wennschon die Songs des neuen Albums deutlich ausgereifter klingen als frühere Kompositionen, erschöpft sich die Faszination der Performance selbst mit all dem Brimborium schnell – zumal sich mit zwei sitzenden Gitarristen und einem bis fast zur Bewegungsunfähigkeit maskierter Sänger auf der Bühne nicht viel tut: Das Stage-Acting beschränkt sich auf spirituelle Gesten sowie die bereits von früheren Touren bekannten Moves – ein wenig Flüssigkeit opfern hier, etwas Gebetsmühlen-Drehen da, ein wenig Glockenläuten und zum Abschluss werden Blumen und Blütenblätter ins Publikum geworfen. Alles in allem erinnert die Performance stark an eine „exotische“ Version von Batushka – nur eben mit fragwürdiger Authentizität: Dass vier Tschechen Rituale des tantrischen Hinduismus zur Show für eine Black-Metal-Show ummünzen, kann man kreativ nennen, spirituell erleuchtet – oder kulturelle Aneignung.

Fraglich ist indessen, ob die Band auch ohne den visuellen Overkill nennenswert Beachtung bekommen würde.  Sind CULT OF FIRE auf Festivals regelmäßig ein Magnet für „Laufkundschaft“ und Schaulustige, waren zumindest heute gerade einmal 200 Fans bereit, 35 € für das Tour-Package zu bezahlen – und davon sind viele augenscheinlich für The Great Old Ones gekommen: Obschon CULT OF FIRE eine ihrem Konzept gemäß lupenreine Show abliefern, leert sich die Halle über Show hinweg merklich. Am Ende der einstündigen Darbietung ist der Zuschauerraum nurmehr halb so voll wie zuvor – die Übriggebliebenen jedoch bejubeln CULT OF FIRE lautstark.

  1. Dhoom
  2. Zrození výjimečného
  3. Joy
  4. Anger
  5. Kālī Mā
  6. Untitled 1
  7. Blessing
  8. Khaṇḍa Maṇḍa Yōga
  9. Buddha 5
  10. There Is More To Lose

Ob okkulte Düsternis, Lovecroft-Lyric oder indische Spiritalität: schon thematisch demonstriert diese Tour eindrucksvoll die Vielfalt der Metal-Szene dieser Tage. Insbesondere an der Performance von CULT OF FIRE lässt sich aber auch die Problematik der immer ausgefeilteren Bandkonzepte festmachen: So beeindruckend die Show auch aufgezogen ist, sieht man sich daran doch recht schnell satt. Was bleibt, ist ein grellbuntes Spektakel zu leider eher belangloser Musik. Der eigentliche Headliner dieser Tour sind jedenfalls – gemessen am Publikumsinteresse – klar THE GREAT OLD ONES.

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Ein Kommentar zu “Cult Of Fire w/ The Great Old Ones, Caronte

  1. Für mich waren TGOO auch der Gewinner des Abends.
    Zu COF: die neueren Werke finde ich vor allem auf den Alben zu lasch. Was das ältere Zeug angeht haben sie die visuellen Effekte nicht nötig das ist auch ohne ganz knackig und toll.
    Besser die halb gefüllte Backstage Halle als Gruppenkuscheln im Club daneben

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