Konzertbericht: Everlast

23.09.2018 München, Backstage

Mit „Whitey Ford’s House of Pain“ meldet sich EVERLAST mit einer neuen Platte zurück, die besonders durch ihren Stilmix frührerer Schaffensphasen überrascht. Der Hybrid aus den Singer-Songwriter-Pfaden des Veteranen und seinen Hip-Hop-Wurzeln entfaltet live seine volle Wirkung, lediglich der Roadie erfüllt nicht die Ansprüche des eigenwilligen Crossover-Musikers.

Auf einen Support verzichtet Erik Schrody aka EVERLAST im Rahmen seiner aktuellen Europa-Tour, dafür beginnt er rund 30 Minuten später als angekündigt. Im Vergleich zu seinen Akustik-Shows der letzten Jahre reist er dieses Mal mit einer dreiköpfigen Band anstatt eines musikalischen Begleiters. Die drei Afroamerikaner an Turntables, Keyboard und Schlagzeug prägen die Live-Show maßgeblich und erweisen sich als Profis in ihrem jeweiligen Fach. Bereits der Opener „The Climb“ weicht merklich von der Studioproduktion ab, besonders durch DJ-Elemente im Refrain. Dennoch lassen der Song und die Performance genügend Raum für die markante Stimme von Whitey Ford, die dank hervorragendem Sound bestens zur Geltung kommt. Viele scheinen das Backstage an diesem Wiesn-Sonntag auch deswegen aufgesucht zu haben.

(c) Sigi Maier, www.metal1.info

Seine Texte und Botschaften sind EVERLAST wichtig, ebenso wie diese live präsentiert werden. Früh spielt er „Ends“, das allerdings im Original ohne Scratches und Beats besser funktioniert als in der aufgepimpten Live-Version 2018. Der große Leidtragende an diesem Abend ist der Stagehand und Roadie, der beinahe vor, während und nach jedem Song gemaßregelt wird, unzählige Wege läuft und irgendwann fast zum fünften Bandmitglied auf der Bühne mutiert. Woran sich der Meister immer wieder erzürnt, bleibt bis zuletzt unklar, denn die Beats dringen mehr als druckvoll durch die Halle und auch die akustischen Elemente klingen bestens ausbalanciert. Für sein Publikum bleibt EVERLAST trotz merklicher Unzufriedenheit durchweg ein Vollprofi, der sich auch vor klaren Meinungen nicht scheut.
Rund um ein DJ-Set, bei dem eine nennenswerte Menge an Konzertbesuchern eine kurze Auszeit vor dem Backstage nimmt, widmet sich Whitey Ford ausführlich dem Hip Hop. Für ihn sei all seine Musik irgendwie Hip Hop, so der musikalische Tausendsassa. Nach einem Snoop-Dogg-Cover von „My Medicine“ und einer Mobb-Deep-Reminiszenz folgen die ersten House-of-Pain-Songs. Bei „Who’s The Man?“ stimmt auch die anfangs etwas träge Menge am Ende mit ein. Mit „Gucci Gang“ und Co. kann EVERLAST nichts anfangen, wie er im Anschluss mehr als deutlich macht. Auch Spotify ist für den Traditionalisten eher Fluch als Segen, er spricht sich für den Kauf von CDs in Plattenläden aus. Anstatt weiteren Cover-Versionen oder House-of-Pain-Klassikern präsentiert der New Yorker im Anschluss mit „Leviathan“ noch eine Kostprobe von seinem Warporn Industries-Projekt, das er 2017 ins Leben gerufen hat. Weil ihm langweilig gewesen sei und er Lust darauf hatte, wie EVERLAST sagt.
Auch für den Rest des Abends folgt der „Country Hopper“ vorwiegend seiner Eingebung, schmeißt kurzfristig „Stone In My Hand“ aus der Setlist und liefert nach einem daraus resultierend etwas zu langen Songwriter-Part noch ein Feuerwerk seiner bekanntesten Klassiker zum Abschluss. In „Put Your Lights On“ scheint Schrody in einem Gitarren-Solo auch kurzfristig seinem Frust freien Lauf zu lassen, ehe sein DJ „White Trash Beautiful“ mit „We Will Rock You“-Beats anreichert und EVERLAST himself seine Mitmusiker beim überlangen „What It’s Like“ vorstellt. Mit „Black Jesus“ und „Jump Around“ verabschieden sich die vier Musiker schließlich mehr als würdig und mit einem echten Stimmungskracher, der die gesamte Menge im gut gefüllten Backstage nochmals abholt.

Ob „Whitey Ford’s House of Pain“ oder „House of Pain’s Whitey Ford“ – EVERLAST hat bereits in der Vergangenheit bei seinen Konzerten immer wieder verschiedenste Einflüsse seines musikalischen Schaffens erfolgreich zusammengeführt. Nun hat er diesem vielseitigen Stilmix einen passenden Stempel aufgedrückt, so dass sich niemand über gerappte Texte bei Akustik-Gigs und Unplugged-Sessions an Hip-Hop-Abenden wundern muss. In dieser Kombination ist der Altmeister eine Ausnahme aus Überzeugung, der nach all den Jahren im Business nur noch kompromisslos seiner inneren Stimme folgt und damit überwiegend bestens unterhält.

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