Konzertbericht: Exodus w/ Sodom, Death Angel, Suicidal Angels

16.12.2018 München, Backstage (Werk)

Musikfernsehen, MTV, Headbangers Ball. Drei Begriffe, die – je nach Alter – bei den einen große Erinnerungen, bei den anderen vermutlich Unverständnis wecken. Für letztere nur so viel vorab: „Headbangers Ball“ war Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre eine Metal-Sendung auf dem Musiksender MTV. Und Musikfernsehen war wie eine YouTube-Playlist, nur eben ohne Internet.

1989 wurde aus dem TV-Programm eine Tour, seinerzeit mit Anthrax, Exodus und Helloween. Stolze 27 Jahre später erweckten Continental Concerts und MTV das Stück Metal-Geschichte wieder zum Leben: 2018 zieht nun die seitdem bereits dritte „MTV Headbangers Ball“-Tour durch Europa. Das Versprechen: Ein Thrash-Abend wie aus den ’80ern, mit EXODUS, SODOM, DEATH ANGEL und den dafür eigentlich viel zu jungen, stilistisch aber absolut passenden SUICIDAL ANGELS.

Den Nerv der Metalszene scheinen Continental mit dem Konzept getroffen zu haben: Bereits um 18:30 Uhr, als SUICIDAL ANGELS die Bühne stürmen, ist das Backstage Werk mehr als ansehnlich gefüllt. So dauert es auch keine drei Songs, ehe die griechischen Nachwuchsthrasher das Publikum auf ihrer Seite haben: Instrumental topfit und mit glasklarem Sound gesegnet, ernten die SUICIDAL ANGELS für Thrash-Hits à la „Seed Of Evil“ kräftigen Applaus und dürfen sich bei der letzten Show der Tour zudem über so manchen Circlepit freuen. Ein knackiger Einstieg, der in 40 Minuten vielleicht den Thrash nicht neu erfindet, zumindest aber beweist, warum man zu dieser Musik so gut moshen und bangen kann.

  1. Capital Of War
  2. Bleeding Holocaust
  3. Front Gate
  4. Eternally To Suffer
  5. Bloodbath
  6. Seed Of Evil
  7. Moshing Crew
  8. Apokathilosis

Mit den 1982 in San Francisco, Kalifornien, gegründeten DEATH ANGEL folgt nach kurzer Pause bereits um 19:30 Uhr die erste von drei Thrash-Legenden des heutigen Abends. Freude bereitet hier der erneut famose Sound, vor allem aber eine Band, die trotz 16 Shows an den vergangenen 16 Tagen nochmal alles gibt, um in München einen gelungenen Tourabschluss zu feiern: mit einem Set, das gleichermaßen neue Stücke beinhaltet, wie dem Debüt „The Ultra-Violence“ angemessen Tribut zollt, und einer spielerischen Höchstleistung, die Freunden flinker Gitarrensoli die Münder offen stehen lässt. Abgerundet wird die nahezu perfekte Thrash-Darbietung von Mark Oseguedas rundum sympathischer Art, durch das Set zu führen: Ausführlichst wird der Crew und den anderen Bands gedankt – und auch die Fans bekommen ein Extra-Lob für den Erfolg der Tour und ihre jahrzehntelange Treue.

  1. Evil Priest
  2. Left For Dead
  3. Claws In So Deep
  4. Mistress Of Pain
  5. The Ultra-Violence / Thrown To The Wolves
  6. Kill As One
  7. The Moth

Dass Tom Angelripper große Pläne mit SODOM hat, wurde bereits im Januar dieses Jahres deutlich, als er die Band von Grund auf neu formierte: Schon die Rückkehr von Gitarrist Frank Blackfire ließ auf eine Rückbesinnung auf die alten Tage schließen – die neue EP „Partisan“ bestätigte diese Vermutung. Auch das Bühnenbild spricht Bände: Links und rechts von Drummer-Neuzugang Husky von Asphyx und – bis vor Kurzem – Desaster steht mit leuchtenden Gasmasken-Augen der Knarrenheinz vom „Persecution Mania“-Cover. So viel Show war zuletzt selten bei Sodom. Auch sonst ist alles oldschool: Als hätte es die immerhin 22 Jahre mit Bernemann nie gegeben, konzentrieren sich SODOM neben den beiden neuen Songs komplett auf Material aus den 1980ern und ganz frühen 1990ern.

Von der Attitüde her mag das cool sein, um die musikalisch doch deutlich anspruchsvolleren Songs der letzten Alben ist es allerdings auch schade. Das Gleiche gilt für die Qualität der Darbietung: Während Husky sich vor Makka freilich nicht zu verstecken braucht, hat Blackfire vielleicht den Spirit des „Early Thrash“, nicht jedoch die Fertigkeiten eines Bernemann: Gerade im direkten Kontrast zur Gitarrenarbeit eines Rob Cavestany bei Death Angel klingen Blackfires Soli doch arg ungelenk. Dass Angelripper einmal mehr ausführlichst über Bands lästert, die angeblich „nicht wirklich live“ spielen (freilich ohne die Eier zu haben, Namen zu nennen), ist jedoch der Sache (Szenezusammenhalt) nicht eben dienlich und somit völlig überflüssig.

  1. Procession To Golgatha
  2. Blasphemer
  3. Sodomy And Lust
  4. Partisan
  5. Agent Orange
  6. One Step Over The Line
  7. Conflagration
  8. Outbreak Of Evil
  9. Tired And Red
  10. Remember The Fallen
  11. Bombenhagel

Oldschool, und zwar „as fuck“, wie es so schön heißt, ist auch die abschließende Darbietung von EXODUS: Wohl um dem Retro-Konzept der Tour gerecht zu werden, rühren die Bay-Area-Thrasher das Material ihrer Alben mit Rob Dukes heute gar nicht erst an, wiewohl dadurch – wie schon bei Sodom – durchaus musikalische Highlights außen vor bleiben. Stattdessen konzentrieren sich EXODUS ganz auf die Achtziger-Klassiker „Bonded By Blood“ und „Fabulous Disaster“ sowie die 2004er Comeback-Platte „Tempo Of The Damned“ und das leider eher enttäuschende Reunion-Album „Blood In, Blood Out“. Die unter Bulldozer Dukes vorherrschende aggressive Atmosphäre ist dabei einer eher lockeren Stimmung gewichen.

Musikalisch lassen sich EXODUS nichts ankreiden: Souzas vergleichsweise helles Kreischen passt nach wie vor perfekt zum alten Songmaterial (weniger jedoch zum angespielten Metallica-Cover „Motorbreath“), und Heathen-Gitarrist Kragen Lum, der nach wie vor den zu Slayer berufenen Gary Holt vertritt, ist längst nicht mehr nur ein Live-Musiker. Entsprechend gut springt der Funke aufs Publikum über: Nicht erst beim obligatorischen „Toxic Waltz“ ist die ganze Arena in Bewegung – vielmehr ist beeindruckend, wie viel Energie die Fans zu fortgeschrittener Stunde beim finalen „Strike Of The Beast“ noch mobilisieren können.

  1. Bonded By Blood
  2. Exodus
  3. And Then There Were None
  4. Body Harvest
  5. Impaler
  6. Fabulous Disaster
  7. Piranha
  8. A Lesson in Violence
  9. Blacklist
  10. Motorbreath (Metallica-Cover)
  11. The Toxic Waltz
  12. Strike Of The Beast

Als um kurz nach 23:00 Uhr schließlich die Musiker aller Bands nochmals auf die Bühne kommen, um gemeinsam den gelungenen Tourabschluss zu feiern, gibt es auch vor der Bühne keinen Grund zu klagen: Wer seinen Thrash Metal gerne klassisch und klassikerreich hört, ist heute voll auf seine Kosten gekommen.

Bei aller Freude an der alten Schule sollte so manche Band aber auch wieder anfangen, nach vorne zu denken, um nicht aus lauter Liebe zu den Klassikern auf lange Sicht die in den letzten Jahren (und mit den letzten Alben) neu gewonnenen Fans zu enttäuschen: Oldschool ist nicht alles – man muss auch im Hier und Jetzt liefern. Live hat das heute gut geklappt – im Studio müssen nun vor allem SODOM liefern. Doch auch bei EXODUS wäre es eigentlich Zeit für ein Album, das wirklich an die goldenen 1980er anknüpfen kann – ein Vorbild hierfür könnten ohne Frage DEATH ANGEL sein. Und wenn’s nicht klappt? Gibt es immer noch die neue Generation mit vielversprechenden Bands wie SUICIDAL ANGELS.

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2 Kommentare zu “Exodus w/ Sodom, Death Angel, Suicidal Angels

    1. Haha, normalerweise würde ich so einen Kommentar ob seiner Sinnentleertheit ja nicht freigeben, aber nachdem ich mich vor lachen gerade kaum auf dem Stuhl halten kann, ist er mir doch zu schade für den Papierkorb. Interessant wäre aber natürlich trotzdem, ob du damit auch fundierte Kritik an dem Bericht loswerden oder nur mit deinem Drittklässlerhumor pralen wolltest. ;) Ich bin gespannt, ob da noch etwas kommt – ansonsten soweit erstmal frohe Weihnachten und entspannte Feiertage ;)

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