Konzertbericht: Exodus w/ Savage Messiah, Mynded

01.07.2018 München, Backstage Halle

Vier Jahre ist das „aktuelle“ EXODUS-Album nun alt – doch was sind schon vier Jahre in Relation zur Dauer der Karriere der Bay-Area-Thrasher, die 2019 ihr 40-jähriges Bestehen feiern? Spätestens seit Steve „Zetro“ Souza wieder mit an Bord ist, stehen die Zeichen bei EXODUS aber sowieso auf Oldschool.

Zunächst jedoch eröffnen MYNDED in der bereits ansehnlich gefüllten Backstage Halle den Konzertabend. Für die Straubinger ist der Auftritt quasi ein Heimspiel – entsprechend selbstsicher präsentiert sich die 2011 gegründete Band, auf deren Konto bislang erst ein Album geht. Absolut sicher im Stageacting, souverän an den Instrumenten und sympathisch in den Ansagen können die Nachwuchsthrasher das Publikum mit ihren flotten Songs fix überzeugen. Zum Ende ihres Sets haben MYNDED das Publikum sogar schon so weit, dass der erste Circlepit des Abends erahnen lässt, wo das heute alles hingeht…

Nicht minder souverän präsentieren sich im Anschluss SAVAGE MESSIAH – was in Anbetracht der enormen Routine, die sich die Band bereits erspielt hat, kein Wunder ist. Seit 2007 haben SAVAGE MESSIAH vier Alben veröffentlicht, einen Vertrag bei Century Media erhalten und unzählige Shows gespielt. Die daraus gewonnene Professionalität merkt man den Briten in vielerlei Hinsicht an. Fronter Dave Silver kann nicht nur stimmlich, sondern auch hinsichtlich seiner Bühnenpräsenz her voll überzeugen, und bei der Saitenfraktion sitzt bei den melodiösen Heavy-Thrash-Nummern jeder Ton. Diese Präzision leidet nicht im Geringsten darunter, dass die Band nicht in Originalbesetzung auf der Bühne steht – ganz im Gegenteil. Kein Wunder: Hinter den Kesseln sitzt nämlich aushilfsweise niemand Geringeres als Daniel Wilding von Carcass. Die Dreiviertelstunde vergeht entsprechend wie im Flug. Das Vorprogramm? Ein voller Erfolg.

Erfreulich früh an diesem Sonntag ist somit Headliner-Zeit: Pünktlich um 21:30 Uhr entern EXODUS zum Intro „A Call To Arms“ von The Atrocity Exhibition (Exhibit A) die Bühne, bevor sie irritierenderweise mit „Funeral Hymn“ vom letzten Rob-Dukes-Album „Exhibit B: The Human Condition“ ins Set starten. Wenngleich Souza seine Sache stimmlich durchaus überzeugend macht, tun EXODUS doch gut daran, der direkten Vergleichbarkeit beider Sänger durch ein enorm old-school-lastiges Set, das aus der Dukes-Ära nur noch „Deathamphetamine“ („Shovel Headed Kill Machine“) enthält, aus dem Weg zu gehen. Zwar passt der Classic-Thrash-Gesang von Souza perfekt zu frühen Nummern wie dem selten gespielten „Parasite“ („Pleasures Of The Flesh“, 1987) und Klassikern wie „Exodus“ („Bonded By Blood“, 1985) – in den brutal-modernen Nummern (wie eben „Funeral Hymn“) fehlt dem Rückkehrer dann aber einfach die Aggressivität in der Stimme.

Das Gleiche gilt leider auch für Auftreten des „Sänger-Altzugangs“ ganz allgemein: War Rob Dukes die Bühne wie ein wild gewordener Stier abgelaufen und hatte sich auf furchteinflößende Art und Weise den Hass aus der Seele geschrien, geht Souza die Sache eher gemütlich an. Das hat – in der sympathischen Art, wie er mit den Fans umgeht – seine Vorteile, nimmt der Show aber auch viel von ihrer Dynamik – etwa, wenn er in gesangsfreien Parts wie bestellt und nicht abgeholt am Bühnenrand herumsteht oder eine durch Probleme an Altus‘ Gitarrentechnik aufgezwungene Pause eher unbeholfen überbrückt, ehe Tom Hunting mit Gitarrist Kragen Lum spontan „Reign In Blood“ anspielt.

Die Wahl dieses Songs wohnt natürlich eine gewisse Ironie inne, steht Lum doch nur hier, weil Stammgitarrist Holt derzeit tatsächlich lieber mit den Jungs von Slayer spielt. Zwar macht auch der zweite Heathen-Gitarrist bei EXODUS (neben Lee Altus) seinen Job ohne Fehl und Tadel – das Fehlen von Rampensau und Gitarrenheld Holt vermag er natürlich trotzdem nicht vollends zu kompensieren.

Das Publikum lässt sich davon jedoch nicht irritieren – und das zu Recht: Wenngleich schade ist, dass so manch starkes Album nicht oder nur geringfügig im Set vertreten ist, hat das Retro-Set, das EXODUS heute spielen, doch durchaus seinen Charme. Spätestens beim finalen Duett aus „The Toxic Waltz“ („Fabulous Disaster“) und „Strike Of The Beast“ („Bonded By Blood“) ist auch die letzte Baumwollfaser der Moshpit-Tänzer mit Schweiß vollgesogen.

  1. Funeral Hymn
  2. Blood In, Blood Out
  3. Deliver Us To Evil
  4. Deathamphetamine
  5. Exodus
  6. Body Harvest
  7. And Then There Were None
  8. Parasite
  9. A Lesson In Violence
  10. Bonded By Blood
  11. The Toxic Waltz
  12. Strike Of The Beast

Nach amtlichen 90 Minuten EXODUS und zwei absolut gelungenen Support-Shows von MYNDED und SAVAGE MESSIAH kann sich am heutigen Abend wohl kein Thrash-Fan beschweren. Wer EXODUS jedoch vornehmlich aus der Dukes-Ära kennt, muss sich langsam damit abfinden, dass Souza nicht nur stimmlich ein gänzlich anderer Sängertyp ist und so den ganzen Charakter der Band verändert. Zumindest der temporäre Ausfall von Gitarrenheld Holt sollte mit der aktuellen Slayer-Abschiedstour sein Ende finden. Aus Sicht der EXODUS-Fans ist es dafür höchste Zeit. Denn wie gesagt: „Blood In Blood Out“ hat bereits vier Jahre auf dem Buckel…

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