Das Cover von "Persona Non Grata" von Exodus

Review Exodus – Persona Non Grata

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Thrash Metal

Sieben Jahre sind seit dem letzten Album der Thrash-Metal-Mitbegründer EXODUS vergangen – eine ziemlich lange Zeit, bedenkt man, dass die Truppe sonst mindestens doppelt so schnell arbeitet. Die Gründe dafür sind schnell identifiziert: Erst war Gitarrist und Haupt-Songwriter Gary Holt vornehmlich mit seinem Zweitjob bei Slayer beschäftigt. Kaum hatten die 2019 ihr letztes Konzert gespielt, legte die Coronapandemie neben allem anderen auch die gesamte Musikbranche lahm. Mit Tom Huntings Krebserkrankung kam ein bandinternes Unglück hinzu, das die Band zunächst durchstehen wollte, ehe man mit einem Albumrelease zum „business as usual“ zurückkehrt. Tom Hunting gilt nach diversen Therapien nun glücklicherweise als geheilt – umso gespannter darf man sein, wie sich EXODUS seit „Blood In, Blood Out“ und der damit verbundenen Rückkehr von Sänger Steve „Zetro“ Souza entwickelt haben.

Die gute Nachricht ist: kaum. EXODUS weichen auf „Persona Non Grata“ wenig bis gar nicht von ihrem bisher beschrittenen Pfad ab und knüpfen deutlich hörbar an ihre früheren Platten an – allerdings nicht an „Blood In, Blood Out“. Das ist auch gut so, denn während besagte Platte zwar durchweg solide ausgefallen ist, war sie doch nicht der große Wurf, den sich viele Fans von Zetros Rückkehr erwartet hätten. Den liefern die Bay-Area-Thrasher jetzt nach: Schon der Titeltrack eröffnet mit einem messerscharfen Riff, wie es nur aus der Feder von Gary Holt stammen kann. Im Folgenden erinnert die Nummer mit ihrer Mischung aus kompromissloser Attacke und wuchtigem Groove in Tateinheit mit Mr. Souzas bissigem Gesang auf angenehmste Weise an „Shovel Headed Kill Machine“ und „Exhibit B: The Human Condition“. Genau das ist es, was man sich auf „Blood In, Blood Out“ gewünscht hätte und es scheint, als sei der neue alte Frontmann erst jetzt wieder richtig in der Band angekommen.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Nummern wie „Slipping Into Madness“ oder „Lunatic-Liar-Lord“, die ebenfalls auch auf den stärksten Alben der Dukes-Ära stehen könnten – nur eben mit dem noch passenderen Gesang von Steve Souza veredelt. Seine besten Momente hat „Persona Non Grata“ in Songs wie „R.E.M.F.“ oder „The Beatings Will Continue (Until Morale Improves)“, denn hier laufen EXODUS dank cooler Old-School-Attitüde zu einer Form auf, die sie zuletzt zu „Tempo Of The Damned“ hatten. Es zeigt sich also: Gary Holt und seine Mannschaft haben beim Songwriting über weite Strecken ein mehr als glückliches Händchen gehabt, denn auf ihrer neuesten Platte erwecken sie mehr als nur einmal den Geist der stärksten Alben abseits ihrer legendären Frühphase zu neuem Leben. Dass Gary Holt zwischenzeitlich auch bei Slayer aktiv war, macht sich an einer Nummer wie dem düsteren, zähen Stampfer „Prescribing Horror“ bemerkbar, der auch von Kerry King stammen könnte.

Auch „Persona Non Grata“ offenbart hier und dort die Schwächen des Holt’schen Songwritings, allerdings lange nicht so deutlich wie „The Atrocity Exhibition (Exhibit A)“: „Elitist“ befremdet mit einem etwas deplatzierten Punk-Refrain und in „The Fires Of Division“ oder „Antiseed“ reiten EXODUS minutenlang auf Riffs herum, die längst um Gesang erweitert oder von neuen Parts abgelöst werden sollten. Derart verkorkste Spannungsbögen kennt man von dieser Band zu Genüge. Und wie immer ist ihre Musik am zwingendsten, wenn sie direkt zum Punkt kommt. Doch dieses Manko ist auf „Persona Non Grata“ nicht so ausgeprägt wie auf anderen EXODUS-Platten. So werden auch „Elitist“ und „The Fires Of Division“ durch unerwartet ausgefuchste und eingängige Melodieparts rehabilitiert – und „Antiseed“ entwickelt sich nach anfänglicher Monotonie zu einem weiteren Thrash-Brecher im Geiste von „Tempo Of The Damned“.

Man muss es Gary Holt und seinen Mitstreitern lassen: Anders als manch anderes Urgestein der Thrash-Szene haben EXODUS nie wirklich nachgelassen. Ähnlich wie Testament zeigt auch die „Exodus Attack“ keinerlei Anzeichen von Altersschwäche oder -milde und klingt so angepisst wie eh und je – vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Auf „Persona Non Grata“ präsentieren sich EXODUS mit minimalen Abstrichen von ihrer besten Seite und machen so ziemlich alle Fehler des nicht ganz überzeugenden Vorgängers wieder wett. Mit grandiosen Riffs, bockstarken Leadgitarren und einem Zetro in Topform liefern die Herren zum Ende des Jahres noch eine der besten Thrash-Metal-Platten 2021 ab – und obendrein ihr stärkstes Album seit „Exhibit B: The Human Condition“.

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Wertung: 8.5 / 10

Redaktion Metal1.info

Publiziert am von

8 Kommentare zu “Exodus – Persona Non Grata

  1. bin etwas spät dran, muss aber was loswerden.
    wer an einzelnen scheiben von exodus herumkrittelt, ist m.e. kein metalfan, sondern eine labertasche.

    1. Hm. Also wer nicht grundsätzlich alles von Exodus bedingungslos geil findet, ist kein Metalfan? Das ist aber schon eine arg steile These, findest nicht? ;)

  2. Ich fand die letzte Scheibe auch enttäuschend, hatte hohe Erwartungen, nachdem die TOTD mein Einstieg in die Band war, aber die hier ist deutlich besser. Und die Rob-Dukes-Ära hat gute Platten hervorgebracht (deutlich besser als das, was andere größere Bands mit „Interimssängern“ abgeliefert haben), aber Souza passt vom Stil her besser zu der Old-School-Thrash-Band, die Exodus nun mal sind.

    1. Das ist so unbestritten richtig, aber eben irgendwo auch ein Zirkelschluss: Mit Dukes hatten sich Exodus weiterentwickelt in richtung modernem Thrash, und das – wie ich persönlich finde – sehr gelungen. Ich mag alle drei Dukes-Alben sehr sehr gerne, und wegen mir hätte es hier auch genau so weiter gehen dürfen. Klar, zu Old-School-Thrash passt Souza besser, aber das waren sie eben mit Dukes (den ich auch ehrlichgesagt nie als „Interimssänger“ bezeichnen würde, nur weil auf ihn zufällig sein Vorgänger gefolgt ist) auch nicht mehr.

      Viel mehr fand ich eigentlich gerade das Problem am letzten Album, dass Exodus hier so bemüht einen auf old-school gemacht haben – gefühlt aus einzig und allein dem Grund, dass diese Musik besser zu Souzas Stimme passt. Das mag nicht die Intention gewesen sein, aber ich fand das Album klang angestrengter klassisch als die moderneren Alben mit Rob „angestrengt modern“ klingen.

    2. Um da einen Zirkelschluss zu sehen, muss man überhaupt erst diese deine Einteilung der Alben in old school (Souza)/ nicht old school (Dukes) nachvollziehen, die ich aber nicht teile. Ich denke, da schreibst du dem Sängerposten in der Band vielleicht eine zu große Bedeutung zu und sehe die, wie du sie nennst, moderne Entwicklung eher in Rahmen einer größeren Entwicklung, wie man sie auch an den letzten paar Alben (vergangene 10-15 Jahre) von benachbarten Gruppen wie Testament, Death Angel oder Overkill beobachten kann (wobei sich bei denen personell mehr getan hat – zwar nicht auf dem Sängerposten, aber halt ebenso wenig, was die Hauptsongwriter betrifft).
      Was das letzte Album anbelangt, war es ja schon geschrieben, als der Sänger noch gar nicht wieder ausgetauscht war. Insofern haben Exodus es so eingefädelt, dass der Sänger besser zur Musik passt – aber eben nicht andersrum. Und die Anführungszeichen beim Interimssänger standen da nicht umsonst – bei Maiden und Priest (die Bands, an die ich bei der Anmerkung dachte) war ja genauso wenig von vornherein klar, dass Bayley und Owens nur nen Job auf Zeit haben, ehe ihre Vorgänger wieder übernehmen. ;)

  3. seltsam.. die letzte Scheibe war doch überall hochgelobt und fuhr fast überall eine volle Punktezahl ein… Bei mir zündet die Persona Non Grata leider nicht so….

    1. Ich habe die neue leider noch nicht gehört, fand die letzte allerdings verdammt fad. Das war von vorne bis hinten stumpf und ohne jeden Witz – zudem halte ich Dukes nach wie vor für den besseren Sänger, live wie auf Platte.

      1. So, jetzt auch endlich nachgeholt. Fazit: starkes Brett. Abwechslungsreich, starke instrumentalarbeit und tatsächlich kann ichmich sogar mit Souzas Gesang anfreunden, weil er nicht mehr so affektiert-affig, sondern eher aggressiv klingt (und damit von Dukes gar nicht mehr so weit weg ist).

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