Konzertbericht: Laibach

10.09.2012 München, Backstage Halle

Bereits im Jahre 1980 gegründet, gehören die Slowenen LAIBACH zu den Koryphäen im Bereich düster-elektronischer Musik. Von Post-Punk/-Industrial über Rock/Metal, Disco-/Popmusik sowie Techno und EBM hat das Kollektiv schon so ziemlich alles ausprobiert – und damit nicht nur Größen wie Rammstein beeinflusst, sondern auch diverse Male mit gezielter Provokation für Furore gesorgt: Auch LAIBACH spielen, wie viele Künstler aus diesen Genres, gerne mit NS-Ästhetik.

So lässt mancher Merch-Artikel auch heute selbst Leute, die von der „100% Sarkasmus / 0% Ideologie“-Einschätzung bezüglich LAIBACH überzeugt sind, schlucken: Krasser als Mützen mit „Arbeit macht frei“-Aufdruck, „Antisemitism“-Kondome und die LAIBACH-Bio-Seife „Schwitz Aus“ kann NS-Humor definitiv nicht ausfallen. Darüber, wie geschmackvoll das alles ist, kann man diskutieren (zumindest bei der Seife würde ich zustimmen: Nicht für den Verzehr geeignet) – muss man aber nicht. Denn wer mit dieser Art „Humor“ ein Problem hat, ist hier genauso falsch wie bei einem Hanzel&Gretyl-Konzert. Ebenso falsch sind hier, wie eigentlich überall, die wenigen Hohlköpfe, denen Sarkasmus kein Begriff zu sein scheint. Schade, aber natürlich vorhersehbar: Beim Spiel mit dem Feuer werden nunmal lästige Motten angelockt …

Wie „ernst“ LAIBACH selbst all das meinen, sollte in dessen spätestens seit „Iron Sky“ klar sein – dem finnischen Sommerhit in Sachen Trash-Kino („The moon-nazis are coming!“), für welchen LAIBACH den Soundtrack kreierten. In direktem Bezug auf den Film heißt die aktuelle Tour auch „Wé Come In Peace“-Tour – und ist auch visuell voll auf „Iron Sky“ ausgelegt: Über zwei Beamer werden zwei die komplette Bühnenrückwand ausfüllende Leinwände zu zwei Fenstern in die Tiefen des Weltraums.

Los geht es jedoch… anders. Und zwar mit dem Beatles-Cover „ Across The Universe“, bei welchem Sängerin Mina Špiler gleich zu Beginn mächtig Respekt-Punkte sammelt und für Gänsehaut sorgt. Und auch, wenn der Übergang in das Europe-Cover „Final Countdown“ zunächst etwas verstört, wissen LAIBACH dabei musikalisch voll zu überzeugen. „Musikalisch“ deshalb, weil die Show als solche tatsächlich nicht ganz makellos daherkommt. Denn so souverän Špiler die eiskalt-unnahbare Fronterin gibt und der Show so einen ganz eigenen Charakter verleiht, so unmotiviert und unpassend wirkt das Stageacting von Bandleader Milan Fras.

Mit dem Charisma einer Süßkartoffel irrt dieser zwischen seinen Gesangspassagen ziellos über die Bühne, schaut seinen Musikern auf die Finger und wirkt bei alledem wie ein bestenfalls mittelmäßig unterhaltener Fan, der zufällig auf der Bühne gelassen wurde – ein absoluter Atmosphäre-Killer, wäre hier doch mit einem passenden, etwas besser ausgearbeiteten Bühnenauftreten deutlich mehr Flair drin gewesen. Dem Publikum scheint’s indessen egal, feiert dieses die Band doch ohne Vorbehalte ab. Interessant ist dabei auch die Zusammensetzung der Zuschauerschaft – denn hätte ich hier eine deutliche Überzahl an EBM/Gothik-Anhängern erwartet, sieht man diese hier und heute kaum – den Großteil der Besucher stellen „Normalos“ oder „gewöhnliche Metaller“. Dass man es dabei dennoch mit echten Fans zu tun hat, wird gegen Ende des Konzertes klar – feiert das Publikum LAIBACH doch auch nach drei Zugabesongs noch derart ab, dass die Slowenen für einen finalen, vierten Zugabesong noch einmal auf die Bühne zurückkehren.

  1. 01. Across The Universe
  2. &nbsp&nbsp&nbsp(The Beatles-Cover)
  3. 02. The Final Countdown
  4. &nbsp&nbsp(Europe-Cover)
  5. 03. B Mashina (Siddharta-Cover)
  6. 04. America
  7. 05. Under The Iron Sky
  8. 06. Smrt Za Smrt
  9. 07. Brat Moj
  10. 08. Ti, ki izzivaš
  11. 09. Die Liebe
  12. 10. Leben-Tod
  13. 11. See That My Grave Is Kept Clean (Bob Dylan-Cover)
  14. 12. Take Me to Heaven
  15. 13. Tanz mit Laibach
  16. 14. Alle Gegen Alle (D.A.F.-Cover)
  17. 15. Du bist unser
  18. 16. Warme Lederhaut (Normal-Cover)
  19. 17. Love On The Beat
  20. &nbsp&nbsp&nbsp (Serge Gainsbourg-Cover)
  21. 18. Ballad Of A Thin Man (Bob Dylan-Cover)
  22. 19. Leben heißt Leben (Opus-Cover)
  23. 20. Geburt einer Nation (Queen-Cover)
  24. 21. God Is God (Juno Reactor-Cover)

Sicherlich, 30€ Abendkassenpreis (25€ zzgl. Gebühr im VVK) für eine einzige Band sind nicht wenig – für das hier dargebotene aber sicher nicht zu viel. Denn auch, wenn die Band (abgesehen von Mina Špiler) noch an ihrer Bühnenpräsenz feilen könnte, ist das, was man heute zu sehen und hören bekommt, wirklich „großes Kino“ – im Kontext mit den Visualisierungen in diesem Fall sogar mal wörtlich zu verstehen.

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Fotos von: Sigi Maier

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