Konzertbericht: Persefone w/ Poem

12.04.2017 München, Backstage (Club)

Gerade erst im Februar veröffentlichten die Melodeath-Progger von PERSEFONE, Andorras wohl bekanntester Metal-Band, ihr neues Werk „Aathma“ und brachten Fans und Fachpresse dazu, sich gleichermaßen vor Lob zu überschlagen. Dem Release folgte nun die entsprechende Europatour, auf der die gefeierte Truppe zusammen mit POEM aus Athen auch im Backstage Club in München haltmacht. Eine Kombo, die vor allem Fans progressiverer Metal-Musik Freude bereiten dürfte. Dass diese allerdings zahlenmäßig immer noch eine Randgruppe in der Metalszene darstellen, ist wohl unter anderem ein Grund dafür, dass das Konzert heute nur im kleinen, nicht einmal ganz gefüllten Club stattfindet.

POEM eröffnen sodann den Abend und präsentieren ihren gefälligen Stilmix aus Progressive-/Alternative-Metal und Grunge. Nicht nur namentlich besteht hier eine merkliche Verbindung zu Soen. Ähnlich wie besagte Kollegen aus Schweden punkten auch die Griechen mit fantastischen Gesangslinien über teils Stoner-Rock-entlehnten, teils wundervoll emotionale, melodische Riffs, die stets mit viel musikalischer Raffinesse gewürzt ein überwältigendes, stimmiges Ganzes ergeben. Bestens gelaunt witzelt sich Sänger Giorgos Prokopiou sympathisch durch die Ansagen und heizt das Publikum mit seinen Bandkollegen bei klarem, kraftvollem Sound für den nachfolgenden Headliner an. Ein außerordentlich starker Auftritt, den es erst einmal zu überbieten gilt.

Die inzwischen äußerst schick mit einem Lichternetz und diversen Strahlern geschmückte Bühne leuchtet einem Sternenhimmel gleichend auf, als PERSEFONE zu „An Infinitesimal Spark“, dem Intro ihres neuen Albums „Aathma“, ihr Set beginnen. Gleich am Anfang macht ein gewaltiger Patzer bei Schlagzeug und Keyboard jedoch etwas stutzig – dies wird zwar der größte, jedoch nicht der einzige an diesem Abend bleiben. Obgleich die sehr versierten Musiker merklich einiges auf dem Kasten haben, zeigt sich leider, dass bei „Aathma“ wohl viel Studiopfuscherei nötig war, damit das technisch absurd anspruchsvolle Endprodukt so perfekt klingt, wie es das tut. Trotz dieser ab und zu auftretenden Verhaspler legen sich PERSEFONE sehr ins Zeug und präsentieren eine gut ausbalancierte Mischung aus den letzten drei Alben, während die ersten beiden Werke der Band gänzlich ausgelassen werden.

Stark befremdlich jedoch wirkt bei all dem Fronter Marc Martins. Als hätte er sich in der Band geirrt, hüpft der mit breiten Shorts und Tanktop (später oberkörperfrei) gekleidete Vokalist wie ein NY-Hardcore-Sänger auf Kokain auf der Bühne umher und benimmt sich wie ein aggressiver Proll, während seine dagegen geradezu schick gekleideten Kollegen konzentriert hinter ihm stehen, um die schwierige Musik möglichst fehlerfrei spielen zu können. „Befremdlich“ ist dabei noch milde ausgedrückt, wenn man bedenkt, dass die philosophischen, spirituellen und gefühlvollen Texte der Band durch einen Sänger vorgetragen werden, der den Eindruck macht, als wolle er dem nächsten Zivilisten, der seinen Weg kreuzt, eine aufs Maul hauen.

Davon abgesehen beeindruckt dennoch vor allem die vorinstallierte und -programmierte Lichtshow, mit der PERSEFONE ihre Live-Show atmosphärisch stimmig untermalen. Obgleich der Sound eine Weile braucht, um die nötige Transparenz zu erreichen, nimmt das Publikum die Songs mit Begeisterung auf. Highlight ist, wie auch auf dem Album, schließlich den Cynic-Vokalist Paul Masvidal featurende Song „Living Waves“, der vom textsicheren Publikum gesanglich unterstützt wird. Mit „Flying Sea Dragons“ und „Mind As Universe“, den Eröffnungstracks des Vorgängeralbums „Spiritual Migration“, beenden die sechs Musiker dann ihren zweifelsohne guten, aber doch leicht enttäuschenden Auftritt.

  1. An Infinitesimal Spark (Intro vom Band)
  2. One Of Many…
  3. Prison Skin
  4. Kusanagi
  5. The Great Reality
  6. The Water Book
  7. The Endless Path
  8. Spiritual Migration
  9. No Faced Mindless
  10. The Wind Book
  11. Purity
  12. Cosmic Walkers
  13. Living Waves
  14. Fall To Rise
  15. Flying Sea Dragons
  16. Mind As Universe

So großartig PERSEFONE ihre Musik auch komponieren, beweisen sie eindrucksvoll, dass solche Musik auf Platte zu bringen und sie live zu spielen zwei Paar Stiefel sind. Anders als beispielsweise eine Band wie Haken, die ihre Musik live bei grandios inszenierten Shows perfekt reproduzieren können, macht sich bei der Prog-Truppe aus Andorra die nicht ganz so hohe Professionalität doch bemerkbar. Nichtsdestoweniger liefern sie einen zufriedenstellenden Auftritt ab, der aber hinter der sehr gelungenen Show des Opening-Acts Poem zu verblassen droht. Dank des geringen Eintrittspreises kommen heute aber dennoch alle Besucher auf ihre Kosten.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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