Konzertbericht: Skindred w/ Soil, Maplerun

12.02.2014 Schwäbisch Hall, Kantine 26

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Passgenau zur Veröffentlichung ihres neuen Albums „Kill The Power“ kommen SKINDRED in Begleitung von SOIL und MAPLERUN (für den kontinentalen Teil) auf Headliner-Tour durch Europa. Dass die von Benji Webbe und seiner Truppe gespielte Mischung aus Dub, Reggae und brachialen Metal-Riffs live zünden würde, war zu erwarten; was sich dann allerdings in der schwäbischen Provinz abspielen sollte, entpuppte sich aber letztlich doch als Überraschung. Eine positive, versteht sich.

Der Abend selbst begann komisch und ärgerlich zugleich; komisch, weil auf der selbst ausgedruckten Eintrittskarte eine Falteinleitung abgedruckt stand, die in ihrer Formulierung eher dazu herausforderte, den Faltaufforderungen dezidiert nicht zu entsprechen, ärgerlich, weil sich die Türen der Kantine 26 erst mit einer Verspätung von über 20 Minuten öffneten. Angesichts der Temperaturen wenig erfreulich.

Obwohl Schwäbisch Hall sicherlich nicht das Mekka härterer Gitarrenmusik ist, war die Halle aber schon zu Beginn gut gefüllt und die Athener von MAPLERUN durften ihren Auftritt vor einem dMaplerun fertigurchaus stattlichen und aufgeschlossenen Publikum beginnen. Das griechische Quartett zockte sehr modernen Rock mit Ausflüge in Richtung Stoner Rock; keine irrsinnig kreative Mischung, aber die Band spielte so tight, treffsicher und mit sichtbarer Freude, dass – spätestens mit dem System-Of-A-Down-Cover „Toxicity“ – das Publikum sich Song für Song näher an die Bühne herantraute. MAPLERUN gaben sich wirklich alle Mühe, ihre fetten, groovigen Riffs gebührend zu präsentieren und vor allem der Bassist tat sich mit seinem unbändigem Bewegungsdrang hervor – angesichts dreier Drumkits auf der Bühne keine allzu leichte Angelegenheit. Unterm Strich lieferten MAPLERUN einen sauberen Gig ab und dürften sich einige neue Hörer erspielt haben.

Setlist MAPLERUN:
01. Buried Alive
02. Pills
03. Bombs
04. Toxicity (Cover)
05. Screamout
06. For You
07. Lack Of Words

Mit SOIL betrat dann eine Band die Bühne, die den meisten Besuchern nicht nur bekannt gewesen ist, sondern die vielleicht für den einen oder anderen auch den heimlichen Hauptgrund für den Konzertbesuch darstellte. Für mich hingegen sollte die Band wenig mehr als ein Fragezeichen hinterlassen; dieses begann sich schon mit den Soil fertigersten Tönen der Amerikaner zu formen, die mir hauptsächlich wegen ihrer verblüffenden Einfallslosigkeit auffielen. Auch die Optik der Instrumentalfraktion, die eher an eine Musik in der Schnittstelle zwischen Death Metal und Gothic erinnerte, wollte nicht so recht zum ziemlich modernen Alternative Metal der Truppe passen. Nun, damit hätte sich letztlich leben lassen, auch mit den etwas dünnbrüstigen Riffs und Songstrukturen wäre ich wohl noch klar gekommen, aber der Gurgel-Brüll-Gesang des Sängers ließ für mich den Auftritt des Quartetts zur wahren Geduldsprobe werden. Abgesehen von der unpassenden Rockstar-Attitüde wusste besagter Sänger schlicht keine Akzente zu setzen und verhalf damit dem staubtrockenen Sound der restlichen Band nicht zu der notwendigen Dynamik. Trotzdem wurde das Set der Band, das mehrere Songs des aktuellen Albums „Whole“ sowie ein ziemlich überflüssiges Cover von Ram Jams „Black Betty“-Version enthielt, abgefeiert. SOIL verabschiedeten sich effektbewusst mit ihrem 2001er-Hit „Halo“ und hinterließen bei mir wenig mehr als das bereits erwähnte Fragezeichen. Und Leere.

Tracklist SOIL:
01. Breaking Me Down
02. Loaded Gun
03. My Own
04. Shine On
05. Redefine
06. The Hate Song
07. Unreal
08. Black Betty (Cover)
09. Halo

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Und dann betraten, untermalt von einer eigenwilligen Variation des „Imperial March“, SKINDRED die Bühne. Die fünf Engländer kontrollierten das Geschehen von der ersten Sekunde an und das zahlreiche Publikum fraß ihnen förmlich aus der Hand. Zentrum des Geschehens war – wenig verwunderlich – Sänger Benji Webbe, der als lebender Beweis für die Funktionalität der Mischung aus Metal und Reggae auf der Bühne mit einer verblüffenden Leichtigkeit zwischen diesen beiden eigentlich so verschiedenen Welten hin und her wechselte. Daneben beeindruckte er, mit seinen gut 46 Jahren Ältester der Musiker, mit seinem kräftigen, charismatischen Gesang. Webbe sang sich ohne einen Anflug von Abnutzung durch die Show und beherrschte nicht nur die brutalen Tiefen, sondern auch die bei ihm manchmal nahezu fragil wirkenden Skindred 3 fertigHöhen. Daneben besitzt dieser Mann eine Bühnenpräsenz, die seine ohnehin eher dezent agierenden Mitmusiker völlig verblassen ließ. Neben diesem Energiebündel bleibt einem wohl nur die Stoik, die von Gitarrist Mikeydemus verkörpert wurde; versteckt hinter seinem an ZZ-Top erinnernden Bart und zusätzlich durch eine Sonnenbrille verdeckt, verzog er bis zum Schluss keine Miene. Dass sich hinter dieser Hipster-Optik aber ein zielsicher agierender Gitarrist verbarg, zeigte sich von der ersten Minute an – wie überhaupt die ganze Band wuchtig und punktiert spielte.
Geboten wurde neben den Hits der Band – darunter „Stand For Something“ oder das großartige „Babylon“ sowie das vom gleichen Album stammende „Pressure“ – natürlich einige Stücke von der aktuellen CD „Kill The Power“, unter anderem „Ninja“ (für mich ein heißer Anwärter auf den coolsten Song des Jahrs 2014) sowie das frenetisch gefeierte Titelstück. Die Band pumpte unter der Anleitung von Webbe dermaßen Energie ins Publikum, dass es teilweise an eiSkindred2n Wunder grenzte, dass der Kantine nicht das Dach weggeblasen wurde. Bei aller Euphorie gab es aber auch ein, zwei Momente, derer es nicht bedurft hätte; zum einen eine völlig überflüssige und streckenweise geschmacklose Aktion, bei der Webbe sich auf (Un)Kosten eines Zuschauers lustig machte und dann die – sicherlich subjektiv empfundene – misslungene Zugaben-Auswahl, bei der man auf das höchstens durchschnittliche „We Live“ vom neuen Album zurückgriff. Glücklicherweise bügelte man diesen Fauxpas mit dem letzten Stück des Abends, „Warning“ (dem Opener von „Union Black“), wieder aus. Und als dann die Lichter angingen, wunderte man sich doch ein wenig, dass noch alle Körperteile dran waren; auch hinsichtlich des ab und an etwas zu motivierten Pogos diverser Fans …

Tracklist SKINDRED:skindred 1 fertig

01. Rat Race
02. Stand For Something
03. Doom Riff
04. Ninja
05. Cut Dem
06. Babylon
07. Bruises
08. Kill The Power
09. Worlds On Fire
10. Trouble
11. Pressure
12. Saturday
13. Nobody
14. We Live
15. Warning

Es fällt mir schwer, diesen Abend anders als einen vollen Erfolg zu bezeichnen, trotz des für meine Ohren recht langweiligen Auftritts von SOIL. Daneben wirkten SKINDRED nur noch wuchtiger und gewaltiger, als sie es ohnehin schon waren. Sollte sich der Rest der Tour ebenfalls so ausnehmen wie der Auftritt in Schwäbisch Hall, dann dürfte die Tour für SKINDRED zu einem glatten Triumphzug werden. Und wer es in Schwaben schafft, der schafft es doch überall. Oder? 

 

Publiziert am von Manuel Förderer

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