Konzertbericht: Sólstafir w/ Mono, The Ocean

28.10.2015 München, Backstage (Werk)

Solstafir Mono The Ocean

Mittwoch Abend, Ende Oktober. Nebel hängt über der Stadt. An die Kälte halt man sich so langsam gewöhnt, an die früh einsetzende Dunkelheit hingegen noch nicht. Alles in allem eigentlich kein Wetter, um das Haus zu verlassen, andererseits die perfekte Stimmung für einen gemütlichen Konzertabend mit düsterer Musik, und das Eine geht nunmal nicht ohne das Andere. So stehen bereits eine gute Stunde vor Einlass die ersten Fans vor dem Münchner Backstage, in Erwartung des einmaligen Tour-Packages aus den deutschen Post-Rockern THE OCEAN, der japanischen Genre-Legende MONO sowie den isländischen Rock-Überfliegern SÓLSTAFIR.

Drei Bands, Einlass 19:30, Beginn 20:30 – alles könnte so übersichtlich sein. Warum im Vorhinein (sogar auf den Tickets) noch mit einem weiteren „Very Special Act“ geworben wird, bleibt unverständlich, zumal von einer weiteren Band keine Spur.The OceanAuf den Schlag um halb neun betreten THE OCEAN die Bühne – so sagt man. Von der Band selbst ist nämlich lange kaum etwas zu sehen, nachdem die komplette Bühne des Backstage Werk in Nebel verschwindet. Heute mal ohne ihre grandiosen Video-Installationen, setzen THE OCEAN, von einigen Glühlampen, viel Nebel und Dämmerlicht als einzigen untermalenden Effekten abgesehen, ganz auf die Musik – und die kommt brachial: Grandioser Sound und eine astreine Darbietung, die ohne Ansagen oder große Show auskommt übersetzen die extrem dichte Atmosphäre der Studioalben von THE OCEAN perfekt in die Live-Situation, die zudem extrem durch die Lineup-Erweiterung um Cello und Piano gewinnt. Als krönenden Abschluss beenden die Berliner ihren rundum gelungene 45-Minuten-Auftritt mit „The Quiet Observer“ von „Transcendental„, ihrer brandaktuellen Split-EP mit …

MonoMONO. Als diese nach kurzem Umbau um 21:30 ihre Show beginnen, hat sich der Nebel noch nicht gelichtet – im Gegenteil, er scheint noch dichter geworden. Zumal die beiden Gitarristen im Sitzen performen, sind sie oftmals nur schemenhaft im blauweißen Dunst auszumachen. Das Konzerterlebnis schmälert das nicht ansatzweise, verleitet die Musik der japanischen Meister der musikalischen Klimax doch sowieso dazu, die Augen zu schließen und die Gedanken schweifen zu lassen. So richtig will das heute leider nur in den lauten Passagen gelingen: Zwar sind auch die teilweise mit Piano begleiteten, ruhigen Momente musikalisch grandios – der eindeutig nicht für MONO gekommene Großteil des Publikum weiß das jedoch nicht zu würdigen, so dass der durchgehend hohe Hintergrundgeräuschpegel die fragile Atmosphäre empfindlich stört. Seitens der Performance der Band bleibt nach 70 Minuten nur eine Frage offen: Wie kann man bei derart impulsiver, intensiver Musik sitzen?

Solstafir-M1-02Nach erneut nur 15 Minuten Umbau ist es schließlich an SÓLSTAFIR, die zuletzt mit dem grandiosen Album „Ótta“ gesähten Lorbeeren zu ernten: Das Publikum im gut gefüllten Backstage Werk wirkt zwar insgesamt stimmungstechnisch etwas verhalten, allein die Zahl der SÓLSTAFIR-Shirts in der Menge lässt jedoch keinen Zweifel an der Loyalität der Anwesenden gegenüber den isländischen Rockern. Im Gegenzug liefernt das Quartett, durch Neuzugang Ari Þorgeir Steinarsson am Schlagzeug musikalisch verstärkt, eine Show, an der es objektiv nichts zu kritteln gibt: Musikalisch verhältnismäßig sauber und stimmlich astrein legen die Isländer eine ansonsten sehr Solstafir-M1-01typische SÓLSTAFIR-Show hin.

Im Fokus steht stets Fronter Aðalbjörn Tryggvason mit seiner fast schon übertrieben wirkenden Rockstar-Attitüde … dagegen hat Svavar Austman, der es heute mit Blues-Brothers-Sonnenbrille versucht, keine echte Chance, während sich Sæþór Maríus Sæþórsson aus derlei Gehabe sowieso, so scheint es, von vorneherein ausgeklinkt hat und stoisch sein Ding durchzieht. Als Abschluss gibt es dann noch den heißersehnten Überhit „Fiara“, sowie „Godess Of Ages“, dessen gesangsfreie Passagen Aðalbjörn schonmal für Fan-Fotos im Pressegraben nutzt.

Um kurz nach Mitternacht findet die Show so ihr Ende – und mit ihr ein Abend, der trotz Doppel-Headliner-Show á 70 Minuten und 45 Minuten Support-Act keine langweilige Minute zuließ. Dank strammem Zeitplan wirkt sich der arbeitnehmerfreundliche, späte Beginn nicht all zu sehr auf das Ende der Veranstaltung aus – auch wenn die Ankündigung einer weiteren Band zunächst für Verwirrung gesorgt hatte.

Solstafir-M1-03Ein Wermutstropfen für alle, die den Werdegang von SÓLSTAFIR schon länger begleiten, mag die von Tour zu Tour zunehmende Professionalität und die damit erworbene Routine sein, die den Shows etwas von ihrem ursprünglichen Reiz nimmt – überraschend ist das beim Tourpensum der Isländer und ihrem damit einhergehenden Erfolg nicht. Diesen gönnt man der Band jedoch von Herzen – nicht zuletzt, weil es für die Szene ein gutes Zeichen ist, dass es nicht nur stumpfen Vollblutmetal-Kapellen gelingt, Hallen wie das Backstage Werk zu füllen. Draußen ist es unterdessen noch nebliger geworden. Vielleicht stand auch nur eine Tür hinter der Bühne offen.

Mono The Ocean Solstafir

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3 Kommentare zu “Sólstafir w/ Mono, The Ocean

  1. Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass das nicht nur respektlos, sondern hochgrad asozial war. Klar, der Applaus war dann echt laut und den Leuten hat es auch gefallen, offensichtlich. Aber das war wirklich widerwertig.

    Von mal kurz dem Nachbarn nen Satz sagen sagt ja keiner was, das wäre vollkommen ok, aber penetrantes, lautstarkes Durchgequatsch geht einfach nicht. Wenn man auf Konzerten von Bands wie Sígur Ros im Zenith war, als 6000 Leute keinen Laut von sich gegeben haben, wenn man Mono auf ihren bisherigen Soloshows gesehen hat, wenn es still vor der Bühne ist, muss man sich wirklich fragen, was in den Köpfen mancher Konzertbesucher vor sich geht.

  2. Super Konzertbericht! Fand jetzt die Hintergrundgeräusche bei „Mono“ nicht so störend und respektlos. Sah es als dargebotene / gelebte Belanglosigkeit, aus der Schönheit und Emotion entstand. Also eher als dreidimensionale Soundeffekte… ;-) ;-) ;-)

    1. Das ist natürlich auch eine Sichtweise. Zu der konnte ich mich bislang allerdings nicht durchringen.

      Mir fehlt da jedes Verständnis für die Ignoranz, vor allem aber die Rücksichslosigkeit des Teils des Publikums, das keinen Gefallen an der Band findet. Ich meine, das ist ja in Ordnung, aber, um (wenn auch etwas in anderen Kontext gesetzt) Dr. Schönfärber aus Monaco Franze zu zitieren: „Dankbar und glücklich müssen wir sein dass wir dabei sein durften! Da schweigt man still und hält sein dummes Maul!“

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