Konzertbericht: Versengold

23.03.2023 Alte Kongresshalle,. München

Versengold LogoSeit 2018 touren VERSENGOLD mit ihrer „Nacht der Balladen“ regelmäßig durch die Republik. Das Akustik-Programm erinnert in seiner Ausrichtung an „Kunststück“ von Schandmaul oder die „Nackt“-Ableger von Subway to Sally. 2023 verschlägt es die Musiker aus dem hohen Norden mitsamt Orchester erstmals nach München in die Alte Kongresshalle. Dort beweisen Malte und Co., dass akustisch nicht immer gleichförmig bedeuten muss.

Kurz nach 20 Uhr und einem längeren Orchesterintro betreten VERSENGOLD die Bühne und legen direkt mit einer ihrer vielleicht stärksten Balladen los – dem über 5 Minuten langen „Vom Zauber des Wildfräuleins“. Der Sprung zu „Windsbraut“ könnte auf der Zeitachse kaum größer sein, musikalisch gelingt er stimmig und der neue Song erklingt im akustischen Gewand in feinster Qualität. Dass es neben vielen ruhigen Momenten auch etwas Folk auf die Ohren geben soll, stellen VERSENGOLD früh klar. Bei „Küstenkind“ zückt Geiger Flo nach eigenem Bekunden seinen persönlichen Nemesis, die Mandoline. Immer wieder spielen er und Sänger Malte sich im weiteren Verlauf des Abends die Bälle zu und gestalten dadurch die Ansagen so launig und kurzweilig wie die Musik.

Zu „Die Schönheit der Schatten“, dem gemäß Malte verkopftesten Liebeslied aus seiner Feder, betritt Gastsängerin Aeva Maurelle erstmals die Bühne und übernimmt die Rolle von Katja Moslehner im zweistimmigen Part. Ein Gewinn. Die blonde Vokalistin taucht auch später im Zugabenblock nochmals auf und ergänzt sich mit Malte beim insgesamt eher schwächeren „Mondlicht“ stimmig. Richtige Ausfälle gibt es keine, dafür sind alle Beteiligten spielerisch auf einem zu hohen Level. Ergänzt werden VERSENGOLD im Orchester unter anderem von Musikerinnen von Eklipse, die bereits als Support der Deutschfolker fungiert und mit Geigerin Malina den Ersatz für Flo gestellt haben, als dieser vor kurzem zum ersten Mal Vater geworden ist. Dass sich die Musiker kennen, merkt man daran, wie gut sie aufeinander eingespielt sind. Das gilt auch für den „Nacht der Balladen“-Dauergast Julian, der mit seiner Percussion unter anderem „Die Wilde Jagd“ bereichert und am Hackbrett neue Akzente setzt. Einzig das bereits von Malte als „poppig“ eingestufte „Herz durch die Wand“ ist auch im Unplugged-Gewand mehr ein Fall für den Schlagergarten als für die Folkbühne, wenngleich Malte als Sänger und Texter von seiner besonderen Beziehung zu diesem Song spricht, der erst viele Jahre, nachdem er geschrieben war, auch vertont worden ist.
Den nostalgischen Höhepunkt erleben alle langjährigen Anhänger bei „Das Bier ich in der Rechten trug“, bei dem Malte einen Ausflug in die Menge wagt, wobei sein Spielraum in München arg beschränkt ist. Dafür erzählt er eine Geschichte von der aktuellen Tour aus Bremen, als er bei diesem Lied einen Besucher schlafend in den hinteren Reihen ertappt hat. Apropos ertappt: Malte nutzt den Song auch dazu, um immer wieder mit seinem Einsatz zu kokettieren, und erwischt sehr zu seiner Erheiterung Flo auf dem falschen Fuß. Den Bogen von ganz alt zu ganz neu spannen VERSENGOLD mit „Lautes Gedenken“ und „Tod und Trommeln“, die beide auf dem kommenden Album zu hören sein werden, welches pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum der Band im Oktober erscheint. „Tod und Trommeln“ stimmt dabei hoffnungsfroh, dass sich zwischen Folkpop und Co. auch wieder einige druckvolle Nummern befinden werden. Bei „Alte Männer“ steht Malte davor alleine mit Gitarrist Dan auf der Bühne und wird kurz zeitgenössisch. Musikalisch noch einmal reduziert thematisieren die beiden alte weiße Männer und deren Einfluss auf das Weltgeschehen. Ein kleines, nachdenkliches Highlight.

Das Cover von "Was kostet die Welt" von VersengoldIn der zweiten Hälfte drehen VERSENGOLD insgesamt ordentlich auf und bringen mit „Paules Beichtgang“ sowie „Thekenmädchen“ die Menge zum Kochen. Während sich „Thekenmädchen“ zu einem absoluten Gassenhauer entwickelt hat, gerät „Paules Beichtgang“ kompositorisch und spielerisch deutlich vielseitiger. Am Ende wird es mit „Die Letzte Runde“ noch einmal melancholisch und wie so oft treffen VERSENGOLD auch hier den richtigen Ton.

Mit ihrer „Nacht der Balladen“ decken VERSENGOLD ein beeindruckendes musikalisches Spektrum ab – von Klassikern im akustischen Gewand, aktuellen Songs neu verpackt und hinten raus viel Stimmungsmusik mit fast ausnahmslos stehenden Besuchern, selbst in bestuhlten Locations.

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