Das Cover von "The Revenge Of Alice Cooper"

Review Alice Cooper – The Revenge Of Alice Cooper

  • Label: earMUSIC
  • Veröffentlicht: 2025
  • Spielart: Hard Rock

ALICE COOPER, Großvater des Shock Rock, hatte ja schon immer das Auftreten eines Showmans, hinter dessen extravaganter Präsenz der Mensch (bürgerlich übrigens Vincent Furnier) ganz und gar verschwindet und der doch durchweg glaubwürdig ist. Mit seiner außergewöhnlichen Art könnte er nicht nur Rockstar, sondern auch Geisterbahn-Animateur auf dem örtlichen Jahrmarkt sein oder als Ringmeister das Zirkuspublikum durch den Abend führen. Passend dazu sind die hinter ALICE COOPER versammelten Musiker auch weniger Band als Ensemble, aus dem die Posten an den Instrumenten ganz nach Bedarf von Album zu Album neu besetzt werden können. Und 2025 bekommt man auf „The Revenge Of Alice Cooper“ die Version der Truppe zu hören, die zuletzt vor über 50 Jahren ein Album aufnahm.

Die auf „The Revenge Of Alice Cooper“ wieder vereinte Band-Besetzung musizierte das erste Mal 1969 auf „Pretties For You“ und dann für lange Zeit das letzte Mal 1973 auf „Muscle Of Love“ gemeinsam. Damals war die Musik der späteren Heavy-Metal-Ikone irgendwo zwischen Psychedelic und Acid Rock einzuordnen und stark vom Beat- und später Punk-Sound der Epoche beeinflusst. Auf seinem neuen Album dreht ALICE COOPER die musikalische Uhr in jene Zeit zurück, weshalb die Platte mit „Black Mamba“ bereits einen recht trippigen, psychedelischen Einstieg findet, der im positivsten Sinne aus der Zeit gefallen wirkt. Auch ansonsten sucht man dicke Riffwände oder selbst die wuchtige Produktion des Vorgängers „Road“ auf „The Revenge Of Alice Cooper“ vergebens. Stattdessen gibt es auf der Platte dezent angezerrte Gitarren, Klavier und ab und an gar Mundharmonika-Einlagen.

Dass sich ALICE COOPER in den fünf Jahrzehnten seiner Karriere eine deutliche eigene Identität geschaffen hat, wird wohl niemand infrage stellen. Umso charmanter ist es, dass seine frühesten Einflüsse auf dieser Platte überaus deutlich herauszuhören sind. Das passt auch bestens zur Tatsache, dass „The Revenge Of Alice Cooper“ zurück zur Frühphase des Musikers führt. So klingt etwa in „One Night Stand“ und „What A Syd“ IGGY POP durch, das starke „Blood On The Sun“ lässt an THE WHO denken und „Crap That Gets In The Way Of Your Dream“ zollt dem britischen Beat-Sound im Stile von THE TROGGS Tribut. Es ist ein wenig ungewohnt, wenn ausgerechnet ALICE COOPER nach jemand anderem klingt, aber all diese Anleihen sprechen von ehrlicher Anerkennung und sind damit ursympathisch.

Dieser Ausflug in den Classic Rock punktet in seiner Routiniertheit mit unfassbarem Coolness-Faktor, der vor allem in Nummern wie „Kill The Flies“, dem schiebenden „Famous Face“ sowie dem von Mundharmonika veredeltem „Intergalactic Vagabond Blues“ spürbar ist. Die stilistische Veränderung in der Musik hat auch Auswirkungen auf den Gesang des Rockers. Schon im Opener klingt ALICE COOPER ungewohnt trocken und temperiert; es fehlt schlicht der „Dreck“ in seiner Stimme. Das ist durchaus gewöhnungsbedürftig und fühlt sich mitunter etwas unpassend an, nimmt es den oftmals von gewohnt pechschwarzem Humor durchsetzten Texten doch einen Teil ihrer Bissigkeit. Am Können liegt das glücklicherweise nicht, denn anderswo klingt Mr. Cooper so eindringlich wie eh und je, was schlicht besser zu ihm passt.

Man kann nicht wirklich sagen, dass sich ALICE COOPER mit seinem neuen Album auf seine Wurzeln „zurückbesinnen“ würde, zumindest nicht im Sinne einer dauerhaften Kurskorrektur. Passend zu seinem schillernden Image hat der Shock-Rock-Altmeister viele Gesichter und zeigt auf „The Revenge Of Alice Cooper“ eben eines, das man zuletzt vor 52 Jahren gesehen hat. Das mag Fans anderer seiner Facetten nicht auf Anhieb zusagen, man muss aber neidlos anerkennen, dass es durchaus gut gealtert ist. ALICE COOPER klingt auf seiner neuen Platte, als wären die 70er nie zu Ende gegangen und die 60er noch gar nicht so lange her. Das ergibt ein überraschend anderes und immens vielschichtiges Classic-Rock-Album von einem der geachtetsten Silberrücken des Rock.

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Wertung: 7.5 / 10

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