Review Avatarium – The Girl With The Raven Mask

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Doom Metal

Als AVATARIUM vor zwei Jahren ihr gleichnamiges Debüt veröffentlichten, redete man über die Band noch als „Solo-Projekt“ von Leif Edling und tatsächlich waren die Candlemass-Einschläge nicht totzuschweigen. Mit „The Girl With The Raven Mask“ steht nun, nach der EP „All I Want“, das neue Werk der Band in den Regalen. Besonders nach eben jener EP stellt sich die Frage, wohin geht die Reise dieses Mal.

Das bereits vorab veröffentlichte Titelstück eröffnet das Album jedenfalls betont rockig und geradlinig, versehen mit einem verspielten Mittelteil. Die Stimme der charismatischen Jennie-Ann Smith ertönt kräftig, klar und mit einem Unterton von unbändiger Neugier. AVATARIUM lassen es aber gar nicht erst zu, dass man hieraus bereits eine Grundausrichtung des Albums ableiten könnte. Das folgende „The January Sea“ beweist dies eindrucksvoll. Das Stück ist deutlich näher an den klassischen Doom-Metal-Wurzeln beheimatet und zieht den Hörer in eine düster wabernde Welt hinein. Tonnenschwere Riffs branden auf und brechen ebenso schnell wieder, ganz wie die Wellen der See.

Damit ist aber noch längst nicht Schluss mit der Vielfältigkeit, die AVATARIUM auf „The Girl With The Raven Mask“ bieten. Das Album zeigt Unmengen an Schichten und Einflüssen auf, die das Grundgerüst des Doom Metals aufgreifen und um entscheidende Details bereichern. Die Nuancen reichen von leichtem Country-Touch, wie beim balladesken „Pearls and Coffins“, über den Sound früher Horrorfilme, zum Beispiel in „Hypnotized“, bis hin zu psychedelischen Einschüben beim frostigen „Ghostlight“. Eine echte Rockhymne bietet „Run Killer Run“. Das folgende „Iron Mule“ erinnert stilistisch verdächtig an „Wasted Sunsets“ von Deep Purple und das abschließende “The Master Thief“ überzeigt mit dem Charme klassischer Jazz- und Blueseinflüsse. All diese Details üben einen ungemeinen Reiz aus, da es AVATARIUM gelungen ist, einen komplett eigenen Sound zu kreieren, der zwar noch klar dem Doom Metal zuzuordnen ist, der jedoch auch über klassische Genregrenzen hinweggeht.

Neben all diesen Feinheiten gibt es weiterhin die kräftigen Gitarrensounds mit mächtigen Riffwänden und verspielten Soli, welche nun noch stärker vom Klang der Hammond-Orgel unterstützt werden. Überhaupt ist dem Tasteninstrument ein bedeutender Teil des Albums zugekommen. Man könnte also meinen, dass auch Leif Edling und Co nicht so einfach am Retro-Trend vorbeikämen. In diesem Falle ist es aber ein Glücksfall und keinesfalls ein Versuch der Mode zu folgen. Der wichtigste Faktor in der Klangwelt von „The Girl With The Raven Mask“ bleibt jedoch Jennie-Ann Smith mit ihrer unvergleichlichen Stimme. Sie schafft es spielend zwischen rockigen, eiskalten und warmen, bluesigen Tönen zu wechseln. Das geschaffene Gesamtbild, welches AVATARIUM hier zeichnen, ist düster und melancholisch, sodass der Hörer förmlich hineingezogen wird und sich tatsächlich gar nicht zur Wehr setzen möchte.

Wer das Debüt von AVATARIUM bereits als eines der besten Doom-Metal-Alben der letzten Jahre gesehen hat, der wird um „The Girl With The Raven Mask“ nicht herumkommen. Die fünf brillanten Musiker scheinen noch mehr als Einheit zu fungieren und die Weiterentwicklung des eigenen Kosmos sorgt dafür, dass nunmehr auch Anhänger der klassischen, wenn auch düsteren, Rockmusik Gefallen an diesem Werk finden werden.

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Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Christoph Ilius

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