Review Dark Tranquillity – Construct

Mit DARK TRANQUILLITY geht eine der dienstältesten Göteborg-Bands und gleichzeitig Mitbegründer eines ganzen Musikstils in die zehnte Runde. Mit „Construct“ wollen die Jungs um Sänger Mikael Stanne zeigen, dass sie auch nach 20 Jahren nichts ver- aber vieles dazu gelernt haben. Hierfür musste nach eigenem Befinden ein radikaler Umbruch her, der sich laut Info in einer neuen Ära wiederspiegeln soll.

Große Töne, die man da aus Schweden vernimmt. Denn es ist, wie es ist, auch wenn aus der Feder von DARK TRANQUILLITY großartige Alben wie „Projector“, „Haven“ oder auch „Fiction“ stammen, hat man sich zwischendurch immer mal wieder eine Auszeit genommen und verhältnismäßig uninspirierte Alben auf den Markt geworfen. Jetzt also eine völlig neue Herangehensweise, die Songs entstanden nicht mehr im Proberaum unter Mitarbeit aller Bandmitglieder, vielmehr haben sich Anders Jivarp, Martin Brändström und Niklas Sundin direkt im Studio getroffen und dort mit einer gewissen Spontanietät zehn Lieder aufgenommen, die Stanne dann mit seinem Gesang und den gewohnt philosophischen Worten veredelt hat.
Nun ja, wenn ich mal ehrlich bin, für mich hört sich das Ganze nicht besonders neu oder visionär an. Vielmehr ist es so, als wenn das Album seine eigenen Ambitionen nur zu einem Teil erfüllen kann, der mich als Hörer nicht zufrieden stellt. Keine Frage, technisch ist alles fein, der Sound passt wunderbar, aber letztlich leidet der Song als solcher unter dem neuen Vorgehen. Als bestes Beispiel möchte ich hierfür „Uniformity“ heranziehen. An und für sich ein starker Song mit guten Melodien, Wiedererkennungswert und der typischen Atmosphäre, der sich mit einem unnötig ausgedehnten Schlussteil schließlich aber selber noch das Grab schaufelt. Man wird das Gefühl nicht los, dass hier nicht zu Ende gedacht wurde. Das gilt unter dem Strich auch für das Album, ich wage mich vielleicht etwas weit hinaus, aber die Methode, mit den Songs ins Studio zu gehen, sie also vorher schon gut zu kennen und dann zu erkennen, was sie noch brauchen, scheint mir die bessere Alternative zu sein. Man bricht sich schließlich auch als alter Hase keinen Zacken aus der Krone, wenn man den Stoff noch einmal überarbeitet.
Sicherlich klingt das jetzt ziemlich hart und ist hier und da auch mit etwas Vorsicht zu genießen. Die Musik ist ja immer noch gut, gerade der Mittelteil weiß insgesamt doch gut zu überzeugen, da werden Erinnerungen an glorreichere Tage wach. „What Only You Know“ ist als Halbballade vielleicht nicht das beste Beispiel an sich, hätte aber nicht nur aufgrund der Gesangsmelodie, die beinahe eins zu eins auf „Haven“ vorzufinden ist, auch auf diesem Album stehen können. „The Silence In Between“ und „Apathetic“ sind zwei Nummern, bei denen sich die neue Arbeitsweise sicher gelohnt hat, kurz und knapp bringen DARK TRANQUILLITY das auf den Punkt, was sie mit „Construct“ wohl ausdrücken woll(t)en.

Ist es für eine Metalband eventuell ein Armutszeugnis, wenn die besten Momente die ruhigen sind? So weit würde ich vielleicht nicht gehen, aber es ist schon auffällig, dass das Album immer dann gut ist, wenn man Tempo rausnimmt. Dann hat man nämlich das Gefühl, mal wirklich etwas Neues geboten zu bekommen, während die schnelleren Parts alle irgendwie gleich oder zumindest wie schon einmal gehört klingen. Das Experiment „Construct“ ist sicher kein völliger Fehlschlag, aber an ihre Glanzzeiten reichen DARK TRANQUILLITY mit Sicherheit nicht heran. Vielleicht besinnt man sich beim nächsten Mal wieder mehr auf die alten Stärken und mischt die Herangehensweise. Der Musik täte es mit Sicherheit gut.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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