Konzertbericht: Dark Tranquillity w/ Nailed To Obscurity

21.04.2017 München, Technikum

Ein neues Album will auf der Bühne beworben werden. Die Melodic-Death-Metaller DARK TRANQUILLITY nehmen sich diesen Grundsatz derzeit sehr zu Herzen: Zwischen ihrer Europatour mit Amon Amarth und Omnium Gatherum und einem US-Ableger mit Warbringer spielen die Schweden in Europa noch einige Headliner-Shows, um ihr neues Werk „Atoma“ bekannt zu machen – unter anderem im Münchner Technikum, wo sie von NAILED TO OBSCURITY unterstützt werden. Bereits vor dem Konzert verwundert aber die heute sehr geringe Anzahl an Besuchern, die gerade mal die Hälfte der Halle füllt.

Nachdem Einlass und Beginn spontan am Konzerttag nach hinten verschoben wurden, starten NAILED TO OBSCURITY erst um 20:45 mit „King Delusion“ von ihrem gleichnamigen aktuellen Album in ihr Set. Obwohl sich die Niedersachsen bei ihrer Show wirklich engagieren, krankt die Show von Anfang an am all zu differenzierten Sound: Zwar klingt hier jedes Instrument klar und deutlich heraus, eine druckvolle Einheit formen die Elemente jedoch selten. Stattdessen zerfällt die auch deutlich zu leise abgemischte Musik der Death-Doomer in ihre Bestandteile, von denen sich vor allem Bass und Gesang in den Vordergrund drängen. Zwar bekommen NAILED TO OBSCURITY vom Publikum nach ihrem gut 45-minütigen Set achtbaren Applaus – unter anderen Bedingungen hätte das Ganze aber gewiss besser funktioniert. [MG]

  1. King Delusion
  2. Protean
  3. In Vain
  4. Memento
  5. Sealed
  6. Devoid
  7. Desolate Ruin

Spätestens bei Beginn des Auftritts von DARK TRANQUILLITY steht fest: Das Technikum bleibt heute tatsächlich, trotz günstigem Freitagabend-Termin, für die Schweden ungewöhnlich leer. Doch anstatt dadurch die Motivation zu verlieren und auf Autopilot zu schalten, zeigen sich die hochsympathischen Melo-Death-Pioniere wie immer authentisch und dankbar. Von der ersten Sekunde an blickt Sänger Mikael Stanne freudig wie ein kleines Kind an Weihnachten in die ihn bejubelnde und die Melodien mitsingende Menge.
Für ihre Tour haben DARK TRANQUILLITY stolze sechs Songs von ihrem neuen Album „Atoma“ ins Set genommen. Doch wie gewohnt lassen es sich die Göteborger nicht nehmen, Songs aus fast der gesamten Diskografie ins Set einzubinden. Auf langjährige Fans etwas befremdlich mag wirken, dass die Truppe nun mit komplett ausgewechselter Saitenfraktion unterwegs ist: Gründungsmitglied und Hauptsongwriter Martin Henriksson sowie Bassist Daniel Antonsson stiegen beide aus, Papa Niklas Sundin muss zur Zeit statt Gitarre zu spielen zu Hause elterlichen Pflichten nachkommen.

Ersetzt werden sie durch den mittlerweile fest eingestiegenen Bassisten Anders Iwers (Tiamat) sowie aktuell durch die Live-Musiker Chris Amott (ex-Arch Enemy) und Johan Reinholdz. Die extreme Rotation im Lineup merkt man der Formation jedoch zu keiner Zeit an: Individuell stark und als Band aufeinander eingespielt, liefern DARK TRANQUILLITY auch in dieser Besetzung eine lupenreine Show. Einzig der Sound vermag auch jetzt noch nicht richtig zu überzeugen: Anders als bei NAILED TO OBSCURITY erdrückt nun der wummernde Bass teilweise die brillant-filigrane Gitarrenarbeit, die Keyboards und fast sämtlichen Klargesang. Doch was für die meisten anderen Bands einem Todesstoß gleichkäme, ist für die Schweden schlimmstenfalls ein leichtes Handicap: Mit einer dynamischen Performance und viel Publikumsinteraktion verstehen DARK TRANQUILLITY es, selbst unter solchen Bedingungen bestens zu unterhalten. [SB]

  1. Force Of Hand
  2. The Lesser Faith
  3. Atoma
  4. The Treason Wall
  5. The Science Of Noise
  6. Forward Momentum
  7. Terminus (Where Death Is Most Alive)
  8. The Silence In Between
  9. The Pitiless
  10. What Only You Know
  11. Monochromatic Stains
  12. The Wonders At Your Feet
  13. White Noise/Black Silence
  14. Encircled
  15. Clearing Skies
  16. Final Resistance
  17. ThereIn

  18. State Of Trust
  19. Through Smudged Lenses
  20. Misery’s Crown

Warum die Halle heute so erstaunlich leer bleibt, ist nur schwer nachzuvollziehen, steht der Name DARK TRANQUILLITY doch schon immer für grandiose Live-Performances. Selbst an Tagen unter der Woche war die Formation deshalb (bei ähnlich großen Hallen) stets ein Garant für ein volles Haus. Auch heute liefern die Schweden einen großartigen Auftritt ab, der jeden Fan zufriedenstellen sollte. Dass der Sound im Technikum heute sowohl bei NAILED TO OBSCURITY als auch bei DARK TRANQUILLITY suboptimal ist, fällt dabei zumindest beim Headliner kaum ins Gewicht, holen die Göteborger doch in ihren knapp 90 Minuten Spielzeit alles raus, was geht und beweisen, dass sie auch nach über 25 Jahren und in neuer Besetzung live nichts an Energie und Können eingebüßt haben.

Publiziert am von und Simon Bodesheim

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