Review Dark Tranquillity – Fiction

Vor zwei Jahren veröffentlichen DARK TRANQUILLITY mit der „Character“ ein Album, welches durchweg hervorragende Kritiken einfahren konnte. Durchweg aber auch konnte man beobachten, dass viele Hörer nie den richtigen Zugang dazu finden konnten, obwohl die Qualität nie angezweifelt wurde. Zu sperrig und anspruchsvoll erschien es einigen, um dauerhaft über die volle Laufzeit begeistern zu können. Wie man die Schweden aber kennt, gibt es auch auf dem nunmehr achten Album keinen Stillstand zu verzeichnen, vielmehr einen Schritt zurück und einen nach vorne.

Direkt zu Beginn fällt auf, dass die Göteborger Institution wieder ein gutes Stück eingängiger geworden sind und wieder mehr auf Melodien anstatt auf verworrene Arrangements setzen. „Nothing To No One“ legt direkt von Anfang an packend und mitreißend los und feuert ein feines Rifffeuerwerk ab, bis mit dem Einsatz des ersten Refrains die Überraschung groß ist. Das Tempo wird rausgenommen und erstmal weicht die mächtige Instrumentalwand einer sanftsüßlichen Piano-Melodie, die ein ums andere mal verzaubern kann. Dadurch, dass Stannes einzigartiger und unverkennbarer Gesang noch ein wenig krächziger und aggressiver als bisher daherkommt, entsteht ein wundervoller Kontrast zwischen zuckersüßen Einschüben und Brutalität.
Dieses Konzept verwenden noch mehrere der zehn Lieder, „The Lesser Faith“, „Icipher“ und „Empty Me“ neben dem Opener am besten. „Blind At Heart“ und das kurze und knackige „Focus Shift“ setzen dagegen weniger auf die Elektronik als wiederkehrend führendes Instrument und stehen vielmehr für die härteren Momente auf der Scheibe und erinnern zusammen noch am ehesten an die „Character“-Songs.

Und als ob es nicht so schon genügend Ohrwürmer auf dieser Scheibe geben würde, setzen DARK TRANQUILLITY gegen Ende auch wieder auf den von „Projector“ bekannten Klargesang, mit dem Stanne eindeutig Großartiges leistet, zweifellos ein Gewinn für die Musik, dass dieser zurückkehrte. In „Misery’s Crown“ wechselt er zwischen Klar- und Krächzgesang, was hervorragend funktioniert und für einen Dauerbrenner mit einprägsamer und teils melancholisch wirkender Atmosphäre sorgt. Das abschließende „The Mundane And The Magic“ setzt nochmals einen drauf und bietet noch mehr melancholische Stimmung und mit Theatre Of Tragedy–Frontfrau Nell sogar eine dritte Stimme, durch sie und den Klargesang wird der Refrain absolut großartig vorgetragen.
Mein persönliches Highlight aber ist „Inside The Particle Storm“, ein für DARK TRANQUILLITY ungewohntes Lied. Mit ruhigen, balladesken Tönen startet der Song, doch bald wendet sich das Blatt und eine bedrohlich-düstere Soundwand rollt auf den Hörer zu, die Stanne mit einem derart bösartigem Gesang veredelt, dass der ein oder andere schwarzmetallische Vokalist in Ehrfurcht erstarren sollte. Das Zusammenspiel zwischen Instrumenten, Gesang und Worten erzeugt eine apokalyptische Stimmung, die bei jedem Hören erneut für Gänsehaut und Begeisterung sorgen kann, absolut großartig!

Einzig „Terminus (Where Death Is Most Alive)“ gefällt weniger, hier wurde der Keyboard-Einsatz nicht gut gewählt, es klingt sogar arg „cheesy“ und geht dadurch ein wenig auf die Nerven, schade um den ansonsten tollen Song. Mehr Kritikpunkte vermag ich nicht anzubringen, „Fiction“ ist ein hochklassiges Stück Musik, dass mit zumindest neun absolut überzeugenden und begeisternden Liedern aufwartet und eine verdammt lange Haltbarkeit bieten dürfte. Mit der durchschnittlichen Spielzeit von viereinhalb Minuten kommen die Schweden stets auf den Punkt, überflüssiges Füllwerk findet man nicht. Nach der weiterhin besten Bandleistung „Damage Done“ rangiert „Fiction“ nun ganz knapp auf Rang 2 ihrer besten Alben und fest steht eigentlich auch: DARK TRANQUILLITY sind die Nummer 1 in Göteborg und im melodischen Death Metal. Die Herren von In Flames haben sie eh spätestens seit „Damage Done“ vom qualitativen Thron gestoßen.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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