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Review Exodus – Exhibit B: The Human Condition

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Thrash Metal

Sechs Jahre sind ins Land gegangen, seit EXODUS mit „Tempo Of The Damned“ ihre zwölfjährige Studiorelease-Pause beendeten und die Band so ins 21. Jahrhundert führten. Sechs Jahre, die produktiver wohl kaum hätten sein können, wurde die Diskographie in dieser Zeit doch um drei Studioalben, eine Live-DVD sowie den so gewagten wie gelungenen Rerelease „Let There Be Blood“ des legendären Debüts erweitert. Nun steht, den Rerelease nicht eingerechnet, nicht nur das vierte Album dieser Phase (und somit das Dritte seit dem Sängwechsel von Steve Souza zu Rob Dukes) ins Haus, sondern zugleich auch der zweite Teil der „Atrocity Exhibition“… konsequenterweise „Exhibit B: The Human Condition“ betitelt.

Wie Titel und Albumartwork schon minder dezent andeuten, geht es im zweiten Teil der Galerie der Gräueltaten erneut um Mord und Totschlag, wobei – im Gegensatz zur „Exhibit A“ – weniger die Religion, als viel mehr das klassische homo homini lupus im Mittelpunkt steht: Anhand ausgewählter Beispiele wird die düsterste Seite der Menschen exemplarisch durchexerziert… ob Massenmörder („The Ballad Of Leonard And Charles“) oder Massaker („Nanking“) – die Faszination ungebändigter Aggression ist omnipräsent. Dass von Leonardo Da Vincis idealem Menschen auf dem Cover nurnoch die blanken Knochen übriggeblieben sind, die sich an allerlei Mord und Verderben bringende Utensilien klammern, ist bei einem solch morbidem Konzept wenig verwunderlich.

Auch musikalisch herrscht eine aggressive Grundstimmung: Nach einem kurzen, fast schon melancholischen Cleangitarrenintro wird ohne Rücksicht auf Verluste gethrasht, ein flotter Riff jagt den nächsten und die Herren Altus und Hold hauen ein furioses Solo nach dem anderen raus. Auffallend ist dabei, dass EXODUS auf „Exhibit B: The Human Condition“ im Vergleich zum direkten Vorgänger deutlich weniger Akzente wie den genialen Gesang in „Children Of A Worthless God“ gesetzt haben – der Versuch, mit „Democide“ durch vergleichbare Vocals an diesen Hit anzuknüpfen, gelingt nur bedingt. So kristallisiert sich schnell der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Werken heraus: War die erste „Atrocity Exhibition“ noch mit das progressivste und vielseitigste, was der Bay-Area-Thrash bis Dato hervorgebracht hat, huldigt man dieses Mal eher dem traditionellen, schnörkellosen Thrash Metal – wohl einer der Hauptgründe, warum das Album einige Durchläufe mehr benötigt, um sich im Ohr festzusetzen als der Vorgänger, muss man doch bei allem Lob an dieser Stelle anmerken, dass die Songs allgemein einen weit geringeren Wiedererkennungswert aufweisen als meinetwegen „Iconoclasm“ oder „Bedlam 123“. Das soll jedoch keinesfalls heißen, dass auf „Exhibit B“nicht auch unverbrauchte Ideen zu finden seien – sie sind bloß nicht so herausgeputzt wie auf „Exhibit A“ – ob man dieser Entwicklung nun positiv oder negativ gegenübersteht, ist wohl Geschmackssache.

Wer die „modernen“ EXODUS-Werke zu schätzen weiß, wird wohl auch an „Exhibit B: The Human Condition“ Gefallen finden – messerscharfes Thrash-Riffing, ein druckvoller Sound und nicht zuletzt Dukes Gesang, der vielleicht kraftvoller denn je aus den Boxen schallt, lassen dem geneigten Hörer eigentlich kaum eine andere Wahl. Wie weit die CD in der persönlichen Lieblingsalben-Liste nach oben klettert, ist, wie das bei persönlichen Favoritenlisten eben so ist, Geschmackssache: Wer „Tempo Of The Damned“ oder „Shovel Headed Kill Machine“ ob ihrer rohen Aggression für das Beste erachtet, was EXODUS bislang veröffentlicht haben, hält mit „Exhibit B: The Human Condition“ ohne Frage einen Anwärter auf Platz eins in Händen. Wem eher, und hier würde ich mich selbst einordnen, das etwas filigranere Songwriting von „The Atrocity Exhibition… Exhibit A“ zusagt, wird vom konservativeren Charakter von „Exhibit B: The Human Condition“ vielleicht ein wenig enttäuscht sein, geht in der Aggression bei einer Spielzeit von 75 Minuten doch bisweilen leider auch die Originalität unter.

Doch auch, wenn mich „Exhibit B“ nicht in dem Maße mitzureißen versteht wie der Vorgänger, muss ich sagen, finde ich es allemal befriedigender, wenn EXODUS ihrem aus meiner Sicht kaum zu übertreffenden Meisterwerk ein solides, bodenständiges Thrash-Album folgen lassen, als wenn sie zwanghaft versucht hätten, dieses an Vielseitigkeit und Progressivität noch zu überbieten und an dieser Aufgabe gescheitert wären.

Wertung: 7.5 / 10

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