Review Fiddler’s Green – Heyday

Seit einigen Jahren geht es für FIDDLER’S GREEN nur in eine Richtung: steil bergauf. Mit mehreren starken Veröffentlichungen in Folge haben die Wahliren ihren Platz in der Musikwelt gefunden und ihren Stil im Laufe der Zeit immer weiter definiert. Dieser ist aktuell mehr denn je geprägt von ungemein live-tauglichen und vor allem abwechslungsreichen Stücken, die ihren traditionellen Fesseln oftmals entwachsen sind. „Heyday“ knüpft nahtlos an seine Vorgänger an und überzeugt vor allem als stimmiges Gesamtwerk.

Keine Frage, stilistisch sind sich die Südwestdeutschen treu geblieben. Allerdings erweitern sie ihr Repertoire um einige Vorzeigestücke, allen voran „Limerick Style“ und „Born To Be A Rover“. Sänger Albi präsentiert sich dabei wandelbar zwischen Sprechgesang und melodischen Passagen, der Fuß bleibt angenehm auf dem Gaspedal und gleichzeitig finden alle Instrumente ihren Platz, ohne die Songs zu überladen. Garniert wird „Limerick Style“ durch gezielte Gangshouts der übrigen Bandmitglieder. Im Vergleich zu den rockigen Vorboten „One Fine Day“ und „No Anthem“ punkten „Limerick Style“ und „Born To Be A Rover“ besonders durch eine gute Portion irisches Flair sowie einen ausgeprägten Ohrwurmfaktor. Dieser ist so clever arrangiert, dass er frisch und fröhlich mit ordentlich Druck über die Lautsprecher dröhnt und gleichzeitig wunderbar zum bekannten Stil der Szeneveteranen passt. Für die insgesamt sehr gute Produktion sorgt erneut Jörg Umbreit in seinen Principal Studios, im weit gefassten Folk-Genre eine inzwischen etablierte Insitution. Zurecht, wie auch der satte Sound von „Heyday“ beweist.

Nach einem kurzen Intro entspricht „The Freak Of Enniskillen“ dem Bild, das der Titel vor dem geistigen Auge nahelegt. Hier regiert der Punk, den man später in „Farewell“ und „Steady Flow“ wiederfindet oder von „Life Full Of Pain“ bereits kennt, noch hörbar mehr. Im letzten Drittel überrascht „The Freak Of Enniskillen“ mit einem kleinen und nicht zwangsläufig notwendigen „Oh oh oh“-Chorus. Denn auch ohne diesen gilt: Folk’s not dead! Auf der aktuellen Fiddlers-Platte geht es größtenteils modern und straight zu, meist melodisch und harmonisch noch dazu, so dass die gesamte CD am Stück wie aus einem Guss klingt. Die insgesamt 15 Stücke auf „Heyday“ beweisen, dass die Speedfolker sich nochmals weiterentwickelt und einen Blick in ihre eigene Diskografie geworfen haben. Weder zu viel Traditionelles, noch zu viel Folkiges oder zu viel Punkiges – die Mischung macht es. „Better You Say No“ ist beispielsweise eine launige Verschnaufpause über den wohl unangenehmsten Ratschlag an zukünftige Eheleute. Rein akustisch funktioniert dies auch mit Gitarre am Lagerfeuer, genau wie „Greens And Fellows“ aus vergangenen Tagen. Der Unterschied: „Better You Say No“ findet sich in dieser Ausgestaltung nur einmal in der Songauswahl von „Heyday“. Im bunten Folk-Potpourri gesellt es sich zum instrumentalen „The Congress Reel“ und die für Sänger Albi typische Ballade „Together As One“ über Zusammenhalt. Beides hat man in der Vergangenheit sicher schon etwas ausgefeilter und emotionaler gehört, im Falle von Albi mit „Down By The Hillside“ oder „Lost To The Moon“. Instrumental erreichen Fiddlers nicht den Level von beispielsweise „Tam Lin“. Der Fokus von „Heyday“ scheint indes woanders zu liegen.

Auf der Habenseite verbucht das Album feierlastige Nummern wie „Cheer Up“ oder „Slainte“, die sich bereits auf CD ungemein stimmig in ein entsprechendes Live-Korsett übertragen lassen und in denen wiederum Pat am Mikro seine großen Stärken beweist. Er rotzt und rockt, was einem gewissen rohen Charme entspricht und nach 12 Jahren ebenfalls eine feste Größe im Fiddlers-Sound darstellt. Neuere Komponenten in diesem Sound sind wiederum Cover-Versionen, denen die Musiker ihren eigenen Stempel aufdrücken: Skinny Listers „John Kanaka“ fand ähnlich wie „Boat On The River“ von Styx seinen Weg von der Bühne auf die Platte – in beiden Fällen zurecht. Im Vergleich zum szeneweit totgespielten „Dirty Old Town“ und vielen weiteren Traditionals sind irisch-angehauchte Versionen dieser Klassiker tatsächlich ein Novum und somit eine echte Bereicherung.

Im Titeltrack „Heyday“ besingen FIDDLER’S GREEN wiederum den Umstand, dass sie selbst noch nicht an ihrem Höhepunkt angekommen sind. Eine steile Prognose nach annähernd 30 Jahren Bandgeschichte. Aber alles andere als unmöglich. Das Album beweist, dass immer noch genügend Ideen in den Musikern schlummern, die in starken Kompositionen münden und das Repertoire in einigen Facetten erweitern. Die Zeiten von nur leicht aufgehübschten Traditionals scheinen erst einmal vorbei, dafür ist „Heyday“ zu modern und am Ende auch zu wenig irisch geprägt. Gleichzeitig sorgt die Platte durch die hervorragende Songauswahl und -reihenfolge für beste Laune und garantiert stimmungsgeladene Live-Shows. Ein mehr als nur vertretbarer Kompromiss auf Kosten der irischen Klassiker, die im 21. Jahrhundert noch oft genug in diversen Pubs ans Tageslicht gezerrt werden. „Heyday“ setzt auf (Live-)Killer anstatt Filler.

 

Wertung: 9 / 10

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