Review Fiddler’s Green – Winners & Boozers

Nachdem FIDDLER’S GREEN ihre „Wall Of Folk“ als Eckpfeiler in der hiesigen Szene etabliert haben, wird es nun Zeit, die dazugehörigen „Winners & Boozers“ zu küren. Dass diese musikalisch weitestgehend auf dem weniger brachialen Verwandten der Wall of Death beruhen, ist basierend auf dem Erfolg des Vorgängeralbums wenig überraschend. Dennoch beweisen die Fiddlers erneut, dass sie einerseits musikalisch angekommen und andererseits für gelungene Experimente in ihrem Genre gut sind.

Sind „A Night In Dublin“ und „A Bottle A Day“ noch im typischen Fiddler’s Green-Speedfolk der letzten Jahre gekleidet, so überrascht „Old Dun Cow“ mit einer wunderbar zeitgemäßen Interpretation des irischen Traditionals „McIntyre“. Schieden sich an der Notwendigkeit eines „Irish Rover“ oder „Dirty Old Town“ auf „Wall Of Folk“ noch die Geister, interpretieren die Südwestdeutschen die Vorlage hier sehr mutig neu und liefern unbedingte Live- und Partytauglichkeit obendrein. Im Anschluss wandeln die Speedfolker mit „We Don’t Care“ beinahe auf Billy-Talent-Pfaden. Auch dieser Ansatz steht den irischen Melodien gut zu Gesicht, besonders wenn die Tonfolgen wie in jenem Song von Geiger Tobi so virtuos mit Leben gefüllt werden.

Die Videoauskopplung „The More The Merrier“ lässt den irischen Party(punk)-Sound ebenso aufleben wie die beiden Albumopener. Oberflächlich betrachtet mag dies nichts zwingend Neues sein, doch im Gesamtkontext erweitern Albi, Tobi und Co. ihr Repertoire um qualitativ ebenbürtiges Material, welches dennoch eigenständig genug über die Lautsprecher dringt. Zusammen mit dem im wahrsten Sinne des Wortes liebenswürdigen „No More Pawn“ über den Bauern beim Schach bzw. onomatopoetisch Verwandtes sowie dem balkaninspirierten „Maria“ (welches nichts mit dem Subway-to-Sally-Klassiker zu tun hat) zählen all diese Lieder zu den großen Winners auf der aktuellen Veröffentlichung.

Die Boozers sind wiederum Füller wie „Song For The Living“ oder „Don’t Look Back“. Hier fehlen die Besonderheiten und Neuheiten beinahe gänzlich. „Raise Your Arms“ tritt wiederum unmittelbar in die Fußstapfen eines „Greens and Fellows“ und funktioniert eher im Live-Gewand als im Studio. Als etwas pop-rockige Ableger gehen diese sehr ähnlichen Lieder in Ordnung, nur eben nicht mehr. Manchmal darf auch mit einem Guinness in der Hand geschunkelt werden, ganz egal ob die Kameradschaft besungen wird oder die Hände zum Himmel zeigen. Zum Zu- und Hinhören laden wiederum auch „No Lullaby“ als kleine Bremse des enorm energiegeladenen ersten Drittels und „Into The Sunset Again“ ein. Mit „Buccaneer“, „Old Polina“ und dem instrumentalen „Blacksmith Reel“ wird es in Summe wieder etwas zu traditionell, wenngleich nicht ganz so redundant wie auf dem Vorgänger.

Mit viel Mut und neuen Grenzgängen übertrifft „Winners & Boozers“ „Wall Of Folk“ knapp – die Traditionals sind nicht zu traditionell und gerade die Erweiterung der Klangfarben um Balkan-Elemente sowie einen gewissen Verve modernisiert den Speedfolk auf sehr angenehme Art und Weise. Auch die aktuelle Veröffentlichung wird dazu beitragen, dass die alten Hasen nach all den Jahren endlich die Lorbeeren ernten können, die sie sich durch unermüdlichen Einsatz sowie immer neue Verquickungen von E-Gitarren-Riffs mit traditionellen Melodien verdient haben.

Wertung: 8.5 / 10

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