Frayle - Heretics and Lullabies Cover

Review Frayle – Heretics & Lullabies

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2025
  • Spielart: Doom Metal

FRAYLE, das ist die kunstvolle, bandeigene Schreibweise des englischen Wortes „frail“. „Zerbrechlich“, „vergänglich“ oder „zart“ kann es bedeuten, und alles davon trifft auf FRAYLE zu. Hinter der US-amerikanischen Band aus Cleveland, Ohio steckt das Duo aus Sängerin Gwyn Strang und Gitarrist Sean Bilovecky. Mit „Heretics & Lullabies“ wollen sie nun den Durchbruch aus dem Underground schaffen, vom Insidertipp zur großen Gothic-Doom-Nummer werden. Mit Napalm Records als neuem Partner scheint das durchaus machbar. Musikalisch zelebrieren FRAYLE atmosphärischen Doom Metal mit sanften Post-Metal- und Trip-Hop-Vibes. Erstmal jedoch fällt die optische Präsentation auf: Das tiefrote Coverartwork zeigt Gwyn mit dem typischen Kettenbehang im Gesicht und gotisch-mystischer Kleidung. Diese ausgefeilte Präsentation zieht sich auch durch die stylischen Musikvideos und die künstlerische Darbietung auf der Bühne. Doch was steckt hinter der Fassade?

Mit dem Opener „Walking Wounded“ versuchen FRAYLE ab den ersten Klängen, die Hörer mit einem tonnenschweren Riff in ihren hypnotischen Bann zu ziehen. Die tief gestimmten Gitarren treffen dabei auf zarten, fast schon geflüsterten Gesang. Gwyn agiert einnehmend und verführerisch, wie ein Geist, der die empfangsbereiten Seelen in sein Reich hinüberzerren will. Die Texte werden von ihr nicht gesungen, sie werden vielmehr wie Zaubersprüche auf die Hörer angewendet, denen man nur schwerlich widerstehen kann. Wie Seefahrer von einer Sirene werden Hörer mit offenem Geist von Gwyns lieblich-mystischen Beschwörungsformeln in eine tranceartige, fesselnde Geisterwelt gezogen. Wie sie bei ihrer persönlichen Glanzleistung in „Hymn For The Living“ zwischen bedrohlich und betörend wechselt, ist schlicht großartig.

Musikalisch erinnern FRAYLE in den Heavy-Doom-Momenten an die Urväter BLACK SABBATH, wirken in wabernden Post-Momenten wie eine entspanntere Version von CULT OF LUNA und lassen auch an die bezaubernd schwermütigen Momente von MYRKUR denken. Dazu kommen vereinzelt elektronische Elemente, die von Trip-Hop-Combos wie PORTISHEAD und MASSIVE ATTACK inspiriert wirken. Dass FRAYLE aus all diesen potenziellen Einflüssen etwas ganz Eigenes und Erfrischendes schaffen, ist ihnen hoch anzurechnen.

Für energetische Laune machen FRAYLE keine Musik – „Heretics & Lullabies“ ist wie die beiden Vorgängeralben eher zum Herunterkommen, zum Sich-Treibenlassen, zum Genießen gedacht. Während Gwyns Gesang so leise wie dominant über der Musik liegt, werden die Instrumente stets sparsam und unspektakulär eingesetzt. Hier kommt es vor allem auf die zum Schneiden dichte Atmosphäre an, da finden Spielereien keinen Platz. Wenn beim düsteren „Souvenirs Of Your Betrayal“ der lavaschwere Riff gemächlich durch den Song wabert oder beim Albumhöhepunkt „Heretic“ der Gitarren-Schlagzeug-Rhythmus betörend alle Sinne für sich einnimmt, zeigen FRAYLE in der Zurückhaltung ihre großen Stärken.

„Heretics & Lullabies“ mag auf den ersten Blick undynamisch wirken und wenig Abwechslung bieten – und wird auch nicht für alle zugänglich sein. Die große musikalische Vielfalt wollen FRAYLE hier aber auch gar nicht bieten. Hier ist nichts überflüssig oder fancy, jeder instrumentale Ton und jeder Gesangsmoment dient der Atmosphäre. FRAYLE sind kein optisch ansprechendes Blendwerk, sondern vermögen es, vom ersten bis zum letzten Ton zu hypnotisieren und zu umgarnen. „Heretics & Lullabies“ ist ein melancholisches Doom-Highlight, wunderschönes Ritual und mystisches Sinneserlebnis zugleich.

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Wertung: 9 / 10

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