Das Cover von "Polar Veil" von Hexvessel

Review Hexvessel – Polar Veil

Als der ehemalige Dødheimsgard- und Code-Sänger Kvohst alias Mathew Joseph McNerney mit „Downbearer“ 2011 das erste Album seines damals neuen Projektes HEXVESSEL vorstellte, sorgte das Album für Erstaunen: Statt (avantgardistischem) Black Metal gab es hier atmosphärischen Folk zu hören. Zwölf Jahre ist das her – zwölf Jahre, in denen sich HEXVESSEL immer weiter dem Psychedelic Rock zugewandt haben. Mit „Polar Vail“, ihrem nunmehr sechsten Album schlagen HEXVESSEL nun einen weiteren stilistischen Haken.

In der Dunkelheit des skandinavischen Winters in einer Hütte mitten im Wald geschrieben, klingt „Polar Veil“ tatsächlich genau so, wie man sich das unter diesen Rahmenbedingungen erwarten würde. Natürlich sind HEXVESSEL auch 2023 nicht Darkthrone, dafür sorgen schon die nach wie vor komplett cleanen Vocals von Kvohst, wie auch so manch zarter Sound. Würde man allerdings allein die Zerrgitarren aus den Songs extrahieren, ließe sich mitunter schwerlich sagen, ob hier ein HEXVESSEL- oder ein Taake-Album seziert wurden. Dies gilt insbesondere für den das Album abschließenden track „Homeward Polar Spirit“, der mit polternden Drums und dissonant sägenden Gitarren tatsächlich überhaupt nicht mehr nach HEXVESSEL, wie man sie bisher kannte, klingt – aber auch im Hintergrund von „Eternal Meadow“ ist streckenweise ein ganz schönes Black-Metal-Chaos zu hören.

Die Nähe zum Black Metal wird nicht nur musikalisch, sondern auch durch die Wahl der Gastmusiker deutlich: Mit Nameless Void von den US-Black-Metallern Negative Plane sowie Okoi, seines Zeichens Gitarrist und Sänger von Bølzer, sind zwei gesanglich durchaus brachial zu Werke gehende Männer zu hören. Dass beide – jeweils im Kontrast-Duett mit Kvohst – perfekt zu den jeweiligen Songs passen, sagt viel, wenn nicht alles, über „Polar Veil“.

Doch HEXVESSEL wären nicht (mehr) HEXVESSEL, wäre das Resultat so eindimensional, wie es hier bisher beschrieben wurde. Und so finden sich etwa im genannten „Eternal Meadow“ trotzdem eine liebliche Leadgitarre und folkige Cleangitarren, in „Ring“ ein rockiges Gitarrensolo oder in „Listen To The River“ ein sehr HEXVESSELesker Psychedelic-Part. Ob das Fans der bisherigen Alben reicht, über das Grundrauschen der Distortion-Gitarren und die Black-Metal-Schlagseite hinwegzuhören, muss sich jedoch erst noch zeigen.

Wer jedoch bereit ist, sich darauf einzulassen, dürfte bald feststellen: HEXVESSEL ist mit „Polar Veil“ ein großer Wurf gelungen – wenn auch in eine andere Richtung als erwartet. HEXVESSEL erfinden sich mit dem Album einerseits selbst neu (was hätte nach dem quasi perfekten „Kindred“ auch noch kommen sollen?) und präsentieren andererseits eine durch ihre ureigenen, folkig-psychedelischen Elemente geprägte Spielart des Black Metal, die selbst für Genre-erprobte Ohren ungewohnt und spannend klingt. Fazit: Hinter dem herrlich melancholischen Artwork steckt ein Album, das mit einem September-Release eigentlich fast noch zu früh im Jahr erscheint. In Winternächten erdacht, ist „Polar Veil“ für Winternächte gemacht.

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Wertung: 8.5 / 10

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