Review Hexvessel – When We Are Death

(Retro-Rock / Folk / Post-Punk) Es gibt Menschen, die einen daran zweifeln lassen, ob die Geschichten von Asterix und Obelix komplett erfunden sind: Vielleicht ein paar Überlieferungsfehler (dass dergleichen passieren kann, wurde ja zuletzt erst in „Der Papyrus des Cäsar“ zugegeben), ein Topf mit Zaubertrank, der unmenschliche Musikalität verleiht, einmal hineingefallen … ? Oder die Blätter, die Mirakulix seinerzeit den Briten brachte, waren doch nicht nur Tee? Fakt ist: Ganz ohne übernatürliche Kräfte ist die Kreativität, die Mat McNerney seit Jahren an den Tag legt, kaum zu erklären.

Kurz zusammengefasst liest sich die musikalische Vita des Briten wie folgt: Begründer der Avantgarde-Metaller Code, unter dem Pseudonym Khvost entscheidend an Dødheimsgards Meisterwerk „Supervillain Outcast“ beteiligt, Mitbegründer der Post-Punker Beastmilk, die mittlerweile als Grave Pleasures unter den Fittichen des Major-Labels Columbia Records Erfolge feiern – und nebenbei Kopf des finnischen Avantgarde-Rock-Projektes HEXVESSEL. Mit letzterem veröffentlicht McNerney dieser Tage sein drittes Album, „When We Are Death“ – und wer nach „Dream Crash“ (Grave Pleasures), „Climax“ (Beastmilk) und dem letzten HEXVESSEL-Meisterwerk „No Holier Temple“ noch befürchtet, dieses Album könnte enttäuschen, fürchtet auch, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Um den Leser an dieser Stelle nicht unnötig auf die Folter zu spannen: Beides tritt nicht ein. Wer jedoch ein „No Holier Temple II“ erwartet, wird zumindest kurz überrascht.

Los geht es mit „Transparent Eyeball“, das so viele Post-Punk-Elemente enthält, dass man sich kurzzeitig fragt, ob man nicht vielleicht doch aus Versehen „Dream Crash“ eingelegt hat – einzig das im direkten Vergleich etwas gedrosselte Tempo, einige sphärische Einwürfe sowie der warme Retro-Sound, der den Hörer von der ersten Minute an umschließt, verweisen direkt auf HEXVESSEL. Über „Earth Over Us“, zu gleichen Teilen Post-Punk und 60s-Rock und „Cosmic Truth“, das ebensogut aus der Feder der deutschen Berufsmelancholiker Element Of Crime stammen könnte („Die letzte U-Bahn geht später“) und „When I’m Dead“ (mit viel Hammond-Orgel und klaren Doors-Reminiszenzen) nähern sich HEXVESSEL dann schrittweise ihrem alten Ich. Dort angekommen, begeistert die finnische Band schließlich restlos: Streicher, Clean-Gitarren, Percussions und ein entrücktes Trompetensolo auf der einen, Mc Nerneys geheimnisvolle Stimme auf der anderen Seite vereinen sich in „Mirror Boy“ zu einem Gesamtkunstwerk, das man mit dem Ohr erfasst, aber mit dem Herzen spürt. Andere Bands wären, hätten sie einen solchen Song geschrieben, wohl zur One-Hit-Wonder-Karriere verdammt. HEXVESSEL hingegen schieben ein paar (wieder etwas rockigere und nicht minder erwähnenswerte) Songs später mit dem verträumten „Green Gold“ einfach noch einen weiteren Ausnahmesong hinterher. Dekadent? Vielleicht – oder schlicht genial. Vielleicht doch der Tee?

Mit „When We Are Death“ stellen HEXVESSEL einmal mehr ihre außergewöhnlichen Qualitäten unter Beweis – wenn auch wieder in anderer Form als auf den letzten beiden Alben. Von seinem Schaffen bei Grave Pleasures und Beastmilk unüberhörbar beeinflusst, gelingt es McNerney, HEXVESSEL endgültig aus der Ecke verschrobener Akustik-Musik herauszuholen: Post-Punk, Akustik- und Retro-Rock verschmelzen auf „When We Are Death“ zu etwas gänzlich Neuem, das sich trotzdem zu jeder Zeit unverkennbar als HEXVESSEL identifizieren lässt. Oder zumindest als Werk aus der Feder eines gewissen Mat McNerney … wen kümmern da schon Bandnamen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert