Review Impavida – Antipode

  • Label: Ván
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Die meisten Underground-Debüts vergisst man früher oder später – egal, wie gut sie gewesen sein mögen. Weil man die Band aus den Augen verliert, weil so viele andere Bands nachrücken, weil man am Ende eben doch bei den Klassikern hängenbleibt. Aber es gibt sie, diese Alben, die man auch Jahre später nicht vergessen hat, obwohl nichts mehr nachkam. „Eerie Sceneries“ des Black-Metal-Projekts IMPAVIDA ist für mich ein solches Werk: Atmosphärisch extrem dicht, düster und, nun ja, eerie wie kaum ein anderes Album, hat es sich in mein Gedächtnis gebrannt – selbst, wenn es seitdem (warum eigentlich?) kaum noch im CD-Player gelandet ist.

Völlig unerwartet erscheint nun, elf Jahre später, erneut über Ván Records ein zweites IMPAVIDA-Album: „Antipode“. Schlagzeuger Herbst (Lantlôs) ist unterdessen ausgestiegen, ein Sänger (mit dem etwas sperrigen Pseudonym He, Who Walketh The Void) dazugekommen. Ansonsten hat sich bei IMPAVIDA wenig gewandeltzum Glück. Das lässt so bereits das wiederum in Schwarz und Silber gehaltene, schlichte und doch stimmungsvolle Artwork erahnen. Und das bestätigt so auch die Musik.

Vier Songs finden sich auf „Antipode“, das sich damit recht klar zwei Hälften (oder im Vinyl-Jargon: Seiten) teilen lässt: Auf je einen 15-Minüter folgt je ein nur dreiminütiges Stück. Spannend sind alle vier, vor allem in ihrem Zusammenspiel. Wie nicht anders zu erwarten, führt IMPAVIDA-Mastermind God Kills Himself den Hörer auch diesmal durch so dissonante wie faszinierende Klangwelten. Hat man sich erst an den fast konturlosen, verwaschenen Zerrgitarrensound gewöhnt, fließt „Antipode“ dahin wie ein dreckiger, reißender Strom, aus dessen Fluten immer wieder unerwartet etwas auftaucht, das kurz unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ehe es wieder verschlungen und davongespült wird: Mal dringt ein Schrei zu uns durch, mal erkennt man einen schrägen Synthie („Demon’s Eerie Flutes …“), eine verlorene Cleangitarre. Doch vornehmlich wütet auf „Antipode“ düsterer, eisiger Black Metal.

Damit reihen sich IMPAVIDA direkt in jene Riege an Bands ein, die es sich in der Nische zwischen Black Metal und Noise bequem gemacht haben: Die schwedischen Terra Tenebrosa, an die vor allem „Corpse Devourer“ denken lässt, sind hier ebenso zu nennen wie Essenz aus Berlin.

„Angenehmer“ wird es in den gebotenen 40 Minuten auch nicht mehr: Ein musikalisches Happy End, eine Auflösung der Dissonanzen braucht von IMPAVIDA auch 2019 niemand zu erwarten. Dass „Antipode“ mit „Towards The Pyre“ vornehmlich in verhallten und delaybeladenen Cleangitarren dem Ende entgegenwabert, wirkt nur auf den ersten Blick versöhnlich oder gar beruhigend: Selbst hier halten IMPAVIDA die beklemmende Atmosphäre aufrecht, die „Antipode“, wie schon „Eerie Sceneries“, auszeichnet.

So gelingt IMPAVIDA mit ihrem völlig aus dem Nichts aufgetauchten Album „Antipode“ direkt noch eine zweite, musikalische Überraschung. Denn mag auch eine Dekade verstrichen und aus einem Duo ein anderes geworden sein – IMPAVIDA klingen auch 2019 noch zu 100 Prozent nach IMPAVIDA: Atmosphärisch extrem dicht, düster und, nun ja, eerie eben. Damit ist „Antipode“ ohne Zweifel das Comeback-Album des Jahres – zumindest im Black-Metal-Sektor.

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Wertung: 9 / 10

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