Review In Flames – Clayman

Kaum eine Band im (Death) Metal lässt die Gefühle so hochkochen wie IN FLAMES: Die einen verehren die ersten vier Alben und halten alles danach für verwässerte Kost, die anderen wissen zu schätzen, was IN FLAMES in ihrer mittleren Schaffensphase aus dem Genre Melodic Death Metal gemacht haben und dann soll es ja auch noch Leute geben, die mit dem Alternative Rock der letzten Jahre warm werden. Auf eines können sich aber wohl alle einigen: Mit „Clayman“ haben IN FLAMES Musikgeschichte geschrieben.

Was mit „Bullet Ride“ beginnt, ist tatsächlich nichts anderes als ein furioser 47-Minuten-Ritt auf einer Kugel. Voller Energie und Elan begeistern IN FLAMES hier Song um Song erneut mit unsterblichen Melodieführungen, kraftvollen Riffs, effektvoll eingesetzten Breaks und einer rundweg stimmigen Atmosphäre, die nicht zuletzt aus dem gelungenen Sound resultiert: Im Vergleich zum Vorgänger „Colony“ klingt „Clayman“ mit seinen bissigen Zerr- und leicht blechernen Cleangitarren um Welten druckvoller, ohne jedoch die unzähligen Details wie die eingestreuten elektronischen Effekte zu verschlucken.

Wer die Quintessenz des Melodic Death Metal veranschaulicht haben möchte, ist mit diesem Album und einem Song wie „Pinball Map“ deswegen gut beraten: Die Kombination aus hartem Riffing und eingängigem, melodischem Refrain, die IN FLAMES hier zelebrieren, ist bringt in wenigen Minuten ein ganzes Genre auf den Punkt. Und da hat man das darauffolgende „Only For The Weak“ noch gar nicht gehört: Stampfender Rhythmus, catchy Leadgitarren, ein Refrain, der regelrecht zum Mitsingen zwingt – und dann dieser Break mitsamt der Rückung, die ihre Wirkung wahrlich nicht verfehlt. Kraftvoller hat man IN FLAMES vorher wie später selten gehört.

Auch Anders Fridén liefert auf „Clayman“ vielleicht die Leistung seines Lebens: Das Spektrum reicht von fiesen Screams („… As The Future Repeats Today“) bis zu Spoken-Word-Parts, die tonal sicher nicht astrein, aber dafür authentisch emotional klingen (heute ist es umgekehrt), sodass „Clayman“ auch mit gesanglicher Vielfalt begeistert, ohne aber den Death Metal aus dem Fokus zu verlieren. Das gilt für die Musik nicht minder: Zwar streuen IN FLAMES immer wieder ruhige Passagen wie die Cleanparts in „Square Nothing“ oder „Satelllites And Astronauts“ ein – diese bleiben aber Abstecher vom ansonsten verfolgten Pfad des rifforientierten Metals und erhöhen so den Abwechslungsreichtum des Albums, ohne es nennenswert zu „verweichlichen“.

Rückblickend betrachtet war „Clayman“ ein Anfang und ein Ende. IN FLAMES haben mit diesem Album ihre Phase des reinen Melodic Death Metal gekrönt, aber auch abgeschlossen, während sich zugleich (zumindest aus heutiger Sicht) bereits die Tendenz zu noch mehr Melodik und Elektronik zeigt, die auf dem viel moderner klingenden „Reroute To Remain“ nur zwei Jahre später deutlich zu Tage getreten ist. So vereint „Clayman“ als einziges Album der Schweden in nahezu perfekter Art und Weise das Beste beider Welten und ist auch 20 Jahre nach seinem Erscheinen ein Klassiker des Genres, der in keinem Haushalt fehlen sollte.

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Wertung: 9 / 10

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