Review Katatonia – The Great Cold Distance

Die Optik und der Albumname deuten es an, was einen bei KATATONIA und ihrem Neuling „The Great Cold Distance“ (natürlich wieder) erwarten darf. Und so beginnt mit „Leaders“ eine mehr als 50-minütige akustische Reise durch Schmerz, Depression und Trostlosigkeit. Das alles stecken die Schweden in ein überaus düsteres und schwerfälliges Gewand. Dazu kommt die melancholische Stimme von Jonas Renske, die sich wie ein weiterer Mantel der Trauer über das gesamte Material legt. Mit seinem recht monoton gehaltenem Gesang drückt er so glaubwürdig schmerzende Gefühle aus, dass man selbst direkt mitleidet. Ebenso tonnenschwer und sehr rockig ist etwa „Consternation“ ausgefallen, das dazu noch mit einem wahnsinnig intensiven Refrain daherkommt und sich, ob man will oder nicht, ganz tief einprägt. Noch „schlimmer“ ist in dem Punkt „In The White“, der elegische Gesang und die fesselnden Riffs brennen sich fast schon beängstigend aggressiv ein.

Im Vergleich zu solchen Trauerklösen ist das vorab als Single veröffentlichte und auch mit einem Videoclip ausgestattete „My Twin“ schon beinahe fröhlich ausgefallen. Vergleichsweise halt nur, es ist natürlich trotzdem eine traurige Nummer. „My Twin“ oder auch „Deliberation“ stellen neben den komplexen und doch recht sperrigen Nummern aber einen Teil der anderen (kleineren) Hälfte der Tracks des Albums dar, nämlich solche, die eher leichte Kost sind und angenehm ins Ohr gehen und auf und die auf ruhigere Arrangements und teilweise auch akustische Gitarren setzen. „Increase“ etwa bietet ebenfalls eine träumerische und herrliche Harmonie.

Der Sound ist dazu noch nahezu perfekt für die Musik. Das Schlagzeug ist im Hintergrund treibend und drückend, die Gitarren und der Bass spielen eine gewichtige Rolle und stehen im Vordergrund, vor allem der Bass spielt hin und wieder mal eine Hauptrolle. Die Rhyhtmussektion hat unter anderem beim extrem schwerfälligem und dunklem „Follower“ und dem darauf folgenden „Rusted“ einen großen Auftritt, was die Lieder zu zwei meiner Highlights hier macht. Für abwechselnde Elemente sorgen KATATONIA auch, so bauen sie bei „Consternation“ ekeltrisch verzerrte Vocals in die Strophen ein oder packen beim abschließenden „Journey Through Pressure“ die Doom-Keule aus und dröhnen schwerfällig wie Lava aus den Boxen. Dabei singt Jonas auch noch sehr zerbrechlich und zart, so dass es wunderbar zu diesem Track passt, in dem mehr oder weniger so gut wie gar nichts passiert. Tief im Sound versteckt und in den Hintergrund gemischt entdeckt man zum Beispiel bei „Leaders“ oder „Rusted“ an diversen Stellen sogar noch fiese und langgezogene Growls und Screams.

Und das macht teilweise den Reiz von „The Great Cold Distance“ aus. Stellenweise passiert überhaupt nichts, dann wieder arbeiten alle Instrumente zusammen und bilden ein komplexes und sperriges Soundgewand, das erst mal erforscht und durchdrungen werden will und das im Hintergrund noch die ein oder andere Überraschung bereit hält. Einerseits ist das Album knapp und direkt in seiner Ausdrucksweise, auf der anderen Seite bietet es dafür wieder einiges an Abwechslung innerhalb der Songs. „The Great Cold Distance“ kann man sowohl nebenher laufen lassen, aber genau so gut unter dem Kopfhörer in eine melancholische Welt versinken und sich ganz der Musik hingeben. Die Lieder wachsen außerdem noch nach mehreren Hördurchgängen und nehmen den Hörer einfach gefangen und lassen ihn nicht mehr los. Damit hat die siebte abendfüllende Studioveröffentlichung von KATATONIA noch mal einige Pluspunkte gesammelt. Man kann sich das Album einfach fast immer anhören, was nicht zuletzt an der faszinierenden und angenehmen Stimme von Jonas liegt, die einen noch zusätzlich in seinen Bann zieht. Jonas selbst hat „The Great Cold Distance“ in knappen und treffenden Worten zusammengefasst: „It’s a devious life. And this is a soundtrack to it.“

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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