Review Nails – Abandon All Life

Bevor wir uns dem Review von „Abandon All Life“ zuwenden, zunächst einige kurze Fakten zum Album. Erstens: Die durchschnittliche Songlänge beträgt 102 Sekunden. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, auf traditionellen Grindcore-Alben ist derartiges auch heute noch Standard, allerdings besteht „Abandon All Life“ nur aus zehn Titeln. Wie der findige Mathematiker bereits überschlagen hat, hat das Album damit aber nur etwa 17 Minuten Spielzeit. Das wäre ja nicht tragisch, die Band behandelt die Scheibe allerdings nicht als EP oder sogar Single, sondern als vollwertige LP, vollwertiger Preis natürlich inbegriffen. Diese 17 Minuten müssen es also verdammt in sich haben, wenn NAILS irgendwen zum Kauf von „Abandon All Life“ bewegen wollen…

Ein erstes gutes Zeichen ist, dass die Band mit diesem Album offenbar Nuclear Blast so beeindruckt hat, dass das Label die Truppe nach dem Release für kommende Veröffentlichungen unter Vertrag nahm. Gut, das ist zwar keine Garantie für Qualität sondern nur für Vermarktbarkeit, aber irgendwie geht am Ende dann ja doch beides zumindest manchmal Hand in Hand. Man könnte den Sound von NAILS in unterschiedliche Einflüsse wie Technical Death Metal, Grindcore, Crust und Hardcore Punk aufdröseln, am Ende läuft es aber doch nur darauf hinaus, dass die Band mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, so viel Aggressivität und Brutalität zu erzeugen, wie irgendwie möglich. „Abandon All Life“ scheint im Grunde dazu geschaffen worden, an den Grenzen der extremen Musik zu rütteln.

Was auf dem Album passiert, ist schnell zusammengefasst: NAILS steigern sich in Brüll-Eskapaden, die, immer wenn man denkt, sie hätten ihr Limit erreicht, noch einen drauf setzen. Den Höhepunkt der Brutalität findet man im vorletzen Titel „Cry Wolf“. Die vielen kurzen Songs sind um die mit drei und fünf Minuten „überlangen“ Titel „Wide Open Wound“ und „Suum Cuique“ verteilt, die minimal langsamere Groove-Monster darstellen. Hier werden NAILS stellenweise wesentlich technischer, sind sie doch auf dem Rest des Albums eher daran interessiert, den Begriff „Blastbeat“ neu zu definieren. Alles ist aber von nicht abstreitbarer Qualität. Besonders der Schlagzeuger stellt sich als „Genie mit Stahlmuskeln“ heraus, aber auch die Männer an Gitarre und Bass lassen den Hörer immer mal wieder im Geiste beeindruckt applaudieren.

Nach diesen überaus intensiven 17 Minuten hat der Hörer dann entweder heftige Kopfschmerzen oder fängt gleich nochmal von vorne an – und zwar solange, bis er welche hat. Denn „Abandon All Life“ macht definitiv süchtig! Wie viel man allerdings bereit ist, für ein derart kurzes Album zu zahlen, muss jeder für sich entscheiden, jedenfalls fließt der Umfang hier nicht in die Wertung mit ein. Denn irgendwie wertet die Kürze die Musik gefühlsmäßig doch qualitativ auf. Einen Fehler haben Nuclear Blast jedenfalls nicht gemacht, als sie die Jungs von NAILS an Bord geholt haben.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Tobias Schultz

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