Interview mit Sebastian Ramstedt von Necrophobic

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Im Februar veröffentlichten NECROPHOBIC mit „Mark of the Necrogram“ nach fünf Jahren Arbeit ein starkes achtes Album. In dieser Zeit ist in der Band viel geschehen. Vor allem Besetzungswechsel prägten die Zeit seit dem Vorgänger „Womb Of Lilithu“. Der prominenteste darunter: Tobias Sidegård, der aufgrund seiner Verurteilung wegen häuslicher Gewalt die Band verlassen musste und durch Anders Strokirk ersetzt wurde. Strokirk war bereits zwischen 1992 und 1994 Sänger der Band und ist auf deren Debüt „The Nocturnal Silence“ zu hören. Wir sprachen mit Gitarrist Sebastian Ramstedt über die Besetzungswechsel und natürlich ihr aktuelles Album.

Ihr habt beim letzten 70000 Tons Of Metal gespielt. Konntet ihr dort tatsächlich einen anständigen Black Metal Gig spielen, während alle um euch herum in „Urlaubsstimmung“ waren?
Ja! Es war eine verrückte Reise. Ich weiß nichts über Urlaubsstimmung. Ich denke, es war eher ein Festival-Feeling während der ganzen Veranstaltung. Black Metal Auftritte sind sowieso paradox. Ich meine, die Musik ist nicht für Unterhaltungszwecke gemacht. Aber Live-Auftritte sind es mehr oder weniger. Die Leute gehen meistens zu Auftritten, um sich zu betrinken, zu headbangen und flachgelegt zu werden. Der kleine Prozentsatz, der eher aus rituellen Gründen dorthin geht, würde keinen Konzertsaal oder gar einen Club füllen. Als Künstler muss man sich also entscheiden, ob man für den Job bereit ist oder nicht. Nun, Darkthrone sind es nicht, während Dimmu Borgir es sicher sind. Ich schätze, wir sind irgendwo dazwischen.

Nach 20 Jahren ist euer ursprünglicher Sänger Anders Strokirk wieder zur Band zurückgekehrt. War das die naheliegende Entscheidung, nachdem Tobias die Band verlassen hatte? Oder habt ihr auch an andere Sänger gedacht?
Natürlich blickt man auf die ursprünglichen Mitglieder zurück, wenn so etwas passiert. Ich ziehe es vor, jemanden in der Band zu haben, der eine Vorgeschichte mit ihr hat. Und Sängerwechsel sind eine große Sache. Tobias‘ Stimme war wichtig für NECROPHOBIC. Aber in all den Jahren, in denen ich in der Band war, haben die Leute „Nocturnal Silence“ immer als eines der großartigsten Alben (oder das großartigste) erwähnt, die wir gemacht haben, und nicht eine Person hat uns negative Kritik an Anders‘ Gesangsarbeit dort gegeben. Es war also eine sehr naheliegende Entscheidung, ihn zuerst zu fragen, bevor man nach einem neuen Mann sucht.

Was hat sich geändert, seit Anders zur Band zurückgekehrt ist?
Wie immer, wenn man Mitglieder zu einer Gruppe addiert oder subtrahiert, ändern sich die Chemie und die Dynamik. Anders ist eine sehr unkomplizierte Person mit der man arbeiten kann. Er bemüht sich um das Beste für die Band und kämpft nicht nur für die Umsetzung seiner eigenen Ideen. Er ist ein großartiger Performer und ich denke, die Qualität seines Auftretens und seiner Stimme ist sehr konstant auf einem hohen Niveau. In der Vergangenheit konnte die Band stark oder weniger stark sein, abhängig von der Verfassung der Mitglieder in der Band. Ich war nicht immer glücklich über unsere Shows in der Vergangenheit. Aber jetzt bin ich es. Mit Anders an der Spitze konzentrieren wir uns darauf, dieses Schlachtschiff mit voller Kraft voranzubringen.

Was hat er in der Zwischenzeit gemacht, vor allem im Hinblick auf die musikalische Tätigkeit?
Er war sehr aktiv im Musikgeschäft. Er hatte seine Hauptband Blackshine, die etwas Erfolg hatte. Sogar als Opener für Bruce Dickinson gingen sie damals auf Tour. Dann machte er einige Platten mit Mykkoriza.

Du und Johan seid auch gegangen und später wieder in die Band eingetreten – wie kam es dazu?
Wir sind 2011 gegangen, denke ich, als wir am Nachfolger von „Death to All“ gearbeitet haben. Die Spannungen in der Band waren stark und wir kommunizierten nicht gut. Ich glaube wirklich, dass wir alle eine Pause brauchten. Wie auch immer, Johan und ich haben gesagt, wir sollten uns ein Jahr frei nehmen, um die Dinge abkühlen zu lassen. Die anderen Mitglieder entschieden sich, mit neuen Gitarristen weiterzumachen. Es war wirklich nicht die gleiche Band. Im Herbst 2016 entschied Joakim, dass etwas getan werden muss, um den wahren Geist von NECROPHOBIC zurückzubringen. Zur gleichen Zeit hatten ich und Johan über die alten Tage gesprochen und dass es cool wäre, wieder zur Band zurückzukehren. Als Joakim uns anrief, war es ein klares „JA!

Was ist mit Joakim? Denkt er manchmal darüber nach, sich in den nächsten Jahren zurückzuziehen?
Joakim war das einzige Mitglied, das die ganze NECROPHOBIC-Karriere überdauert hat. Ich glaube nicht, dass er jemals aufhören wird. Er ist die Art von Person, die Ziele setzt und nie den Posten verlässt oder den Fokus verliert. Ich bewundere ihn dafür. Es gab viele Male in dieser Band, bei denen ich fast aufgegeben hätte, aber Joakim hat nie die Worte “ Ich höre auf “ geäußert. Es ist seine Vision, die diese Band zu dem macht, was sie ist. Ich weiß, dass er seine Aufgaben heute genauso genießt wie schon 1989. Er sollte eine goldene Uhr oder so etwas dafür bekommen, haha!

Wie kommst du eigentlich als Musiker voran? Was kann dich heutzutage noch inspirieren, voranzukommen? Worauf freust du dich noch?
Ich liebe es zu lernen, wie man die Gitarre meistert. Ich stehe jeden Morgen um 04.30 Uhr auf (das ist wahr), um zu üben oder zu schreiben. Dann habe ich ein paar Stunden in der Abgeschiedenheit, bevor die Welt erwacht. Es ist wie ein Spiel ohne Ende. Ich muss die ganze Zeit leveln. Ich spiele nicht Gitarre, um meine Musik zu spielen oder an die Massen zu bringen. Das ist ein Bi-Effekt. Ich muss erschaffen, um zu leben. Es liegt mir im Blut. Ich lasse mich von allerlei Musik inspirieren. Im Moment arbeite ich daran, ein paar Van-Halen-Sachen zu meistern. Auch wenn es nicht meine Lieblingsmusik ist, hilft es mir, meine Fähigkeiten zu verbessern, um Necrophobic-Songs besser zu spielen. Es gibt kein Ziel. Ich hoffe, dass ich eines Tages mit dem, was ich auf der Gitarre kann, zufrieden sein werde, aber im Moment bin ich nicht annähernd so weit.

Ihr habt kürzlich euer neues Album „Mark Of The Necrogram“ veröffentlicht. Wie siehst du euer neues Album im Vergleich zu den vergangenen?
Für mich ist es das beste Album, das wir je gemacht haben. Es gibt keine Stellen, die ich anders gemacht hätte. Ich denke, es repräsentiert perfekt, was NECROPHOBIC ist und wie es klingen sollte. Vergangene Alben hatten viele tolle Ideen und Songs, aber ich habe das Gefühl, dass die letzten Teile letztlich überstürzt oder erschöpft zusammengefügt wurden. Dieses Album hat mehr Power. Und es verliert sie nie. Wir sind jetzt viel stärker und entschlossener als damals, als wir noch jünger waren. Es ist, als würde man lernen, wie man den Mist loswird und sich auf das Wesentliche konzentriert.

Wie lange habt ihr am Material des neuen Albums gearbeitet?
Ich habe 2010 drei der Songs geschrieben, direkt nach „Death to All“. Diese wurden beiseite gelegt, als ich die Band verließ. Dann wurden alle anderen Songs in ein paar Monaten im Sommer und Herbst 2017 geschrieben. Es war intensive Arbeit. Wie ich schon sagte, jeden Morgen aufstehen, um zu schreiben. Im Vergleich zu den vorherigen Alben haben wir also viel mehr Stunden in dieses Album investiert, aber in einem kürzeren Zeitraum.

Das Albumcover stammt wieder von Kristian Wåhlin (Necrolord), der der Rockstar unter den Covermalern zu sein scheint. Warum habt ihr euch für ihn entschieden?
Das war eine Idee, die ich kurz nach der Veröffentlichung von „Darkside“ hatte. Ich habe das Cover immer geliebt. So wie Iron Maiden in den 80ern Cover hatte, die Eddie von einer Umgebung zur anderen führten, wollte ich sehen, was jenseits der blauen Kircheninsel lag. Es gibt einen roten Bereich in der Mitte des Covers und wir haben Kristian gebeten, diesen im Detail zu malen. Diese Idee war perfekt für das Album, denn es ist auch eine Wiedervereinigung vergangener Mitglieder und vergangener Tage. Er war total begeistert und das Ergebnis ist einfach umwerfend.

Eure Texte wurden immer vom Satanismus inspiriert. Wie begegnet ihr Leuten, die sagen, dass diese Texte abgedroschen sind?
Ist mir egal. Wir machen nichts Neues. Wir machen Old-School-Kram. Der Text sollte das dunkelste Innere widerspiegeln und auch zur Musik passen. Wenn die Leute damit ein Problem haben, dann kaufen sie die falschen Platten. Ich bin sicher, dass es andere Bands gibt, die etwas machen, wofür sie lieber bezahlen würden (oder sich ihre kostbare Zeit zum Herunterladen nehmen).

Wessen Idee war es, eure erste Demo „Slow Asphyxiation“ neu aufzunehmen und auf die „Pesta“ EP zu bringen?
Das war auch eine alte Idee von mir. Ich denke, es ist ein brillanter Song. Es ist eine Schande, dass er nur auf dem ersten Demo ist. Ich wollte ihn zurück ins Licht bringen. Die „Pesta“ EP war eine perfekte Veröffentlichung, um das älteste und das neueste Material, das wir hatten, zusammenzustellen.

Ich möchte das Interview mit unserem traditionellen Metal1.info Brainstorming beenden! Was fällt dir zuerst ein, wenn du die folgenden Worte hörst?
Mainstream: Langweilig.
Kaffee: Essenz des Lebens.
Party.San Festival: Jarne und das beste Festival der Welt.
Laute Musik: Wenn sie zu laut ist, bist du zu alt.
Dissection: Götter!

Publiziert am von Simon Bodesheim

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