Necrophobic - Hrimthursum

Review Necrophobic – Hrimthursum

  • Label: Regain
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Black Metal

Der ganz große Erfolg war ihnen nie vergönnt – und doch verkörpern NECROPHOBIC den „Swedish Black Metal“ so eindrucksvoll wie kaum eine andere (aktive) Band: 1989 in Stockholm gegründet, konnten sich Bandgründer Joakim Sterner und seine Mitstreiter bereits mit ihrer ersten EP „The Call“ sowie dem Debüt „The Nocturnal Silence“ einen Namen machen, dem sie seitdem mit jedem einzelnen Release gerecht wurden: Ausfälle sucht man in der Diskografie von NECROPHOBIC nach wie vor vergeblich.

Auch das nun neu aufgelegte 2006er-Album mit dem kryptischen und nicht eben eingängigen Titel „Hrimthursum“ ist hier keine Ausnahme – und das, obwohl NECROPHOBIC auf ihrem fünften Studioalbum einiges anders gemacht haben als noch auf dem vier Jahre zuvor erschienenen Vorgänger „Bloodhymns“. Das fängt beim Cover an, das nach mehreren eher uninspirierten Blut- und Feuerbildern mit einem Werk von Tyrant (Nifelheim) wieder eher an „Darkside“ anknüpft, dabei aber deutlich moderner wirkt als das damals verwendete Gemälde von Necrolord.

Das passt insofern gut zu „Hrimthursum“, als auch der Sound des Albums im besten Sinne „moderner“ klingt als noch auf dem rückblickend betrachtet ziemlich rumpeligen „Bloodhymns“: Erstmalig in einem anderen Studio (House Of VooDoo, früher Sunlight Studio) aufgenommen und von Fredrik Folkare (Unleashed) abgemischt, klingt „Hrimthursum“ nicht nur fetter als alle bisherigen Produktionen der Band, sondern richtiggehend bombastisch. Allerdings mit Maß: Bei allem Druck klingt „Hrimthursum“ zugleich angemessen bissig und differenziert.

Das ist insofern entscheidend, als sich NECROPHOBIC auch kompositorisch merklich weiterentwickelt haben: Prägend für „Hrimthursum“ ist, wie von NECROPHOBIC gewohnt, das thrashige Riffing im Wechselspiel mit packenden Leadgitarren. Doch die Schweden treiben jenen typischen, mitreißenden Mix aus treibender Härte und bemerkenswert feinfühliger Melodik weiter als je zuvor: Konnte man „Bloodhymns“ von einigen kurzen, melodischen Zwischenparts noch eine gewisse Gleichförmigkeit unterstellen, ist „Hrimthursum“ ein knapp 60-minütiger Ritt durch alle Elemente, die Black Metal spannend machen: Schon die Songs für sich genommen sind meisterhaft arrangiert und bieten mehr Abwechslungsreichtum denn je – aber auch auf das ganze Album betrachtet gehen NECROPHOBIC extrem vielsitig zu Werke: Infernalische Uptempo-Rasereien („I Strike With Wrath“) wechseln mit groovigem Midtempo („Age Of Chaos“, „Sitra Ahra“). Fieses Gekeiffe wird durch choralen Cleangesang von Sandra Caménisch („Age Of Chaos“, „Hrimthursum“), aber auch Tobias Sidegård selbst („Bloodshed Eyes“) aufgelockert. Und kein Song muss ohne Leadgitarren und/oder Soli auskommen, wie man sie auf diesem Niveau allenfalls noch von Dissection („Storm Of The Lights Bane“) oder Naglfar („Pariah“) her kennt.

Mit „Hrimthursum“ haben sich NECROPHOBIC nicht nur weiterentwickelt, sondern den entscheidenden Schritt in ihrer Karriere getan. Während die Schweden auf dem Album all ihre Trademarks beibehalten und sogar qualitativ verbessern, erweitern sie ihren Sound um eine Vielzahl an Elementen, die NECROPHOBIC nicht nur gut zu Gesicht stehen, sondern sie aus der Masse hervorheben: Eine so gelungene Mixtur aus Aggressivität und Melodik muss man selbst im genau dafür bekannten schwedischen Black Metal lange suchen. Lange suchen muss man im Übrigen derzeit auch den Tonträger: Wie bei so vielen Releases (längst nicht nur von NECROPHOBIC) ist das ehemals so bedeutende Label Regain Records auch bei diesem Meisterwerk seiner moralischen Pflicht, die Musik verfügbar zu halten, seit der Zweitauflage 2008 nicht nachgekommen.

Wertung: 9 / 10

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3 Kommentare zu “Necrophobic – Hrimthursum

  1. Absolut ehrwürdiges Review mit einer passenden Punktzahl. Ich bin froh, dass die Produktion hier so gut inszeniert ist. Abgesehen vom Debüt, fand ich den Sunlight Produktionen immer etwas zum Nörgeln (kann deshalb die remasterten Versionen von Hammerheart im Digi empfehlen – gerade das extrem dünne „Darkside“ klingt darauf richtig super).
    Neben den alten DISSECTION Klassikern waren NEROPHOBIC schon immer für mich DIE Nummer 1 im schwedischen Extrem-Düster Metal und mit Ramstedt/Bergebäck besitzt man eine extrem starke Gitarrenfront.
    Ich finde, dass NECROPHOBIC auf „Hrimthursum“ streckenweise etwas sperriger klingen als sonst…und auch episch-bombastischer. Ich würde es daher einem Neuling nicht unbedingt als 1. Wahl empfehlen (da wären „The Third Antichrist“, „Death To All“ und die letzten beiden Kracher eher zu empfehlen).
    Abgesehen von „Womb Of Lilithu“ hat jedes Album von NECROPHOBIC, mit mal mehr und weniger kleinen Abstrichen, Höchstpunktzahlen verdient.

  2. Das Nachkommen der „Neuauflagepflicht“ ist mittlerweile ein großes Problem, auch bei großen Bands. Wenn ich Mal den Backkatalog von Moonsorrow anschaue…letztes Album gibt’s regulär kaum zu finden und nachdem ich die Whisp-EP von Soilwork jetzt auch auf meiner Rechnung habe, merke ich, dass selbst das Ding auf CD kaum aufzutreiben ist.
    Die Zeiten sind relativ schlecht für physische Tonträger, gerade bei solchen Bands bzw. Labels, die größer sind, ohne zu den ganz Großen zu gehören.
    Schade für Leute, die jetzt wieder mehr Tonträger kaufen, weil ihnen Spotify und Co auf den Keks geht. Durch die Beliebigkeit der Vielfalt höre ich fast keine Platte mehr richtig. Das ändert sich schlagartig, wenn ich wieder ein Album in den Player lege und im Beiblatt lese…

    Zu Necrophobic: hab ich öfter versucht jnd grundsätzlich mag ich die Band, aber mir bleibt auf Dauer zu wenig hängen. Da glaube ich oft, dass 40 Minuten gut ausreichen würden, 60 Minuten Albumlänge ist mir da oft zu viel des Guten.

    1. Leider wahr, musste erst der Tage feststellen, dass man von AMENRA schon das vorletzte Album nicht mehr bekommt, und auch andere Releases scheinen mir davon vermehrt betroffen. Vermutlich ist das Risiko einer Neuauflage einfach in vielen Fällen zu hoch, weil der Abverkauf nicht so schnell geht wie bei einem neuen Release, dadurch neben den Produktions- noch Lagerkosten entstehen etc. Aber schade ist es dennoch.
      Zu NECROPHOBID: haben auch etwas gebraucht, aber gerade die aktuelle sowie diese hier kann ich nur wärmstens empfehlen – kompositorisch wie technisch ist das hohe Kunst.

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