Konzertbericht: Leprous w/ Agent Fresco, 22

16.09.2018 Salzburg, Rockhouse (Bar)

Bereits 2017 tourten LEPROUS mit AGENT FRESCO und befanden die Kombination für äußerst gelungen, zumal sich beide Bands musikalisch gegenseitig inspirieren. Die Fans sahen das genauso – insofern stand es nicht zur Debatte, dieses „Dream-Team“ für die Fortsetzung der Europatour zu trennen. Als Dritter im Bunde fungiert die norwegische Rockband 22. Bespielt werden vornehmlich Städte, die 2017 ausgelassen wurden. So findet durchaus auch der eine oder andere Fan aus Bayern am 16. September seinen Weg ins Rockhouse Salzburg.

Dass das Vertrauen von Leprous, mit 22 die bestmögliche Supportband hinzugeholt zu haben, gerechtfertigt ist, beweisen die Herren, als sie gegen 19:30 Uhr die Bühne betreten. In Norwegen erfreuen sie sich schon einiger Bekanntheit, wohingegen sie hierzulande eher als Geheimtipp durchgehen. Die Melodic-Rocker fangen hier also quasi bei Null an, was die „Fan-Akquise“ betrifft. Daher spielen 22 voller Elan, als würden sie vor Zehntausenden spielen – auch wenn die urige Berghalle im Rockhouse zu diesem Zeitpunkt noch keine 100 Besucher zählt. Die Blondschöpfe springen auf der für ihren Bewegungsdrang eigentlich viel zu kleinen Bühne umher, als gelte es, Rekorde zu brechen. Spielfreude auf der Bühne wird bei ihnen großgeschrieben. Doch trotz dessen bleibt genügend Spielraum, um mit Klargesang und eingängigen Melodielinien für Genuss und Erstaunen zu sorgen. Spannender Songaufbau und anrührende Momente in hohen, glasklar gesungenen Tonbereichen tragen ein Übriges zur guten Besucher-Resonanz bei. 22 spielen sich quer durch ihre bisher erschienen Alben und stellen auch zwei neue Songs vor, die demnächst auf dem neuen Album „You Are Creating: Limb2“ erscheinen werden. Festzuhalten bleibt, dass sie ihre Chance, sich außerhalb der Heimat vorzustellen, so gut es geht wahrnehmen und mehr als nur Achtungsapplaus einfahren können.

AGENT FRESCO haben natürlich schon eine feste Fangemeinde in der Prog-Szene und dürfen sich daher kurz nach 20 Uhr über eine inzwischen gut gefüllte Rockhouse Bar freuen. Während die Band anfangs noch abgeklärt scheint und sich auf die anspruchsvollen Songkonstrukte konzentriert, werden sie im Laufe des Auftritts immer emotionaler. Allen voran Frontmann Arnor: Insbesondere „Wait For Me“, das er Leprous-Sänger Einar Solberg widmet, bildet hierbei ein Highlight. Da verwundert es nicht, dass auch Mitglieder der anderen Bands es sich nicht nehmen lassen, aus dem Publikum heraus den AGENT-FRESCO-Auftritt zu verfolgen und bei den etwas  schwungvolleren Songs auch ordentlich abzurocken. Während der Hauptteil des Gigs aus einer bunten Reise durch die Bandgeschichte besteht, finden auch vereinzelt neue Songs ihren Weg in die Setliste. Sänger Arnor ist bekannt für seine Fan-Freundlichkeit. Traditionsgemäß singt er einen der letzten Songs dann auch mitten im Publikum, nebenbei liebevoll Fanhände schüttelnd. Er bedankt sich noch dafür, dass die Fans so treu die Musik von AGENT FRESCO unterstützen und unter tosendem Applaus verlässt die Band nach einer Stunde die Bühne.

LEPROUS sorgen seit 2017 unter ihren Fans permanent für Gesprächsstoff, weil sie bei jedem Gig eine andere Setliste spielen. Natürlich gibt es Dauerbrenner, die auch bei der laufenden Tour überall dabei sind, beispielweise „Illuminate“ und „From The Flame“ vom Album „Malina“ sowie die letztens neu veröffentlichte Single „Golden Prayers“. Doch zusätzlich gibt es einzelne Lieder, zum Teil auch sehr alte von den ersten Alben, die als Überraschung warten und auch vorab nicht verraten werden.
Doch zunächst eröffnet Raphael Weinroth-Browne, der eigens fürs neue Album und die Tour rekrutierte Cello-Spieler, den Gig mit mystischen Streicherklängen, die nach sattem Applaus in das Eröffnungsstück „Bonneville“ übergehen. Die Fans singen sofort lauthals mit. Bei Songs wie „Stuck“ geht das Singen dann auch schon mal in Grölen über, wenngleich Einar Solbergs goldene Stimme mit ihrer Kraft natürlich immer heraussticht. Da der Sound der Instrumente nicht optimal ist, liegt es eh beim Frontmann, alle anderen Makel stimmlich vergessen zu machen.

Als ausgebildeter Sänger kann Solberg im Prinzip alles singen, brilliert aber vor allem in hohen Tonlagen. Die „Überraschungssongs“ in Salzburg sind dann „Foe“ und „Forced Entry“.  Bei letzterem lassen es sich LERPOUS auch nicht nehmen, trotz der kleinen Bühne ordentlich auszurasten und auf der Bühne zu headbangen und zu growlen, obwohl sie in ihren neuen Songs von dieser Stilrichtung ja eher abgekommen sind.
Die wohl größte Überraschung ist jedoch, als LEPROUS eine Cover-Version der Trip-Hop-Band Massive Attack anstimmen. Das wuchtige Midtempostück scheppert brachial durch die Boxen und lässt manchen Zuschauer perplex zurück.
Leider gibt es heute keine „echten“ Zugaben, sondern nur eine geplante Zugabe. Zumindest ist diese mit „Slave“ noch einmal eines von LEPROUS‘ langsamen Herzschmerz-Balladen. Damit verabschiedet sich die Band also und beginnt sofort mit dem Abbau. Die Fans versuchen ein letztes Mal, LEPROUS mit Zugabe-Rufen zur Rückkehr zu bewegen, aber dieser Wunsch bleibt ungehört.

Dass diese Tour nicht ganz so viele ausverkaufte Gigs beinhaltet wie die im Vorjahr, ändert nichts an der Tatsache, dass LEPROUS langsam aber stetig auf der Erfolgsleiter nach oben klettern und für beste Live-Qualität stehen. Viel eher dürfte das etwas geringere Interesse an der Tour der Tatsache geschuldet sein, dass man LEPROUS und auch AGENT FRESCO bereits im Sommer bei einigen Festivals bestaunen konnte. Zumindest ihre eingefleischten Fans wissen jedoch: Beide Bands sind immer einen Konzertbesuch wert.

(Die Fotos stammen vom Konzert am 15.09.18 in Graz)

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Fotos von: Uta A. (Gastredakteurin)

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