Konzertbericht: Leprous w/ Agent Fresco, AlithiA, Astrosaur

30.10.2017 Köln


Am 30. Oktober 2017 versammeln sich im kleinen, aber geschichtsträchtigen Club „Luxor“ in Köln ca. 500 Prog-Liebhaber, um dem Tourpackage der Norweger von LEPROUS, der Isländer von AGENT FRESCO und den beiden Support-Acts ASTROSAUR und ALITHIA die Ehre zu geben.

Der Club kommt hierbei an die Grenzen seines Fassungsvermögens, denn der Gig ist seit langem komplett ausverkauft. Zwar hat der Club ein gemütliches Ambiente, aber für viele der ca. 500 Anwesenden ist es doch eher unangenehm, nicht einen Zentimeter ohne Drängelei voranzukommen. Als „Entschädigung“ parkt der Tourbus direkt vor dem Haupteingang des Clubs, so dass der eine oder andere Fan leicht mal ein Mitglied seiner Lieblingsband abpassen kann, um nach Autogrammen zu fragen.

Nach 19 Uhr betreten die Opener ASTROSAUR die Bühne. In blaues Licht getaucht und nur zu dritt schinden die Jungs mit ihrem melodischen Instrumentalrock gut Eindruck und liefern einige melodische Riffgewitter ab, so dass man auch als Nicht-Fan dieser Stilrichtung abwechslungsreich unterhalten wird. Die Herren aus Oslo bewerben mit diesem Gig vor allem ihr neues Album „Fade In // Space Out“ und können nicht unerheblichen Applaus einsacken.

Die selbsternannte „Astral space core“-Band ALITHIA aus Australien experimentiert stilistisch in viele Richtungen. Bekannt für viele Gastmusiker in der Vergangenheit, muss die Band auch bei dieser Tour improvisieren, da Sänger John krank ist. Somit übernimmt Marjana Semkina, Frontfrau der russischen Prog-Band IAMTHEMORNING, den Gesang. Nach einem langen Intro betritt sie die Bühne und hat durch ihren Charme und ihr Selbstbewusstsein sofort die anwesenden Besucher auf ihrer Seite. Hingebungsvoll und verträumt schmettert sie im Takt wiegend die psychodelischen Hymnen der Band in die bereits prall gefüllte Halle. Sofern sie gerade mal länger keinen Vocal-Part hat, sitzt sie am Bühnenrand und schaut sich zusammen mit den Fans die Band an, während die Jungs ihre Instrumente bearbeiten, um ihren abgespacten Sound bestmöglich rüberzubringen.

Alles in allem kommen sie gut an und spätestens jetzt dürfte jedem, der nicht alle Bands auf der Liste kannte, klar sein, dass es in diesem Billing keine Lückenfüller gibt, sondern dass man auf Qualität bei der Tourbesetzung geachtet hat. Und nicht nur wegen ALITHIA gilt, dass es schade ist, dass nur so kleine Clubs für die Tour gebucht wurden.

Als AGENT FRESCO als Co-Headliner die Bühne betreten, gibt es im Publikum kein Halten mehr. Ich möchte anmerken, dass die Isländer eine absolute Live-Band sind. Die Band sprüht nur so vor Energie und Hingabe und es ist ein Leichtes für Sie, die Herzen der Anwesenden im Sturm zu erobern. Einige Fans in den ersten Reihen singen von der ersten bis zur letzten Zeile die Texte von Songs wie „Dark Water“ oder „See Hell“ mit.  Frontmann Arnór Dan Arnarson kann von sanften, hohen, klaren Tönen bis hin zu enthusiastisch gekreischter Heavyness alles bieten. Zusätzlich interagiert er gerne und oft mit den Fans. Er scherzt viel, erzählt aber auch sehr Berührendes aus seinem Leben. So ist sein Vater an Krebs gestorben und ihm wird dann auch ein sehr emotionaler Song gewidmet.

Sehr zur Freude der Fans wird auch ein neuer Song gesungen, der noch keinen Titel hat. Arnórs einnehmendes Wesen zeigt sich erneut gegen Ende des Gigs, als er mal eben einfach so in die Fanmenge springt und dort weitersingt. AGENT FRESCO beeindrucken an diesem Abend so ziemlich jeden Anwesenden und stehen nach dem Gig auch am Bühnenrand ihren Fans für Umarmungen, Fotos und dergleichen zur Verfügung.

Noch vor 22 Uhr ist es endlich soweit. LEPROUS aus Norwegen, die gerne mal als Prog-Rocker gelabelt werden, aber eigentlich universell schöne Musik machen, kündigen sich durch das Verdunkeln der Bühne an. Doch zuerst betritt Gastmusiker und Cellist Raphael Weinroth-Browne die Bühne. Er spielt sich allein auf der Bühne kurz warm, aber die anwesenden Besucher belohnen jedes seiner kurzen Eskapaden bereits mit frenetischem Applaus.

LEPROUS treiben ihre Fans während dieser Tour schier in den Wahnsinn treiben, weil sie während der ganzen Tour für wirklich jeden Auftritt die Setliste ändern. Nachdem Raphael quasi inoffiziell eröffnet hatte, betreten auch die anderen Gentlemen von LEPROUS die Bühne zu „Bonneville“, einem der abwechslungsreichsten, melodischsten Songs des neuen Albums. Der Sound im Club ist sehr gut und die Lichtshow unterstreicht das Erscheinen der Band im gepflegten Stil mit Hemd und Weste, während im Hintergrund Bildschirme mit Videosequenzen für einen zusätzlichen surrealen Showeffekt sorgen.

Frontmann Einar Solberg legt viel Gefühl in die Performance des Songs und lässt die Fans genießen, bevor es mit „Stuck“ etwas grooviger wird. Im weiteren Verlauf des Gigs folgen Lieder, die zum Teil sicher schwer zu singen sind, aber dafür im Endeffekt umso mehr einen Hörgenuss darstellen, zumal Einar es schafft, trotz schon strapazierter Stimme die hohen Tonlagen satt auszusingen, so dass die Gänsehaut vorprogrammiert ist. „The flood“ sorgt für brachiale Gefühlsausbrüche, gefolgt vom nicht minder komplexen „The price“, bevor es mit „Illuminate“ wieder etwas lockerer wird. Doch die Leichtigkeit wird nur angetäuscht, denn es folgt eine ganze Reihe tiefgehender, zum Teil melancholischer Stücke, die sich wuchtig aufs Herz legen, nämlich „Leashes“, „Restless“, „Red“ und das von vielen Fans heißersehnte „Salt“. Doch damit nicht genug. Der nicht minder berührende Titelsong „Malina“ folgt direkt im Anschluss und man sieht Sänger und Keyboarder Einar bereits an, wie anstrengend dieser Parkour war.

Die Musiker haben einige Gimmicks eingebaut, wie zum Beispiel, dass Bassist Simen das Keyboard an Einars Stelle für einen Song übernimmt, so dass dieser sich ganz dem Gesang widmen kann. Oft und gerne flippen die Musiker zu einigen der schnelleren Songs aus und reißen ihre Fans emotional mit.


Der nachfolgende Titel „The weight of desaster“ ist mit seiner etwas leichter verdaulichen Art fast eine „Erlösung“ von dem vorangegangenen Marathon emotionaler Songschwergewichte, die quasi Arbeit beim Zuhören darstellten, aber gleichermaßen ein unfassbares Erlebnis von vertonter Hingabe und Herzschmerz.

Das mitreißende „From the flame“ darf natürlich nicht fehlen, bevor mit „Mirage“ als Rausschmeißer noch ein letztes Mal ein Lied zum Tragen kommt, welches die hohe Qualität der Band widerspiegelt, sowohl was bestes Songwriting, tiefgehende Texte, emotionale Hingabe der Musiker auf der Bühne als auch durchdachte Showeffekte und gesangliche Höchstleistung betrifft. Damit verabschieden sich LEPROUS und hinterlassen zufriedene Fans, die für die ca. 25 EUR Ticketpreis wirklich mehr als gut bedient wurden.

  1. Bonneville
  2. Stuck
  3. The flood
  4. The price
  5. Illuminate
  6. Leashes
  7. Restless
  8. Red
  9. Salt
  10. Malina
  11. The weight of desaster
  12. From the flame
  13. Mirage

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Fotos von: Uta A. (Gastredakteurin)

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