Konzertbericht: Leprous w/ Klone, Maraton

09.02.2020 Strasbourg, La Laiterie

Nachdem LEPROUS bereits im vergangenen Jahr quer durch Europa getourt sind, hängen sie nun einen zweiten Teil der „Pitfalls“-Tour an, der zum Teil an Orte führt, in denen sie schon seit Jahren nicht mehr live aufgetreten sind. Augenscheinlich ein cleverer Schachzug, denn alle Venues sind fast oder komplett ausverkauft. Wie man es von LEPROUS gewohnt ist, bringen sie einmal mehr neue Support-Acts mit: Neben ihren norwegischen Landsmännern MARATON ist dieses Mal die französische Progressive-Metal-Band KLONE mit dabei, die vor allem bei den Gigs im französischen Raum ihre eigene Fan-Gemeinde anzieht.

Während in Deutschland allerorten Sturm „Sabine“ dafür sorgt, dass Konzerte (unter anderem auch das Wacken Winter Nights) abgesagt werden, kann man es im benachbarten Grenzgebiet zwischen Frankreich und Deutschland noch wagen, Konzerte zu besuchen. Allerdings ticken die Uhren im rund 800 Besucher fassenden La Laterie in Straßburg noch ein wenig anders: Um 23 Uhr ist hier sonntags Zapfenstreich.

So müssen MARATON bereits um 18:30 Uhr auf die Bühne. Dass die Band in den letzten Jahren mit einigen Besetzungswechseln zu kämpfen hatte, hat sie ein wenig ausgebremst – ansonsten gelten MARATON als aufstrebender Geheimtipp. Die Gruppe kommt zu „Prime“ von ihrem letzten Album „META“ auf die Stage und profitiert sofort vom guten Sound und der breiten Bühne, auf der Frontmann Fredrik sein ganzes Charme-Programm abspulen kann. So ist er nicht nur dafür bekannt, immer nur mit Socken statt Schuhen auf den Brettern zu stehen, sondern vor allem dafür, dass er viel mit den Fans interagiert, zu ihnen runterspringt, einfach mal die Leute im Publikum umarmt oder sich vor ihnen auf den Boden wirft und im Liegen weitersingt. Wer jetzt denkt, dass viel Poserei noch keinen guten Gig macht, hat sicher Recht. Aber MARATON beherrschen zusätzlich ihr Handwerk. Fredrik bedient stimmlich alle Höhenlagen, seine Bandmitglieder sind versiert an ihren Instrumenten und packende Melodielinien sorgen dafür, dass das Publikum von Beginn an mitgerissen wird. Da MARATON leider nur eine halbe Stunde Spielzeit haben, müssen sie sich mit ihren größten Hits begnügen. Immer mal wieder schnappt sich Herr Bergersen-Klemp das Tamburin und rasselt frohgemut zu den Songs mit, um es als symbolischen Schlussakkord quer über die Bühne zu schleudern.

  1. Prime
    02. Almost Human
    03. Seismic
    04. Change Of Skin
    05. Altered State
    06. Spectral Friends

Nach diesem mitreißenden Gig können KLONE gut nachlegen: Die Prog-Veteranen haben keine Mühe damit, sowohl ihre eigens angereisten Fans zu begeistern als auch bei den Leprous-Anhängern etwas Eindruck zu schinden. Während ihre Songs auf CD einen teils schon melancholischen, tragenden Charakter haben, kommen sie bei den Live-Versionen durch massive Bass-Linien und eine sehr energische Darbietung der Band mit einem gewissen Wucht-Effekt daher – quasi als heißblütigere Varianten der Album-Tracks.

Frontmann Yann Ligner punktet nicht nur durch ein sehr selbstbewusstes Auftreten, sondern vor allem dadurch, dass man ihm gesanglich nichts vorzumachen braucht. Er röhrt sich quer durch das Repertoire der Gruppe aus neuen und älteren Stücken und ist für sein Alter überaus agil auf der Bühne. Mit Sicherheit ist es die Band gewohnt, die Headliner-Position innezuhaben, zumindest in Frankreich, aber trotz des Support-Slots geben sie definitiv ihr Bestes. Dies wird vom Publikum entsprechend mit massivem Applaus gewürdigt.

  1. Yonder
    02. Rocket Smoke
    03. Breach
    04. Sealed
    05. Give Up the Rest
    06. Immersion
    07. Nebulous
    08. Silver Gate

Gegen 20:30 Uhr betreten LEPROUS die Bühne und eröffnen die Show wie bereits im ersten Teil der Tour mit „Below“ und „I Lose Hope“ vom neuen Album „Pitfalls“. Doch sie sind auch bekannt dafür, in jedem Gig einige Songs auszuwechseln. So gibt es seit 2017 keinen Auftritt, bei dem sich eine bereits dagewesene Setliste wiederholt hätte. Heute überraschen sie mit einer mitreißenden Version von „Illuminate“ als Austauschsong. Da es erst der zweite Gig der Tour ist, ist Sänger Einar Solberg stimmlich auch noch topfit. Und so können die Fans in Straßburg eine stimmliche Performance à la carte genießen. Bei dem tragischen Herzschmerz-Song „The Cloak“ oder dem eher selten gesungenen „At The Bottom“ schöpft Einar dementsprechend aus dem Vollen und schmettert seine beste Vocalperformance gen Publikum.

Aber auch einige feurige Mitsing-Stücke schaffen es in die ansonsten eher depressive „Pitfalls“-Setliste, nämlich „From The Flame“, „Stuck“ und „The Price“, die immer ein Garant für Stimmung sind. Das Massive-Attack-Cover „Angel“ ist inzwischen ebenfalls nicht mehr in jeder Setliste und wird daher begeistert aufgenommen. In diesem Stück sind es neben dem wuchtigen Bass eher die Feinheiten, die es zu etwas Besonderem machen, zum Beispiel wie Gitarrist Robin Ognedal die Verzerrgeräusche auf seiner Gitarre zaubert. Cellist Raphael-Weinroth-Browne hat sich ein neues Cello angeschafft, kleiner und aus Kohlefaser. Das ist zwar leichter zu transportieren, hat klanglich jedoch leider nicht alle Vorteile eines großen Holz-Cellos. Aber der Meister seines Faches kann mit dem Instrument trotzdem fast alle Klangwelten zaubern. Insbesondere beim Finale, „The Sky Is Red“ ist sein Instrument Hauptakteur und die Fans rasten förmlich aus, scheint  dies doch der Lieblingssong der Hörer zu sein. Zusätzlich sei zu erwähnen, dass LEPROUS bei den neuen Gigs auf eine ausgefeilte Licht-Show sowie auch zusätzliche visuelle Effekte setzen, die auf einer Leinwand im Hintergrund abgespielt werden. Alles in allem ein gelungenes Konzert, dessen Schlussapplaus nicht abebben zu wollen scheint.

  1. Below
    02. I Lose Hope
    03. Illuminate
    04. From The Flame
    05. Observe The Train
    06. Alleviate
    07. The Cloak
    08. Angel (Massive-Attack-Cover)
    09. The Price
    10. Stuck
    11. At The Bottom
    12. Distant Bells
    13. Bonneville
    14. The Sky Is Red

LEPROUS haben ihren eigenen Stil erschaffen: Mit der leicht poppigen Richtung, die sie eingeschlagen haben, können sie nicht mehr jeden ihrer Alt-Fans begeistern. Nochtsdestoweniger wächst ihre Fangemeinde in letzter Zeit enorm an und die Band scheint unter die Big Player des Prog zu gehen – die Besucherzahlen der aktuellen Tour sprechen dafür. Auch wenn man mit dem Album „Pitfalls“ so seine Probleme haben sollte, die Live-Shows der Norweger sind allemal den Besuch wert.

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Fotos von: Uta A. (Gastredakteurin)

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