Festivalbericht: Ragnarök Festival 2012

13.04.2012 Lichtenfels, Stadthalle


Neun Jahre ist es mittlerweile her. Damals noch ein kleines Underground-Eintagesfestival, ist das RAGNARÖK mittlerweile zu einem der Vorzeigefestivals Deutschlands avanciert und stellt im Pagan/Viking-Metal-Bereich wohl mitunter einen der größten Publikumsmagneten. Wie es gebührt, wartete man dieses Jahr neben einem außergewöhnlich vielfältigen Billing mit einer nicht unansehlichen Merchandisemeile, Wikingerverkaufsständen und den traditionsgemäßen Mittelalter-Schaukämpfen auf. Zudem gab sich MYRKGRAV-Meister Lars Jensen die Ehre und ließ jeden in der Konzertvorhalle per Kopfhörer in sein neues Album „Forteljinger Frå Finnefjerdingen“ reinschnuppern.

Freitag, 13.4.2012

Nachdem die schweizerische Melodic/Folk-Death-Metal-Band Abinchova ihren Gig auf dem Ragnarök kurzfristig wegen Krankheit absagen mussten, übernahmen kurzerhand IMPERIOUS aus Bayern den Slot des Opening Acts. Geboten wurde solider Pagan Black Metal ohne besondere Schnörkel. Thematisch behandelt die Band das Thema „Varus“ (zeitgleich der Name des Debüts) und die u.a. damit verbundene „Schlacht im Teutoburger Wald“. Das Gespann konnte sich zwar bei seinem Gig über eine Vielzahl von Besuchern erfreuen, stimmungstechnisch hätte es ruhig etwas besser sein können. Man merkte doch, dass viele Besucher mit „leichter“ Musik anfangen wollten. So gab es zwar vereinzelt ein paar Headbanger, ansonsten blieb es aber auch bei diesen „Ausreißern“. Weniger erfreulich war jedoch der Sound. Teilweise klangen die Gitarren zu matschig und den Gesang konnte man erst nach dem zweiten Song wirklich raushören. Insgesamt aber ein guter Auftritt der Band, der zu Recht mit Applaus gewürdigt wurde.

Die zwei Bühnen ermöglichten einen fliegenden Wechsel, und kaum war der Vorhang bei Imperious zu- und bei VELNIAS aufgezogen, fingen die drei Amerikaner auch sofort an, loszulegen. Vielen Besuchern konnte man die Verwunderung ansehen, da man doch eher mit einem Soundcheck gerechnet hatte, schließlich sollte es doch zwischen jeder Band zehn Minuten Umbaupause geben. Aber weit gefehlt, denn die Amis (übrigens derzeit auf Tour mit Agalloch) hauten der versammelten Besucherschar ihren Black/Doom Metal nur so um die Ohren, dass bei einigen erst mal der Unterkiefer nach unten klappte. Zwar spielten sie nur drei Songs, doch allein jeder davon hatte seine neun bis elf Minuten Spielzeit. Gekonnt vermischten sie ruhige Passagen mit treibendem Black-Metal-Ausbrüchen, die stellenweise an die transzendentale Monotonie von z.B. Wolves In The Throne Room erinnerten. Dass die Musik bei den Besuchern auf reges Interesse stieß, hörte man, als die Band die Bühne verließ. Fazit: Ein ganz starker, wenn auch kurzer Auftritt einer Band, die man in Zukunft unbedingt verfolgen sollte.

Die Norweger VOLUSPAA waren die nächsten, die dem Ragnarökpublikum einheizen sollten. Einigen dürfte die Band um Frontmann (und einzigem Mitglied – der Rest der Band besteht aus Live/Sessionmusikern) Freddy Skogstad von der Split-CD mit Myrkgrav bekannt sein. Zur Freude des geneigten Folk-Metallers wurde es bei diesem Gig endlich melodisch, denn wo Imperious und Velnias noch rein auf Gitarrensound setzten, hatten die Jungs aus Norwegen neben den Gitarren auch ein Keyboard in petto. Nach einem auf deutsch gesprochenen Intro gab es Viking Black Metal, der zu gefallen wusste. Zwar suchte man Innovationen vergebens, das tat der Musik und der allgemeinen Stimmung jedoch keinen Abbruch. Von ruhigen, epischen Passagen bis hin zu wilder Raserei hatte man alles dabei. Frontmann Freddy heizte die Menge immer wieder an und sie dankte es ihm mit Gegröle, viel Applaus und wildem Headbangen. Einziger Kritikpunkt eines rundum gelungenen Auftritts war hier der Sound, der stellenweise zwischen gut bis mittelmäßig pendelte – für eine Festivalshow ging jedoch auch dieser noch in Ordnung.


Als nunmehr vierte Band des Tages spielten die Schweden von KING OF ASGARD. Wer mit dem Namen noch nichts anfangen kann und die Band daher unterschätzt, dürfte angenehm überrascht sein von der drückenden Livepräsenz und dem konsequenten, straighten Stil des Quartetts. Allerdings verbergen sich hinter dem Bandnamen auch keine Anfänger, sondern gestandene Ex-Mitglieder von Mithotyn. Der wie bereits erwähnt konsequente Stil der vier aus Mjölby stammenden Musiker und der völlige Verzicht auf den Einsatz von folkloristischen Instrumenten (zumindest hatte man den Eindruck, vielleicht war auch der Soundmann daran schuld) brachte mit der Zeit allerdings wenig Abwechslung. Zwar war die Musik sehr rhythmisch und lud damit zum Headbangen ein, aber das Publikum ließ sich trotz alledem nur stellenweise mitreißen. Mitunter ging es bei dem Konzert auch sehr hymnisch und melodisch zu, aber solche wehmütig an alte Mithotyn erinnernde Glanztaten kamen nur selten vor und liefen – vom musikalische Standpunkt aus gesehen – zu oft ins Leere. Die Band selbst ließ sich von der fehlenden Publikumsresonanz aber nicht beirren und spielte ohne jegliche Aufregung durch ihr Set.

Direkt nach King of Asgard betraten die Normannen von HEOL TELWEN die andere Bühne. Mit nur einem einzigen Album seit fast sieben Jahren im Gepäck scheint Abwechslungslosigkeit vorprogrammiert zu sein, auch wenn das Material fehlerfrei dargeboten wurde. Ohne größere Patzer spielten sie sich durch ihr Set, welches natürlich nur aus bereits bekannten Songs bestand. Ab und zu holten sich die vier Musiker Hilfe von ihrem fünften Mann, der für die umfangreichen Sackpfeifen- und Flötenparts zuständig war. Leider geriet hier der Sound sehr oft viel zu schrill, so dass die Spielerei letzten Endes zu undefiniert und undifferenziert rüberkam. Selbiges Problem sollte aber auch noch bei späteren Bands vorkommen, so dass hier die Schuld wieder nicht bei der Band zu suchen ist. Trotz der sichtlichen Mühe, die sich alle Bandmitglieder gaben, um die Songs enthusiastisch an den Mann zu bringen, blieb die Stimmung im Publikum nach wie vor gesetzt. Ob die Schuld im frühen Abend zu suchen ist, an dem noch nicht genug Alkohol floss, oder bei der Musik der Band, die nicht genug Stimmung erzeugte, kann ich nicht sagen. Vielleicht wird es doch Zeit für ein neues Album.

Bei WALDGEFLÜSTER wurde es dann das erste Mal richtig voll in der Lichtenfelser Stadthalle, und das bei einer Black-Metal-Band wohlgemerkt. Die zahlreichen Besucher sollten nicht enttäuscht werden, denn seit ihrem Debüt „Herbstklagen“ aus dem Jahre 2009 hatten sich Waldgeflüster einen Namen im Underground gemacht und galten als besonderer Geheimtipp. Wenn man sich jedoch die oben beschrieben hohe Aufmerksamkeit betrachtete, so muss man das mittlerweile revidieren und „Geheimtipp“ mit „etabliert“ austauschen. Und was soll man sagen, Waldgeflüster boten atmosphärischen Black Metal auf hohem Niveau. Die Band wechselte gekonnt zwischen Midtemposongs und schnelleren Stücken hin und her und deckte in ihrer Setlist die gesamte Diskografie gut ab. Selbst der Sound war diesmal sehr gut, so dass es am Ende dieses absolut genialen Gesamtzusammenspiels zu Recht frenetischen Applaus regnete.

Nach dem fröhlichen Auftritt von Heol Telwen betraten um kurz vor 20 Uhr die Norweger von MISTUR die Bühne. Nachdem es ja einige Zeit ruhig um die Band gewesen war (aufgrund der Suche nach einem neuen Sänger), war man natürlich gespannt, was da auf einen zukommen sollte. Und eines wurde sofort klar, hier gibt’s keine positiv gestimmte Partymusik, sondern eiskalten, atmosphärischen Viking/Black Metal im Stile von Windir. Unverwechselbar grandios waren einmal mehr die Lead-Gitarre von Herrn Stian „Strom“ Bakketeig (Ex-Windir), dazu die traumhaft anmutenden Keyboardparts und fantastischen Melodiebögen, die jedem Windir-Fan einen wohltuenden Schauer über den Rücken jagten. Zu hören gab es dann neben dem neuen, sehr epischen, Stück „The Sight“, das auf ganzer Linie überzeugen konnte und zugleich seine Live-Premiere feierte, hauptsächlich Songs vom Debüt „Attende“. Passend zur Spielfreude der Band war der Auftritt auch stimmungstechnisch ein absoluter Höhepunkt. Schade, dass Mistur mit der geringen Spielzeit nur vier Songs spielen konnten. Gelohnt hat es sich aber allemal. Takk Mistur!

Die vier Wuppertaler von RABENSCHREY waren nun eine der größeren Bands am Freitagabend. Mit rockigem Mittelalter Metal kündigte sich hier die erste Band an, die für mehr heitere und ausgelassene Stimmung sorgen sollte. Mit Joker-Kostüm und Vogelscheuchenoutfit betrat man die Bühne, um aus dem mittlerweile neun Alben umfassenden Backkatalog die Perlen wiederzugeben. Viel Mittelalterliches und Folkloristisches war allerdings nicht dabei, so dass sich die Songauswahl eher auf die letzten Alben und den demnächst in den Handel kommenden neuen Silberling „Hart aber ehrlich“ beschränkte. Nichtsdestotrotz schafften es die Deutschen, endlich den Funken überspringen zu lassen. Die Fans feierten ausgelassen mit, es wurde viel geheadbangt und den Anweisungen des Sängers stets Folge geleistet, der auf seine „Dankeschön“-Ansprachen immer ein laut geschrienes „Bitteschön“ seitens des Publikums erwartete. Atmosphärisch kam auch hier schnell Stimmung auf. Die Band machte also, abgesehen mal wieder vom etwas übersteuerten Sound, alles richtig.

AGALLOCH ist eine der Bands, die jedem echten Pagan- wie Black-Metaller ein Begriff sind oder sein sollten. Da ist es auch kein Wunder, dass sie den ersten Headlinerslot des Ragnarökfestivals belegten und sogar allerorts die Crewmitglieder sowie Bands aus dem Backstage geschlichen kamen, um der Performance Auge und Ohr zu schenken. Los ging es mit dem dazu passenden „Limbs“, welches das Set der Amerikaner gekonnt eröffnete. Für den Partygänger auf diesem Festival war die Musik sicher zu langsam, doch der entspannte, eher der Atmosphäre zugeneigte Hörer wird sich angesichts des Sets der Band freudig die Hände gerieben haben. Optisch wurde mit viel blauem Licht, passender Backline und der von sparsam bis ausufernd reichenden Performance der Künstler auch genau der Nerv der Fans getroffen.Der Sound sollte diesmal astrein sein, so dass sowohl die umfangreichen als auch die tiefen Klänge des Quartetts perfekt zur Geltung kamen und man sich von Soundwänden wie „Falling Snow“, „Into the Painted Grey“ und „Our Fortress Is Burning… II – Bloodbirds“ genießerisch die Gehörgänge streicheln lassen konnte. Die Reaktionen des Publikums waren aktionstechnisch natürlich eher verhalten, allerdings lädt die Musik der vier Musiker auch nicht gerade zum Abgehen sondern eher zum Augenschließen und ekstatischen Mitwippen ein – was auch überall zu beobachten war. Umso größer war der Applaus am Ende, so dass AGALLOCH sogar die einzige Band war, die eine Zugabe spielte.

Es folgte der wohl publikumstechnisch größte Massenaustausch. Den Slot nach den Amerikanern von Agalloch sollten eigentlich niemand Geringere als Borknagar übernehmen, die jedoch kurz vor dem Festival aus terminlichen Gründen absagen mussten. Da die Veranstalter in der knappen Zeit keinen genre- und stimmungsmäßig adäquaten Ersatz finden konnten, nahm man die aus dem nahen Coburg kommenden VARG als Ersatz. Das Fünfgespann ist auf dem Ragnarök bereits ein Stammgast, spielen sie doch seit bereits sechs Jahren mehr oder weniger regelmäßig auf der Lichtenfelser Bühne. In der Zeit haben sie sich jedoch von der anfangs belächelten Coverband zu einem ernstzunehmenden Act mit mittlerweile drei veröffentlichten Alben entwickelt, der in Teilen der Szene überaus gut angekommen ist. Es ist also kein Wunder, dass sich vor der Bühne eine große Sammlung an Fans zusammen gefunden hatte, um die Band zu feiern. Unbestreitbar sind VARG wohl eine der Bands, die man entweder nur lieben oder hassen kann, dennoch kann man ihnen nicht absprechen, dass sie das, was sie machen, mit Bravour tun, wofür die stetig wachsende Fanbase ein schlagender Beweis zu sein scheint. Routiniert und ohne große Ausreißer wurden die Alltimegoodies wie „Schildfront“, „Wolfszeit“ oder auch „Wolfskult“ heruntergebrettert. Sichtlich zur Freude der Fans, von denen nicht wenige mit dem passenden VARG-Warpaint in den vorderen Reihen ihre Lieblinge abfeierten.


Die Engländer des „Gentleman’s Club“ von A FOREST OF STARS sollten nach Varg den ersten Festivaltag beenden. Die Band schien vor Ort allerdings minder bekannt zu sein, da nicht mehr allzu viele Menschen die Halle füllten und auch die Tummelei auf den oberen Sitzrängen rar wurde. Möglicherweise lag dies aber auch an der fortgeschrittenen Stunde. Nach dem längsten Soundcheck des Tages ging es mit leichter Verspätung los, wobei sich das Warten definitiv gelohnt hatte. Nicht nur, dass der Sound kraftvoll und sauber die Gehörgänge durchputzte, auch was die Band spieltechnisch bot, war außergewöhnlich. Musikalisch pendelt man irgendwo zwischen Avantgarde/Psychedelic/Atmospheric Black Metal, bricht aber oft aus dem Standard aus und streut verschiedene Elemente (Stimmenverzerrer, Geige, leicht an Horrormusik angelehnte Keyboardparts etc.) ein. Es fällt schwer, diese Band live zu beschreiben, war sie doch einfach ganz anders als alles, was bisher an diesem Tag gespielt hatte. Was man festhalten kann, ist, dass A FOREST OF STARS definitiv keine leichte Kost sind und wohl zu Recht den letzten Slot bekommen haben. Gerade solche Musik wie sie die „Bruderschaft viktorianischer Engländer“ spielen, muss sich entfalten können, und das hätte niemals zu einem früheren Zeitpunkt innerhalb der Running Order funktioniert. Dafür ein Dank an das Team, das für selbige zuständig war.

Samstag, 14.4.2012

Pünktlich um 12.50 Uhr läuteten am zweiten Tag die Norweger THURS den folgenden Bandmarathon ein. Mit ihren lyrischen Themen von Schlachten, nordischer Mythologie und Folklore passten sie wie die Faust aufs Auge, und besser konnte man den „Morgen“ als gestandener Vikinger/Heide wohl nicht beginnen. Mit ihrem bisher einzigen, 2012 erschienenen Album „Myths and Battles from the Paths Beyond“ im Gepäck wussten sie es, den Slot des Openers würdig zu besetzen. So kam die Mischung aus Viking und Black bei den zwar anfangs noch etwas verschlafen dreinblickenden, aber stetig munterer werdenden Anwesenden erwartungsgemäß gut an, so dass man den Mannen um Vokalist Draugr Skaldvard nach abgeschlossenem Set kräftig Applaus spendete. Zwar erfinden Thurs das Rad des Viking Black Metal nicht neu, machen aber an sich auch nichts falsch. Songtechnisch gab’s zu gefühlten 90% Songs vom Debütalbum „Myths and Battles From the Paths Beyond“. Kurzum, ein sehr cooler Auftritt, der definitiv Bock auf den zweiten Festivaltag machte. Straight auf die Fresse. Danke.


Als zweites an diesem Samstag durften die Münchener von SYCRONOMICA heran, die ebenfalls keine Unbekannten mehr auf der Ragnarökbühne sind. Straight und ohne lange zu zögern ging es in die Vollen. Dabei hatte man sich über die Uhrzeit wohl einige Gedanken gemacht, denn nachdem die Zuschauer zu Anfang – wahrscheinlich aufgrund allgemeiner Katerstimmung – noch etwas steif da standen, wusste man ihnen mit Hilfe der Jungs von Wolfchant, die in den ersten Reihen schließlich fleißig Jägermeister zu verteilen begannen, dem Publikum den Stock aus dem Arsch zu ziehen. Von der Songauswahl konnte man hingegen nicht mehr so viel erwarten, da die Höhepunkte der Diskografie zwar hinlänglich bekannt, aber leider auch entsprechend überhört waren, was den Jungs die Spielfreude aus den Brettern aber keineswegs nehmen konnte. Es gab zwar Applaus, doch die Begeisterung unter den Fans war dennoch zurückhaltender als sie hätte sein können. Öffnen wollte sich die Stimmung auch im Verlauf des weiteren Konzerts nicht, so dass die Band nach einer nicht ganz kurzen Spielzeit von 40 Minuten wieder die Bühne verließ. Für SYCRONOMICA -Verhältnisse war der Auftritt gut, für Festivalverhältnisse leider nur unterer Durchschnitt.

Den vermutlich weitesten Weg nahm die als dritte spielende und aus Singapur stammende Band IMPIETY auf sich. Diese Exoten spielten eine Mischung aus Black und Death Metal, in dem aber auch einige Thrash-Elemente vorhanden waren. Das Trio schien sich eindeutig von den deutschen Fans mitreißen zu lassen und genoss das Rampenlicht. Während vorne in den ersten Reihen so einige sichtlich begeistert ihre Haare schüttelten, verließen während des Konzerts jedoch auch ein paar Zuhörer kopfschüttelnd die Halle. Man kann es ihnen nicht verdenken, schließlich ist roher aggressiver War Metal nicht für jedermanns Ohr geschaffen. Technisch und lyrisch vielleicht nicht unbedingt besonders anspruchsvoll, aber dennoch recht authentisch und offensichtlich Spaß habend bei der Selbstdarstellung verließ die Band nach Ablauf ihrer Spielzeit sichtlich zufrieden die Bühne. Hits wie “Advent of the Nuclear Baphomet“ wurden natürlich auch gespielt.

Ein alter Hase in der nicht mehr ganz so kleinen Pagan-Metal-Szene und ebenfalls hinlänglich bekannt auf dem Ragnarök ist das Thüringer Sextett XIV DARK CENTURIES. Mit dem Intro und dem dazugehörigen ersten Song vom letzten Werk „Gizit Dar Faida“ ging es auch schon los. Die Band schmetterte mit ordentlich Lust zum Headbangen los und zeigte den Neulingen in der Szene, wer in der Bandhierarchie mit ganz oben steht. Das gespielte Set erstreckte sich über alle bisherigen Alben und EPs der Band und beinhaltete die meisten der „Smash-Hits“ der Diskografie. Das Publikum wusste die Thüringer entsprechend zu feiern, bangte ordentlich mit und applaudierte nach den diversen Songs. Dass man sich etwas zügig durch das Set spielte, merkte man ihnen und der nebenher laufenden Stoppuhr auf der Bühne leider sehr an, so dass nicht viel Zeit für Ansagen und sonstige Interaktion mit dem Zuschauern blieb. So wirkte der Auftritt ein wenig wie im Zeitraffer, was die Stimmung und Auftreten der Band etwas negativ beleuchtete, jedoch keinesfalls den durchweg positiven Gesamteindruck der Show schmälerte.


Mit mindestens ebenso viel Spielfreude präsentierten sich als nächstes die Bayern von WOLFCHANT unter epischem Intro auftrittssicher der nun deutlich dicht versammelten Masse. Deren letztes Album ist nun doch schon wieder ein bisschen her, so dass man sich als Fan der Band durchaus auf eine gut eingespielte Gruppe freuen durfte. Diese ließ erwartungsgemäß bei ihrem Auftritt nichts anbrennen und war von Anfang an voll bei der Sache. Vor allem die beiden Sänger Loki und Nortwin machten wie eh und je eine gute Figur und glänzten durch herausragende Duetteinlagen sowie Interaktion mit dem Publikum. Abwechselnd sangen sie und heizten das Publikum an, welches freudig die Aufforderungen zum Mitsingen und Headbangen nachging und ihre Helden gebührend abfeierte. Man wusste ziemlich schnell, warum die Jungs an diesem Tag die erste Band waren, die so richtig Leute vor die Bretter zog. Stimmungstechnisch war es einfach nicht weniger als erste Sahne und kann sowohl für WOLFCHANT als auch für die Zuschauer als klasse Auftritt deklariert werden.

Danach vergrub man sich mit den in Deutschland recht bekannten DARK FORTRESS auch schon wieder in musikalisch weitaus dunkleren Gefilden. Von dem zeitweise sogar melodiös anmutenden Black Metal sowie vermutlich auch dem allgemeinen Bekanntheitsgrad der Band angezogen, tummelten sich viele Interessierte von den ersten Reihen bis beinahe ganz hinten zu den Türen. Sänger Morean, der den ursprünglichen Sänger Azathoth 2007 ablöste und seitdem auf den neueren Alben „Eidolon“ und „Ylem“ zu hören ist, verstand es, dem Publikum einzuheizen und allgemein schienen er und die anderen Bandmitglieder sichtlich Spaß an der ganzen Sache zu haben. Songtechnisch walzte man sich durch die gesamte Banddiskografie, wobei das Hauptaugenmerk auf der aktuellen Scheibe lag. Die Resonanz der Zuhörer war durchaus positiv und so gab es dann auch verdienten Beifall für einen guten Gig.

Lange Zeit waren die Schweden von FEJD mit ihrem hymnischen Mittelalter/Folk-Rock, der ohne jegliches Geschrei auskommt, in der Szene ein wahrer Geheimtipp. Doch das Glück war ihnen im letzten Jahr hold, so dass sie sich schnell von der Undergroundnummer zu einem echten Brett auf der Bühne entwickelten. Kein Wunder also, dass sich der Veranstalter die fünf Skandinavier ins Boot holte. Direkt nach Dark Fortress betraten sie die Halle, die um diese Uhrzeit bereits sehr gut gefüllt war. Anerkennen muss man hierbei, dass der Großteil der Anwesenden sogar aus Fejd-Fans bestand. Dementsprechend wurde das Konzert der Band euphorisch gefeiert, obwohl die teilweise langsamen und melancholischen Lieder gar nicht dazu einluden. Der Stimmung bei der Band wie beim Publikum tat dies keinen Abbruch, die Fans bangten und klatschten unbeirrt weiter mit. Man glänzte durch hohe Spielkunst und einfach gute Lieder, die, vom Publikum bejubelt, zum Besten gegeben wurden. Den Zauber dieser Band kann man nur live erleben und wenn man ihm erlegen ist, wird man ihn so schnell nicht wieder los. Bei nächster Gelegenheit also unbedingt angucken!


Wer dachte, dass es nach dem fröhlich beschwingten Auftritt von Fejd genauso weitergehen würde, wurde eines Besseren belehrt. Denn die Iren von MAEL MÓRDHA walzten mit ihrem eigenständigen Folk/Doom mal gleich alles nieder. Musikalisch kann man sich in etwa ihre irischen Kollegen von Primordial vorstellen, dazu eine Prise Folk in Form einer Flöte und schon weiß man, wie die Iren in etwa klingen. Soll heißen: Ganz großes Kino! So marschierte das Gespann, allen voran Frontsänger Roibéard Ó Bogail, gut gelaunt durch das Set. Als kleines Schmankerl gab es dann auch eine Coverversion des Bathory-Songs „Vinterblot“, der bei der Masse definitiv sehr gut ankam. Soundtechnisch war der Auftritt in Ordnung, das Publikum taute von anfangs etwas starrer Haltung spätestens auf, als Roibéard kurzerhand seinen Platz von der Bühne auf den Wellenbrecher verlagerte. Am Ende gab es somit keinesfalls unberechtigt lauten Applaus und man sah vielen Gesichtern an, dass MAEL MÓRDHA wohl eine Menge neuer Fans gewonnen hatten.

SKYCLAD aus Schottland dürfte für die meisten anwesenden Pagan-Metal-Fans ein relativ unbekannter Name sein, doch hinter dem Pseudonym steht laut eigener Aussage die erste Folk-Metal-Band der Welt. Allerdings ging es bei der Gründung von SKYCLAD noch nicht darum, Metrauschzustände oder Wikingerschlachten zu beschreiben, sondern Missstände in der Gesellschaft und Politik zu beklagen, untermalt mit rhythmischen und hoch melodischen Fiddle-Parts, die eher an irische Volkstänze als an Humppa erinnern. Gut so! Denn die mittlerweile etwas betagte Band hat es einfach bzw. immer noch drauf, selbst vor dem eher der nordischen Mythologie zugewandten Ragnarökpublikum. Dieses feierte die meist tanzbaren und zum Mitsingen einladenden Lieder ohne Umschweife mit, kein Wunder bei gespielten Songs wie „Spinning Jenny“, „Inequality Street“ oder „The Parliament of Fools“. Die Geigerin Georgina durfte sich zudem über einen klaren Sound freuen, der die Violine und auch den Gesamtsound der Band gut rüberbrachte, trotz einiger Verspieler. Stimmungsmäßig gab’s es hingegen definitiv keine Aussetzer, weshalb man dem Quintett wohl die volle Großbühnentauglichkeit attestieren kann.
ABSU was next. Von ihrer Musik, die sie selbst als Mythological Occult Metal bezeichnen und die eine Mischung aus Black, Thrash und teilweise auch Death Metal darstellt, ließen sich so einige Fans anlocken, und schon bald drängten nicht wenige Menschen in Richtung Bühne. Mit einem langgezogenen, hohen Kreischen von Leadsänger und Drummer Proscriptor McGovern, das so einigen Zuhörern ein Grinsen ins Gesicht trieb und andere wiederum das selbige verziehen ließ, begann das Konzert. Musikalisch war man wie immer perfekt aufeinander eingespielt, vergeudete seine Spielzeit nicht mit überflüssigen Ansagen und repräsentierte somit in bester Manier die schneidend abweisende Atmosphäre. So fügte sich auch das unmittelbare Verlassen der Bühne nach dem letzten Ton nahtlos ins Gesamtkonzept ein, was Neulinge wohl etwas verdutzt dreinschauen ließ, Kenner aber nur innerlich zum Schmunzeln veranlasste.

Als eines der Highlights des Festivals und auch des Samstags waren die altbekannten Norweger EINHERJER angekündigt, die an diesem Abend spielen sollten. Zuletzt besuchten sie im Jahre 2009 Lichtenfels, in welchem sie für ihren Auftritt ausnahmslos gute Kritiken bekamen und vom Publikum gnadenlos mit viel Headbangerei und sogar einem Moshpit belohnt wurden. Seitdem gab es seitens der Band weiterhin ein neues Album, aus welchem sie an diesem Tag teilweise Songs vorstellten und damit den Fans einen Einblick in ihr Schaffen seither geben konnten. Von der Performance der Band und der Reaktion der Fans her hatte sich wenig verändert. Unter großem Jubel betraten die vier Norweger die Bühne und rockten sofort los. Klassisch für EINHERJER, ohne Berührungsängste und stets auf Stimmung bedacht, trieben sie das Publikum an und spielten sich durch ihr Set. Ihr Viking Metal der eher schweren Sorte kam wie letztes Mal auch gut an. Insgesamt kann man von einem gelungenen Auftritt reden, der der Band sicher auch ein paar neue Fans eingebracht hat.

Direkt im Anschluss an Einherjer und als letzter Headliner des Abends kamen die Finnen MOONSORROW auf die Bühne. Mit mächtigem Intro und ohne viel Rumgepose begann das Konzert, welches jedem der Anwesenden sofort eine Gänsehaut bescherte. Ähnlich wie bei Agalloch lag hier der Stimmungs- und Atmosphärepegel dank gekonntem Licht- und Backlineeinsatz sehr hoch, natürlich sehr zur Freude der Konzertbesucher. Diese feierten ihre Idole mit Fangesängen und anhaltendem Jubel. Die Band war, wie man es bereits von ihnen gewohnt ist, ihn spielfreudigster Stimmung und energiegeladen hoch zehn. Wie die letzten Jahre auch vermisste man die Gegenwart von Henri Sorvali, doch dieses Manko konnte wie immer durch Sessiongitarrist Janne ausgeglichen werden. Insgesamt bekam man von den fünf Finnen gewohnt gute Kost angeboten, die noch ganz im Zeichen der letztjährigen Tour mit Týr stand, das heißt die Setlist wurde auch nur geringfügig verändert. Alles in allem war es jedoch wieder ein grundsolider Auftritt der sympathischen Truppe.

NACHTMYSTIUM läuteten als Vorletztes langsam das Ende ein, und wenn man sich die Gestalten auf der Bühne so anschaute, meinte man auch sie besinnungstechnisch kurz vor dem Ende zu wissen. Spätestens da dürfte einem klar geworden sein, dass die Aussage von Gründer Blake Judd, man nehme des Öfteren psychedelische, bewusstseinserweiternde Substanzen zu sich, wahrscheinlich kein Scherz gewesen sein dürfte. Zumindest vertrieben sich einige erheitert den Auftritt damit, Wetten abzuschließen, wann denn nun Sanford Parker sein Keyboard umkippen würde. Davon wurde man zwar nicht Augenzeuge, dafür von mehreren Spuckattacken und Mikroständerwürfen Richtung Publikum. Musikalische Ekstase in allen Ehren, aber das war wohl eine Grenzüberschreitung zu viel, vor allem, als sich mittendrin noch kämpferisch ins Publikum geworfen wurde, woraufhin man von der Security galant am Schlafittchen wieder auf die Bühne katapultiert wurde. Abgesehen vom Verhalten des Keyboarders und einem ohrenbetäubend übersteuertem Sound war an dem Auftritt wenig auszusetzen und für die Unannehmlichkeiten wurde man zuletzt sogar mit einem spontanen Gastauftritt von Agrypnies Torsten bei „Ghosts of Grace“ entschädigt.

Die Rumänen von DORDEDUH durften dann nach Nachtmystium als letzte Band des Festivals dem Publikum einheizen. Gegründet von den zwei Ex-Negura Bunget-Mitgliedern Sol Faur und Edmond Karban, spielt die Band, man kann es sich denken, Musik im Stile des großen „Bruders“ bzw. wie hinter vorgehaltener Hand eher gesagt wird: Man ist der große Bruder geworden. Das bedeutet, man greift auf verschiedene Folkinstrumente zurück (z.B. Tulnic) und verbindet das mit atmosphärischen Keyboardteppichen und gelegentlichen Black-Metal-Parts (sei es gitarren- oder gesangstechnisch). Dass bei so einer Band viel Wert auf guten Sound gelegt werden muss, sollte wohl klar sein. Ein Glück, bekamen die Atmosphärenkünstler eben dies geliefert. So konnte man als Hörer tief in die Musik eintauchen und eine geistige Wanderung durch Rumänien erleben. Ein ganz starker Auftritt von Dordeduh und zugleich ein würdiger Abschluss des diesjährigen Ragnarök Festivals.

Fazit: Ohne Zweifel war das nunmehr neunte RAGNARÖK eines der gelungensten Ausgaben bisher. Es trumpfte dieses Jahr mit einem ungeheuer abwechslungsreichen wie vielschichtigen Billing auf, das zu keiner Zeit Langweile aufkommen ließ und für absolut jeden mehrere Bands im Programm hatte. Einzig die ernsthaften Vorfälle mit der Securityfirma werfen einen Schatten, dazu könnt ihr euch aber das ausführliche Statement des Veranstalters auf der offiziellen Seite durchlesen. Somit lässt sich mit dieser kleinen Ausnahme umstandslos ein durchweg gelungenes Festival bescheinigen, das einen bereits mit Vorfreude auf das kommende Jubiläum blicken lässt, welches, wie schon jetzt bekannt ist, mit einer riesigen Begrüßungsfeuershow und renommierten Acts wie Fjoergyn, Agrypnie, Vreid, Riger, Menhir und natürlich einem versprochenen Nachholauftritt von Borknagar auftrumpfen wird.

Unter Mitarbeit von Sascha Herklotz und Markus Kuntze (Gastredakteure)

Publiziert am von Diana Muschiol

Fotos von: Diana Muschiol

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