Konzertbericht: Schreinachten Vol. 3

28.12.2019 Jena, F-Haus

2019 neigt sich dem Ende, die besinnliche Zeit verging recht schnell und nach Weihnachten konnte auch dieses Jahr wieder Schreinachten nicht schnell genug kommen. Das Konzert wurde erst im September angekündigt und war so eigentlich nicht geplant. Schlussendlich findet das dritte Schreinachten fast auf den Tag genau ein Jahr nach der zweiten Ausgabe statt. Weg mit all der Stille und her mit DISASTER K.F.W., DECEMBRE NOIR und DIE APOKALYPTISCHEN REITER. Was kann „Der rote Reiter“ nach über zwei Jahren auf der Bühne?

Auf die Minute genau um 19:30 Uhr geht es los und ohne große Umschweife stehen DISASTER K.F.W. im Scheinwerferlicht des F-Hauses in Jena. Das Weimarer Urgestein rund um den Ex-Drummer und Gründungsmitglied der APOKALYPTISCHEN REITER Skelleton legen sich direkt ins Zeug und starten mit „Kill All Humans“. Desweiteren stehen unter anderem „Killed by Dawn“ und „To Darkness“ an. Trotz redlicher Bemühungen – vorallem an den Drums – und dem Hauch von Nostalgie, der in der Luft schwebt, mag der Funke nicht so recht überspringen. Insgesamt wirkt der Auftritt von DISASTER K.F.W. etwas stockend, gar hölzern, nimmt nie richtig Fahrt auf und die Band scheint insgesamt etwas unmotiviert. So lautet Sänger Sørens Ansage vor dem letzten Song „Keine Angst, ihr habt es gleich geschafft…“ – freilich mit einem Augenzwinken und Lächeln auf den Lippen, aber dennoch stellvertretend für den ganzen Auftritt. Nach der Zugabe mit „Doppelkorn“ ist es dann tatsächlich auch geschafft und DISASTER K.F.W. verlassen die Bühne.

  1. Kill All Humans
  2. Killed By Dawn
  3. Bloodsucker
  4. To Darkness
  5. Black Death
  6. Death Ministry
  7. Clash Of The Titans
  8. Doppelkorn

Im Anschluss an einen kurzen Umbau ist das Erfurter Death-Doom-Quintett von DECEMBRE NOIR bereit. Der Start fällt mit „Small-Town-Depression“ etwas holprig aus, was nicht am Song selbst, sondern am Sound liegt: Die Stimme von Sänger Lars geht zu Beginn hoffnungslos unter, die Band klingt stumpf. Zum Glück werden die klanglichen Unstimmigkeiten schnell behoben und DECEMBRE NOIR bekommt eine angemessene Gelegenheit zu spielen. Alles andere wäre schade gewesen, beweist die Band Liebe zum Detail und ein feines Gespür für das Komponieren tonnenschwerer Songs. Das wuchtige „Autumn King“ kann sich genauso gut entfalten wie das anfänglich filigrane „Thorns“. Die tiefen Growls sitzen perfekt und die Band weiß mit komplexem Spiel live zu überzeugen. Allerdings ist der Auftritt nach nur sieben Songs relativ schnell beendet, wobei mit „Forsaken Earth“ und „Barricades“ zwei sehr starke Songs den Abschluss gestalten. Gerade letzteres macht live durch die cleanen Gesangspassagen einen sehr guten Eindruck.

  1. Small.Town.Depression
  2. Autumn King
  3. A Discouraged Believer
  4. Ghost Dirge
  5. Thornes
  6. The Forsaken Earth
  7. Barricades

Und dann war es auch schon soweit: Zeit für DIE APOKALYPTISCHEN REITER! Nach den verletzungsbedingten Ausfällen der Auftritte auf dem Baltic Open Air und Maskenball Festival im Sommer scheint es Fuchs wieder prächtig zu gehen: Wie gewohnt und ungebändigt springt er gleich mit aller Energie zum Opener „Wir sind zurück“ umher – als sei nie etwas gewesen. Generell fühlt es sich an, als sei man bei alten (lautstarken) Freunden zu Besuch: Das Publikum im restlos ausverkauften F-Haus ist sofort extatisch und wieder entsteht dieses wunderbare Geben und Nehmen zwischen den REITERN und ihren Reitermaniacs. Es folgen Klassiker wie „Der Adler“ und „Es wird schlimmer“ sowie „Reitermaniacs“ mit großen Gesangspart für die Fans, aber auch neue Stücke wie das starke und treibende „Herz in Flammen“ oder „Auf und Nieder“. Letzteres beginnt unter Einbindung des Publikums: Fuchs lässt alle Anwesenden auf den Boden setzen, bis sie dann zum ersten Chorus gleichzeitig aufspringen. Ein Drumsolo rückt Sir G. in die Mitte, verschafft dem Rest der Band genug Zeit, um die Kluft zu wechseln und im bewährten flouriszierenden Outfit zu „Der rote Reiter“ zurückzukehren. Der Sound ist grandios und der Song entfaltet seine ganze Breite. Mit „The Fire“ und später auch „The Smell of Death“ kommen weitere Track aus alten Tagen.

Mangelnde Abwechslung und Interaktion kann den REITERN generell nicht attestiert werden – so auch an diesem Abend: ein ausgedehntes, vom Publikum getragenes Akkustikintro zu „Friede sei mit dir“ stimmt langsam auf den Song ein, zu „Auf die Liebe“ verteilt Sänger Fuchs noch Geschenke vor der Bühne, während „Du kleiner Wicht“ kommt Bewegung ins Publikum, weil eine Vielzahl großer Bälle den Maniacs zum Spielen zugeworfen werden und die Schlauchbootfahrt über die Köpfe der Fans oder das Schwenken der übergroßen Reiter-Flagge sind schon fast obligatorisch. Den REITERN gelingt abermals ein Konzert, das einfach stimmig ist und eine perfekte Mischung aus ruhigen Momenten („Nach der Ebbe“) und purer Extase („Es wird schlimmer“) bereitet. Die Zugabe ist selbstverständlich und rundet den Abend gelungen ab. Mit „Die Sonne scheint“ schließen die REITER bewährt ab und bei allen beteiligten bleibt ein breites und zufriedenes Grinsen. Die 90 Minuten vergehen wie im Flug. DIE APOKALYPTISCHEN REITER überzeugen abermals auf ganzer Linie. Die Fans danken es und gratulieren Gitarrist Ady noch mit einem Banner zum zehnjährigen Jubiläum in der Band.

  1. Wir sind zurück
  2. Es wird schlimmer
  3. Der Adler
  4. Herz in Flammen
  5. Der Seemann
  6. Reitermania
  7. Auf und Nieder
    Drumsolo von Sir G.
  8. Der rote Reiter
  9. The Fire
  10. Hört mich an
  11. Friede sei mit dir (mit Akkustikintro)
  12. Du kleiner Wicht
  13. Franz Weiss
  14. Auf die Liebe
  15. Smell of Death
  16. Wenn ich träume (mit Akkustikintro)
  17. Nach der Ebbe
  18. Vom Ende der Welt
  19. The Great Experience of Ecstacy
  20. Revolution
  21. Ein liebes Lied
  22. Die Sonne scheint

Ja, auch wenn die Show nach wie vor die gleiche bzw. sehr ähnlich ist wie zu Beginn, kurz nach Release des roten Reiters, gelang auch dieses Mal wieder einer dieser typischen REITER-Abende: Eine Band auf der Bühne, die Bock auf das hat, was sie macht, ein Publikum, das diese Band genau dafür feiert und diese ganz besondere Verbindung zwischen Musiker und Gästen, die in dieser Art wirklich einmalig ist, begleitet von einer variantenreichen Bühnenshow – Fan, was willst du mehr? Nichtsdestotrotz ist es gut, dass 2020 ein neues Studioalbum der REITER ansteht und damit eine neue Show kommen wird, die frischen Wind bringen soll.

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Fotos von: Andreas Brückner

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