Konzertbericht: Vader w/ Skaphos

05.08.2021 München, Backstage (Werk)

Als VADER im Juni ankündigten, im August das 25-jährige Jubiläum ihres Klassiker-Albums „De Profundis“ mit einer Europatour zu feiern, wirkte das noch ziemlich surreal: Nach anderthalb Jahren Pandemie erschien es quasi unvorstellbar, dass eine Band unter sich ständig ändernden Prämissen eine Konzertreise quer durch Europa planen und dann auch tatsächlich durchziehen würde.

Und auf einmal sind sie da: VADER. Nach Dortmund und Mannheim bleibt auch München nicht nur ein Städtename auf einem von einer weiteren Tourabsage längst wieder hinfällig gemachten Plakat, sondern wird am heutigen Abend tatsächlich Austragungsort der dritten VADER-Show auf deutschem Boden seit September 2020: Schon damals ließen sich die Death-Metaller nicht von Corona unterkriegen und spielten einige „Abstandsshows“ mit entsprechenden Auflagen.

Ähnliche Bedingungen gelten auch heute: Das Backstage Werk ist mit Bierbankgarnituren ausstaffiert, es herrscht Sitzpflicht und auf dem Weg zur Bar oder zum Klo Maskenpflicht. Die Vorfreude der Fans im trotz Bestuhlung nicht ausverkauften Werk leidet darunter jedoch nicht: Bereits die Vorband, SKAPHOS aus Frankreich, erhält reichlich Applaus – für eine objektiv betrachtet insgesamt eher bescheidene Leistung. In ziemlich willkürlichem Bühnenoutfit (Parka hier, Tanktop da, dazu etwas 08/15-Corpsepaint) liefert die erst 2018 gegründete Band ebenso einfallslosen Black-Death: Stumpfes Riffing, ausdrucksloser Gesang und dazu ein – zugegebenermaßen respektabel gespieltes – Doublebass-Dauerfeuer machen die 35-minütige Darbietung maximal stumpf. Schön für die Band, dass das (oder ihr Pay-to-Play-Budget?) für eine Tour mit Vader reicht – zu mehr aber sicher nicht. Prognose: SKAPHOS werden schneller wieder in der Versenkung verschwinden, als sie es zum überschaubaren Ruhm der Vader-Vorband gebracht haben.

All das kann man von VADER wahrlich nicht behaupten: Seit bald 40 Jahren aktiv, haben die Polen bereits mit ihrem Debüt „The Ultimate Incantation“ ein bemerkenswertes Album veröffentlicht. Mit „De Profundis“ (1995) jedoch schärften sie ihren Stil so geschickt, dass die Platte im nun erschienenen Re-Master auch von 2005 oder 2015 sein könnte. Dass dieses Album gefeiert werden muss, ist klar – etwas unklar hingegen ist, warum VADER es dann nicht auch am Stück oder wenigstens komplett spielen: Mit seinen gerade einmal 34 Minuten hätte es locker im Set der Polen Platz gefunden … und auch die ausgelassenen „Revolt“ und „Of Moon, Blood, Dream And Me“ wären hörenswert gewesen.

So unterscheidet sich der Auftritt gar nicht so sehr von einer „normalen“ VADER-Show. Doch weil eben auch eine normale VADER-Show ein verdammter Abriss ist und fast anderthalb Jahre ohne Konzerte (internationaler Bands) alle Livemusik-Liebhaber ausgezehrt haben, spielt die Setlist heute eine absolut nachrangige Rolle: Die Stimmung könnte kaum besser sein. So ist der eine (!) Sicherheitsmann dann auch gut damit beschäftigt, die Sitzpflicht durchzusetzen. Doch wer könnte es den teilweise sogar aus dem Ausland angereisten Fans verdenken: Groovigen Death-Thrash, wie von VADER geboten, brav im Sitzen zu genießen, ist tatsächlich ziemlich viel verlangt.

VADER zumindest lassen sich von der fraglos skurrilen Situation, vor Bierbankgarnituren statt einem Mob wilder Fans zu spielen, nicht im mindesten irritieren: Vom ersten Ton des Openers „Silent Empire“ bis zu den letzten Takten von „Wings“ nach rund 75 Minuten liefern Peter und Konsorten die große Show, basierend auf technischer Brillanz, unterhaltsamem Posing und sympathischen Ansagen. So erhalten VADER völlig verdient noch lange nachdem der obligatorische „Imperial March“ als Outro verklungen ist, lautstarken Applaus … und nun auch in Form von „Standing Ovations“, vereinzelt sogar direkt am Bühnenrand. Irgendwie gegen die Regeln, und irgendwie trotzdem ein kurzer, schöner Moment der „Normalität“.

  1. Silent Empire
  2. An Act Of Darkness
  3. Incarnation
  4. Blood Of Kingu
  5. Sothis
  6. Vision And The Voice
  7. Reborn In Flames
  8. Shock And Awe
  9. Into Oblivion
  10. Emptiness
  11. Despair
  12. Bones
  13. Dark Age
  14. Black To The Blind
  15. Triumph Of Death
  16. Carnal
  17. Send Me Back To Hell
  18. Wings

Dass das Backstage Werk heute trotz reduzierter Kapazität (hygienekonzeptbedingt auf 300 Tickets) augenscheinlich nicht ausverkauft war, ist absolut nicht nachvollziehbar: Gerade im Hinblick darauf, dass sich der Pandemieverlauf im kommenden Herbst und Winter derzeit nicht abschätzen lässt, sollte man sich ein solches Schmankerl im konzertarmen Jahr 2021 keinesfalls entgehen lassen und Bands wie Locations unterstützen, wo immer es möglich ist. Ohne Frage ist die Bestuhlung nach wie vor ungewohnt und, ja, auch lästig. Doch VADER und ihre Fans zeigen heute einmal mehr, dass sie schlussendlich kein Hindernis für einen unterhaltsamen Abend ist. Was will man dieser Tage mehr?

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2 Kommentare zu “Vader w/ Skaphos

    1. Gut möglich und durchaus verständlich, wenn man bedenkt, dass die Krise sicher auch nicht an jedem spurlos vorübergegangen ist. Andererseits will eine Europatour natürlich auch finanziert sein, und wenn die Zuschauerzahlen entpsrechend drastisch reduziert sind, hat das unausweichlich Auswirkungen auf den Ticketpreis – irgendwie muss der Wegfall ja kompensiert werden. Schwierige Situation, keine Frage …

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