Review Bohren & Der Club Of Gore – Beileid (EP)

Dass Namen nicht immer auf die Musik schließen lassen, die sich dahinter verbirgt, lässt sich am Beispiel von BOHREN & DER CLUB OF GORE recht gut veranschaulichen – wäre doch Doom-Jazz vielleicht nicht unbedingt das erste Genre, was man hinter diesem Namen erwarten würde. Dennoch haben sich die Herren aus Mühlheim an der Ruhr mit Alben wie „Black Earth“ oder „Dolores“ genau in diesem Sektor einen Namen gemacht.

Mit „Beileid“ steht nun (lässt man die limitierte Vinyl-Maxi „Latitudines“ mal außen vor) der erste Release seit dem mächtigen 2009er-Werk „Dolores“ in den Läden – eine drei Track-EP, wobei das insofern nicht all zu viel Aussagekraft hat, als dass BOHREN bei ihren Songlängen damit Album-Klassiker wie „Reign in Blood“ hinsichtlich der Gesamtspieldauer immernoch um gute fünf Minuten übertreffen. Dennoch läuft der Vergleich wohl auf ein Unentschieden hinaus, verwenden Slayer dafür doch (zumindest gefühlt) in einem einzigen Kerry King-Solo mehr Töne, als DER CLUB OF GORE auf der ganzen EP.
Eröffnet wird der Reigen von „Zombies Never Die (Blues)“, das mit seinen nur gut sieben Minuten für BOHREN-Verhältnisse fast schon Radiosingle-Charakter hat. Musikalisch zunächst ähnlich stark einreduziert wie Burzums „Rundgang um die transzendentale Säule der Singularität“ entwickelt sich das Stück in seinem Verlauf durch ein so melancholisches wie lang(sam)es Sopran-Saxophon-Solo hin zu einem wahren Senkblei am Fuß, welches einen unaufhaltsam und erbarmungslos tief hinab in die Welt des CLUB OF GORE zieht. Weiter geht es auf der „Cover-Cover-EP“ (das Artwork ist dem des Albums „Fun At The Funeral“ von US-Heavy-Band Jesters Of Destiny nachempfunden) mit einem Coversong, welcher jedoch, man verzeihe mir an dieser Stelle das Kalauern, derart verBOHRT klingt, dass selbst ein eingefleischter Fan deutscher Heavy Metal-Kultur hier wohl nicht so schnell die Warlock-Ballade „Catch My Heart“ aus dem Jahre 1985 erkennen würde. Das Highlight dieser Version ist jedoch nicht auf der instrumentalen Seite zu suchen, sondern hinter dem Mikrophon: So haben BOHREN sich hier nicht lumpen lassen und niemand geringeren als Mike Patton in den CLUB OF GORE eingeladen, um dem Stück mit seiner Stimme Leben einzuhauchen – mit vollem Erfolg, muss man wohl sagen, avanciert der Song doch bereits beim ersten Hördurchgang nicht zur zum absoluten Höhepunkt der EP, sondern zu einem meiner liebsten BOHREN-Songs… Gänsehaut inclusive.
Den Abschluss bildet zu guter Letzt der 14-Minütige Titeltrack „Beileid“, welcher noch den „Dolores“-Sessions entstammt: Wäre der Song damals für das Album schlicht und ergreifend zu vereinnahmend gewesen, hat er im Kontext dieser EP allen Raum, den er braucht, um seine ganze Wirkung zu entfalten. Zäh wie Fensterglas schleppt sich der Song mit 4bpm durch die Gehörgänge – wer dachte, „Black Earth“ wäre schon maximal düster gewesen, wird hier schnell (oder besser: langsam) eines besseren belehrt.

Generell bin ich kein Freund von EPs – in diesem Fall muss greift jedoch keines der Argumente, die ich sonst gegen dieses Format ins Felde führe: Die Spielzeit ist mit einer guten halben Stunde mehr als reichlich, das Songmaterial absolut hochwertig und stilvoll zusammengestellt, und last but not least ist auch der schicke Digipack mit dem durchaus gelungenen „Fun At The Funeral“-Remake-Cover sein Geld wert. Für Freunde hochviskoser Jazz-Klänge ein absolutes Muss, für Fans von Warlock oder Mike Patton allein des unbeschreiblich guten „Catch My Heart“-Covers wegen kaufenswert.

Wertung: 9 / 10

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