Review Einherjer – Norrøn

EINHERJER sind zurück. Klar, „Re-Unions“ sind dieser Tage irgendwie überbewertet, spätestens seit sich Immortal übertrieben früh nach ihrem vermeintlichen Split zurückgemeldet haben. Dennoch durfte man das neue Album der Viking Metal-Veteranen mit Spannung erwarten. „Blot“, „Opfer“ hieß das letzte Stück Musik aus dem Haugesunder Haus. Nun also steht „Norrøn“ an, und dass die Auflösung und Wiedervereinigung manchmal gutes bewirkt, wird hier bewiesen: Gewaltiger ist’s als je zuvor.

Den Norwegern, die mit ihrem 1996er-„Dragons Of The North“ und den Folgewerken durchaus ein Stück Metalgeschichte schrieben, gelang nie der riesige Durchbruch in Europa. Vielleicht hat dies damit zu tun, dass die letzte Scheibe von 2003 ist und damit noch vor dem großen Boom das Licht der Szene erblickte. So muss man aber schon anerkennen, dass sie ein prägender Faktor für die Ausbildung dieses Genres gewesen sind.
Kommen wir aber zur „altnordischen Kraft“: Es sollte von vornherein jedem klar sein, dass EINHERJER nicht mit all jenen 08/15-Pagan Metal-Bands zu vergleichen sind, die mit keyboard-übersättigten Klängen seit einem knappen Jahrzehnt die Szene überschwemmen. „Norrøn“ klingt, wie es klingen soll, und das heißt: rau. Nicht, weil es nennenswert ruppig produziert worden wäre oder weil sich die Musiker wenig Mühe an ihren Instrumenten gegeben hätten. Nein, einfach, weil norwegischer Viking Metal einfach noch nach offenem Deck, Holmgang und Mordbrand klingen kann.

Es mag mancher für einen verklärten Blick halten, aber der Verfasser dieser Zeiler bemerkt seit geraumer Zeit, dass die Erzeugnisse aus dem hohen Norden irgendwie natürlicher klingen als die meisten Versuche hier aus dem mitteleuropäischen Raum. So auch die Jungs aus dem norwegischen Südwesten: Schon mit dem eigentlich so sperrigen, weil fast 13-minütigen Opener „Norrøn Kraft“ gelingt den Fjordländern eine fantastische Ode an die Wikingerzeit, die über die gesamte Spielzeit viele Facetten und vor allem ein unglaubliches „ur-nordisches“ Feeling versprüht.

Genug der Lobhudelei. Ein zentrales Stück auf „Norrøn“ bedarf gesonderter Erwähnung, weil es insbesondere für deutsche Ohren von einer gesondert deutschen Schwierigkeit ist. Jeder Leser mag sich einmal „Alu Alu Laukar“ zu Gemüte führen und NICHT feststellen, dass es irgendwie totalitär klingt. Sei’s drum, wir haben es mit einem absoluten Ohrwurm zu tun. Nicht weniger steht es mit „Varden brenne“ – kurzum, EINHERJER haben 2011 ein hochsensiblres Gespür für gewaltige Songs mit Groove, klugen Strukturen und der nötigen Portion Epik. Das einzige, was den Norwegern noch fehlt, ist ein richtiger Uptempo-Knaller.

Zugegebenermaßen ist solches noch nie EINHERJErs Markenzeichen gewesen. Aber abgesehen von manchen (verdammt guten) Passagen in „Malmting“ geht auf „Norrøn“ nur wenig „so richtig“ nach vorne, das könnten die Haugesunder Jungs durchaus noch aufbauen. Wie gut es aber die drei alteingesessenen Wikinger verstehen, alle Register ihres Könnens zu ziehen, um großartigen Viking Metal zu erschaffen, beweisen die Norweger in ihrem letzten Stück. Grimars rauer Gesang verschmilzt mit den Instrumenten, großartigen Backrounds und einem phänomenalen Songwriting zu einer Bathory-würdigen Hymne, die Gänsehaut noch in den letzten Winkeln des Körpers erzeugt. Da spielt es kaum eine Rolle, dass hier einmal mehr die großen Verse Hávamál 76-77 verwurstet werden, die schon nicht gerade wenig Bands inspirierten.

Kurzum, EINHERJER sind immer noch bzw. wieder eine von den Großen und werden es auch in absehbarer Zeit bleiben. Mit „Norrøn“ haben es die Skandinavier geschaffft, sich trotz einer längeren Pause als beeindruckende Viking Metal-Combo zu behaupten und sie dürften auch weiterhin eine der Hausnummern sein, wenn man nach Referenzen in dem Genre fragt. Dass man ein wenig Tempo auf der Platte vermisst, fällt angesichts der großen Ohrwürmer wenig ins Gewicht. „Norrøn“ ist sicherlich einer DER Viking Metal-Tipps 2011.

Wertung: 9 / 10

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