Review Havukruunu – Uinuos Syömein Sota

Hätten HAVUKRUUNU auf den stets leicht verwaschenen, schwarzweißen Artworks ihrer bisherigen Alben ein trauriges Clownsgesicht platziert, man könnte diese glatt für Veröffentlichungen aus dem Hause Lacrimosa halten. Musikalisch könnten die Finnen allerdings kaum weiter von dem schwülstigen Gothic Rock der Deutschen entfernt sein. Im Gegensatz zu Tilo Wolffs symphonischem Pomp ist der hammerharte Pagan Black Metal, den das Quartett stets mit mehr Inbrunst als Akkuratesse gespielt hat, definitiv nichts für Zartbesaitete. Auf „Uinuos Syömein Sota“, ihrem dritten Album, bündeln HAVUKRUUNU die unbändige Wildheit ihres Genres jedoch einmal mehr auf derart mitreißende Weise, dass kleine spielerische Ungenauigkeiten schlicht bedeutungslos erscheinen.

Schon die ersten paar Sekunden des eröffnenden Titeltracks sind nicht weniger als zum Niederknien: Vollkommen ohne instrumentale Untermalung erschallt ein hymnischer Chorgesang, dessen Stimmgewalt ihresgleichen sucht, ehe HAVUKRUUNU nach einer Weile auf einen Schlag episches Tremolo-Picking und tosende Blast-Beats losbrechen lassen. Frontmann Stefans markige Clean-Vocals, die sich auch in den übrigen Tracks immer wieder an seinen garstigen Screams vorbeikämpfen, erreichen danach zwar keinen vergleichbaren Höhepunkt mehr, lassen aber auch nie an Kraft vermissen.

Die größte Stärke der Platte liegt jedoch eindeutig in der durchwegs auf Hochtouren laufenden Instrumentierung. Eine Dreiviertelstunde lang werfen HAVUKRUUNU unermüdlich überschwängliche, kämpferische Gitarrenriffs, ausgeflippte Soli („Vähiin Päivät Käy“) und orkanartige Schlagzeugsalven zusammen – eine Kombination, die vor pulsierender Energie nur so strotzt. Dass das in „Uinuos Syömein Sota“ lodernde Feuer dennoch nicht vorzeitig ausbrennt, ist insbesondere der Vielseitigkeit des Songwritings zu verdanken.

Immer wieder schütteln HAVUKRUUNU verspielte, klassische Heavy-Metal-Leads aus dem Ärmel, in manchen Tracks finden sich ratternde Thrash-Passagen und vereinzelt schiebt die Band melancholische, leicht spröde Akustik-Parts ein („Jumalten Hämär“). Die anfangs noch treibende Abschlussnummer „Tähti-Yö Ja Hevoiset“ lassen HAVUKRUUNU sogar unerwartet mit stimmungsvollen Dungeon-Synth-Keyboards ausklingen. Dass die Finnen bezüglich Komposition, Produktion und Performance nach wie vor keine Perfektionisten sind, sollte nach ihrem letzten Album „Kelle Surut Soi“ (2017) hingegen niemanden überraschen. Von diesen kleinen Mängeln wird die LP allerdings nicht im Geringsten beeinträchtigt.

„Uinuos Syömein Sota“ könnte durchaus noch ein bisschen präziser eingespielt und nuancierter produziert sein. Wenn es um schiere Klanggewalt geht, gibt es derzeit jedoch wohl kaum eine Metal-Band, die sich mit HAVUKRUUNU messen kann. Die Finnen haben hiermit eine Platte voller einprägsamer, packender Pagan-Black-Metal-Hymnen kreiert, die auf eine primitive, ursprüngliche Weise majestätisch erscheinen. Nicht einmal mit den vereinzelten Folk-Einschüben bringen HAVUKRUUNU die Dynamik des Albums ins Straucheln, vielmehr handelt es sich dabei um ein paar willkommene Momente der Besinnung in einer ansonsten geradezu rauschhaften Hörerfahrung. Dass „Uinuos Syömein Sota“ ein gewisser Feinschliff fehlt, tut letztlich somit nichts zur Sache – auch mit seinen kleinen Makeln ist es eines der stärksten Metal-Alben des Jahres.

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Wertung: 8.5 / 10

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