Review Killing Joke – Singles Collection (1979-2012)

In der Regel bin ich kein Fan von wie auch immer gearteten nachträglichen oder willkürlichen Song-Zusammenstellungen – seien es nun Various-Artist-Compilations, Best-Ofs oder B-Seiten- und Bonustrack-Sammlungen. Beim vorliegenden Release der britischen Post-Punker KILLING JOKE ist das anders.

Die Ursache dafür liegt weniger in der Exklusivität der limitierten „Super Deluxe Edition“, bei der das Material auf 33 praktischen CD-Singles à zwei Songs verteilt dargeboten wird, als viel mehr in der Song-Zusammenstellung: Statt das Label willkürlich „Greatest Hits“ für ein Best-Of-Album zusammenstellen zu lassen, präsentieren sich die Briten hier, wie es der Veröffentlichungstitel „Singles Collection (1979-2012)“ schon andeutet, im Spiegel ihrer Single-Veröffentlichungen. Für den Otto-Normal-Verbraucher auf zwei, für den Fan mit gehobenen Ansprüchen auf drei CDs (der Bonus-Silberling enthält hier rares, teils unveröffentlichtes Material) bieten KILLING JOKE auf diese Weise einen authentischen Querschnitt durch ihren musikalischen Werdegang: Chronologisch geordnet und entsprechend auf die beiden CDs (1979-1988 / 1990-2012) aufgeteilt, kann man beim Hören der „Singles Collection (1979-2012)“ eine fast 35 Jahre umspannende Karriere im Zeitraffer durchleben: Von der ersten Single „Nervous System“ (ursprünglich auf der Debüt-EP „Turn To Red“ erschienen) bis hin zu „In Cythera“ und „Corporate Elect“ vom neuesten Album „MMXII“ sind hier alle Schaffensphasen exemplarisch vertreten. Songs aus einer so langen Zeitspanne auf einer (beziehungsweise zwei) CDs zu vereinen, könnte stilistisch und soundtechnisch durchaus zu Komplikationen führen und so inhomogen und unzusammenhängend klingen. Stattdessen ist die über die Jahre vollzogene Entwicklung dieser Ausnahmeband hier in so kleinen Schritten repräsentiert, dass sie beim Hören gar nicht auffällt: Von noch merklich Punk-beeinflussten Songs wie „War Dance“, die stilistisch und soundtechnisch noch nah bei Bands wie The Adicts, welche zur gleichen Zeit ebenfalls in Großbritannien ihre Karriere starteten, angesiedelt sind, hin zum atmosphärischen, druckvollen Post-Punk der heutigen Zeit vollzieht sich hier ein kontinuierlicher Wandel. Dieser zieht sich als stetige, fließende Entwicklung ohne große Brüche durch das gesamte Werk – überlisten lässt sich diese langsam erfolgende „Umerziehung“ erst, springt man nach dem die zweite CD abschließenden „Corporate Elect“ erneut knapp 35 Jahre in der Zeit zurück und startet die musikalische Evolution von KILLING JOKE mit CD1 von neuem.

In Form einer musikalischen Autobiographie gehalten, repräsentiert dieses Werk das, wofür der Name KILLING JOKE steht und fasst das Werk der Briten adäquat zusammen. Sicherlich, gerade die frühen Songs leben (wie wohl alle Songs aus dieser Zeit) heute zu 70 Prozent von ihrem Spirit und nur zu 30 Prozent von ihrer musikalischen Finesse. Auf seine Art hörenswert ist jedoch jedes Kapitel aus der Geschichte dieser Ausnahmeband – und damit jede der 33 hier zusammengetragenen Nummern. Für Fans, die bereits alle Alben besitzen, mag die Zusammenstellung aus Singles vielleicht weniger interessant sein – hier empfiehlt sich wohl, für die dritte CD mit bisher unveröffentlichtem Material den Aufpreis zur limitierten Edition in Kauf zu nehmen. Wer die Band jedoch zu schätzen weiß, aber noch nicht all zu viele KILLING-JOKE-Platten sein Eigen nennt, ist mit „Singles Collection (1979-2012)“ absolut richtig beraten, bekommt man anhand dieser Veröffentlichung doch einen umfassenden Einblick in die Schaffenswelt dieser legendären Truppe.

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