Review Perchta – Ufång

(Black Metal / Folk) Jeder kennt wohl das ungute Gefühl, wenn sich bei Musik die Frage stellt, ob sie authentisch ist, man sich dazu ermahnt, nicht voreingenommen zu sein – und doch allein schon das Aufkommen der Frage einen schalen Beigeschmack hinterlässt. Gedanken wie diese schießen einem durch den Kopf, wenn man sich mit PERCHTA und ihrem Debütalbum „Ufång“ auseinandersetzt. Zwischen dem proklamierten Anliegen, das regionale, vermeintlich durch dessen Modernisierung trivialisierte Brauchtum um die gleichnamige Sagengestalt wieder aufleben zu lassen, und den allzu aufpolierten Promo-Fotos der Tiroler Band besteht nämlich eine gewisse Diskrepanz. Auch mit ihrem trendverdächtigen, rituell inszenierten Folk-Black-Metal-Stil liegen PERCHTA zumindest ebenso sehr am Puls der Zeit wie ihre Kollegen in Vinsta und Our Survival Depends On Us.

Ungeachtet etwaiger sinnloser, weil nicht überprüfbarer Spekulationen über die künstlerische Glaubwürdigkeit der Band und der geringfügigen Unstimmigkeiten zwischen ihrem erklärten Ziel und ihrem Auftreten präsentieren PERCHTA auf ihrem ersten Album eine durchaus spannende musikalische Prämisse. Mit ihrer Kombination aus griffigem Black Metal und urtümlich anmutendem, auf Hackbrett, Zither und organischer Perkussion vorgetragenem Liedgut bilden die Österreicher gewissermaßen das fehlende Bindeglied zwischen Botanist und Wardruna. Dass „Ufång“ trotz seiner Einzigartigkeit nicht restlos von sich überzeugen kann, liegt somit weder am Image des Projekts noch an der stilistischen Ausrichtung, sondern hat vielmehr strukturelle Gründe.

Die Platte setzt sich nämlich aus einem Intro, einem Outro, vier minimalistischen Zwischenspielen und lediglich vier eigentlichen Tracks zusammen. Während Erstere bloß belangloses Geklimper, das vereinzelt von vollkommen deplatziertem Statikrauschen unterbrochen wird, beinhalten, setzen PERCHTA in den nach den vier Jahreszeiten benannten, mal eher friedvollen („Summa“), mal eher desolaten („Winta“) Interludes immerhin ein paar leichte Akzente. Das spirituelle Kauderwelsch, das Frontfrau Perchta hier scheinbar gedankenverloren und gewollt ahnungsvoll im Tiroler Dialekt vor sich hin murmelt, flüstert und kreischt, macht jedoch einen arg bemühten Eindruck.

Wirklich interessant wird „Ufång“ erst in den vier „Hauptsongs“, die jeweils einem der vier Elemente zugeordnet sind. In diesen begeistern PERCHTA mit kraftvoll gegrölten („Erdn“), auf einfallsreiche Weise rhythmisch gehauchten, feierlich jauchzenden („Åtem“) und garstig gekrächzten („Gluat“) Vocals, mächtigen Riffs und Drums sowie dem stets darüber hinweg tänzelnden Hackbrett. Dass die vier Eckpfeiler der Platte lediglich die Hälfte der knapp 40 Minuten langen Laufzeit ausmachen und der Klargesang im getragenen Neunminüter „Wåssa“ eher zittrig klingt, ist im Hinblick auf die Besonderheit dieser vier Stücke wirklich jammerschade.

Ob man die Debüt-LP von PERCHTA mit ihrem im Kontext des Bandkonzepts etwas willkürlich erscheinenden, thematischen Fokus auf Naturzyklen und ihren bedeutungsschwangeren Mundarttexten als faulen Zauber oder doch als geistvolle Erfahrung betrachtet, ist eine Frage der subjektiven Einschätzung. So oder so ist es jedoch überaus schade, dass die Österreicher ihr trotz seines etwas zu spröden Sounds und vereinzelter gesanglicher Schwächen durchaus faszinierendes Songmaterial mit derart viel überflüssigem Beiwerk umhüllt haben. Wenn PERCHTA also im letzten Zwischenspiel „Winta“ raunt: „Es deaf sei!“, so kann man darauf in Bezug auf „Ufång“ getrost antworten: Ja, es darf sein – muss es aber nicht.

Wertung: 6 / 10

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