Review Schandmaul – Artus

Nein, die letzten Jahre liefen nicht gut für SCHANDMAUL. Teilweise vom Pech verfolgt und musikalisch spätestens mit „Leuchtfeuer“ auch eher auf Sparflamme kochend widmen sich die Münchner auf „Artus“ nun wieder ihren alten Stärken: dem Erzählen von Geschichten. Allerdings zeigt auch das neueste Album, dass die Urväter des Folk-Rock sich inzwischen hinten anstellen müssen. Gerade viele ihrer früherer Qualitäten haben die Musiker eingebüst.

Die wohl beste Nachricht vorab: Saskia als neue Geigerin bei SCHANDMAUL ist mehr als nur eine würdige Nachfolgerin von Anna Kränzlein. Auf „Artus“ spielt dies allerdings noch eine untergeordnete Rolle, da Übergangsmitglied Ally (Subway to Sally) die Geigenparts im Studio eingespielt hat und an der Drehleier Stephan Groth von FAUN zu hören ist. Im Ergebnis führt dies zu exzellenten Streicher-Arrangements, die in „Chevaliers“ gipfeln, welches gänzlich ohne Text zu den Höhepunkten von „Artus“ zählt und an dem Saskia bereits mitgewirkt hat. Ebenfalls gelungen sind die Drehleier-Parts im Opener „Der Meisterdieb“, das kraftvolle „Der Kapitän“ und das abwechlungsreiche „Die Oboe“, welches im Refrain allerdings wie ein Abziehbild von ABBAs „Lay All Your Love On Me“ klingt.

Immer wieder zeigt „Artus“, dass die einzelnen Musiker auf der einen Seite allesamt ihr Handwerk verstehen und in der Lage sind, die lyrischen Vorlagen ansprechend umzusetzen. Die Produktion von Fabio Trentini unterstreicht das. Allerdings wirkt das Album auf der anderen Seite sehr blutleer und saftlos, gerade was die E-Gitarren betrifft. SCHANDMAUL verzaubern ihre Hörer teilweise, packen sie aber nie wirklich mit dem kraftvollen Folk vergangener Werke. Auch Sänger Thomas schöpft erst beim Abschluss „Der weiße Wal“ so richtig aus den Vollen, wenn er im Refrain nachdrücklich und opulent unterlegt „Bringt mir den Wal“ fordert.

Als Ganzes ist „Artus“ viel zu gleichförmig und spannungsarm: Das manifestiert sich ironischerweise in der Trilogie bestehend aus “Die Tafelrunde“, “Der Gral“ und “Die Insel – Ynys Yr Afallon“. Besonders im direkten Vergleich zur Nibelungen-Trilogie, die sich über viele Jahre und Alben aufgebaut hat, fällt das aktuelle Dreiergespann merklich ab. Bis auf wenige Kleinigkeiten, wie den Refrain bei „Der Gral“, zieht die Artus-Trilogie gefühlt spurlos vorbei und hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Textlich präsentiert sich der folkige Sechser ebenso immer dann am stärksten, wenn der Albumtitel wie in “Der Totengräber“ und “Froschkönig“ in den Hintergrund rückt. Bei „Froschkönig“ zeigt sich Thomas von seiner charmantesten Seite und haucht dem Ganzen dadurch viel Eigenleben ein, ähnlich wie in „Das Seemannsgrab“.

Weder lyrisch noch von den Songstrukturen liefern die Süddeutschen besondere Aha-Effekte wie z.B. ein komplett reduziertes „Tjark Evers“ oder ein schmissiges „Pakt“. Stattdessen dreht sich „Artus“ rund um vertonte Geschichten, Märchen und Mythen, die nie wirklich Fahrt aufnehmen, gleichzeitig oftmals keine wirkliche emotionale Tiefe bieten oder in fremde Welten entführen. Was bleibt, ist wenig – womöglich zu wenig, um an der vordersten Front des Folk(-Pops) bestehen zu können. Ein bisschen haben sich SCHANDMAUL musikalisch verirrt und sind nun auf wieder auf der Suche nach ihrer Identität. Speziell die letzten beiden Platten machen allerdings deutlich, dass dieser Prozess noch an einigen Stellen klemmt.

Wertung: 5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert