Und sonst so … September 2017

Metal ist eines der der lebendigsten Genres, die es gibt. In der Folge ist es bei der mittlerweile enormen Zahl an Veröffentlichungen schier unmöglich geworden, sämtliche Alben in ausführlichen Reviews vorzustellen. In unserer Rubrik „Und sonst so …“ kommen deswegen in Form von Kurz-Kritiken ein paar der Alben zur Sprache, die trotz Zeitmangel und Überangebot nicht unter den Teppich fallen sollten.


The Movielife - Cities In Search Of A Heart

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14 Jahre liegt das letzte Album „Forty Hour Train Back To Penn“ mittlerweile zurück – dem möchte THE MOVIELIFE mit zehn neuen Songs Abhilfe schaffen, die der aktuelle Longplayer „Cities In Search Of A Heart“ beinhaltet. Diese wurden in überschaubare 27 Minuten eingebettet, die sich zwischen Emo und Post-Hardcore einpendeln. Obwohl das alles nicht schlecht gemacht ist, haftet doch eine verstaubte Schicht auf dem neuen Output der New Yorker. Gerade im Core-Bereich hat sich in der vergangenen Dekade viel gewandelt, etwas mehr Moderne hätte auch THE MOVIELIFE gut getan.

[Christian Denner]


Blindwish - Good Excuses

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Erst im März 2016 gegründet konnten BLINDWISH bereits mit ihrem Debüt „Good Excuses“ beim renommierten Label Rise Records landen. Die zehn enthaltenen Songs sollen an den Rock der 2000er von Bands wie Taking Back Sunday oder Bayside anknüpfen. Tatsächlich überrascht die Band mit einem Mix aus energiegeladen-mitreißenden Songs. Anhänger der damals kurz und prägnant, wenn auch musikalisch nicht ganz korrekten, Bezeichnung Emo werden hier an vielen Stellen fündig werden. Die Texaner verschmelzen den Bezug zwischen Wut und Herzschmerz in gekonnter Weise.

[Christian Denner]


Propagandhi - Victory Lap

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Fünf Jahre sind verstrichen bis die Kanadier PROPAGANDHI ihren treuen Anhängern ein neues Studiowerk vorgelegt haben. „Victory Lap“ ist das siebte seiner Art in knapp 30 Jahren Bandgeschichte – zumindest dieser Fakt spricht für Qualität statt Quantität. Der melodiöse Punk, geprägt von Progressive-Thrash-Elementen ist eingängig und vertrackt zugleich. Vor poppigen Einschüben schreckt die Band ebenfalls nicht zurück. Das Quartett kann somit qualitativ definitiv punkten und klingt durch den selbst kreierten Stil ziemlich frisch und unverbraucht.

[Christian Denner]


Troldhaugen - Idio+syncrasies

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Die Meister des auf seltsame Art und Weise tanzbaren, komplett verrückten, hyperaktiven Avantgarde-Prog-Gaga-Fun-Metals, der sich durch diverse Genres schlängelt, sind zurück. TROLDHAUGEN haben den WTF-Regler seit dem letzten Album noch mal ein ganzes Stück aufgedreht. Neben der neuen IgorrrPlatte ist „Idio+syncrasies“ eines der am schwersten zu begreifenden Alben, die dieses Jahr das Licht der Welt erblickten. Das ist zwar gewöhnungsbedürftig und kommt leider auch mit ein paar Ausfällen daher, Spaß macht die Scheibe insgesamt aber trotzdem ziemlich. Beschreiben ist nahezu unmöglich, da muss jeder selber reinhören, um zu verstehen, was die Band da genau macht.

[Simon Bodesheim]


Cripper - Follow Me: Kill!

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Das neueste Werk der deutschen Thrash-Formation mit Fronterin Britta Görtz ist zwar alles andere als schlecht, aber enttäuschend, wenn man bedenkt, wie grandios sie auf Alben wie “Hyëna“ oder “Devil Reveals” mit superfetzigen Riffs um sich geschmissen hat. Von “Follow Me: Kill!” bleibt dagegen wenig hängen. Und mal davon abgesehen: Was ist denn momentan los, dass alle (Neo-)Thrash-Bands meinen, sie müssten jetzt unbedingt düsteres Midtempozeug spielen…?

[Simon Bodesheim]


Kublai Khan - Nomad

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Mit dem mongolischen Herrscher und Enkel des berühmten Dschingis haben die Texaner KUBLAI KHAN bis auf den Namen nichts zu tun. Dennoch gibt es eine Parallele zu den erbarmungslosen Kreuzzügen der Mongolen: Unbarmherzig drückt der Metalcore des Quartetts aus den Boxen. Gefangene werden schon mit dem Intro nicht gemacht. Jede Menge Riffwände und Breakdowns mit viel Groove prasseln auf einen herab. Hinzu kommt gedämpft-räudiger Gesang von Matt Honeycutt. Der perfekte Soundtrack für die nächste ausufernde Moshpit-Fete!

[Christian Denner]


The Bronx - V

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Vier Jahre nach ihrem letzten Album sind THE BRONX endlich weider da und legen ihr neues Album „V“ vor.  Auf diesem gehen die Herren aus LA den Weg weiter, den sie spätestens mit „The Bronx III“ eingeschlagen haben – die heftigen, rohen Hardcore-Attacken haben vielen melodischen Parts und teilweise fast schon poppigen Passagen Platz gemacht. THE BRINX bewegen sich viel inRock-’n‘-Rol-Gewässern, wie die Vorabauskoppelung „Two Birds“ bereits nah gelegt hatten. Umso heftiger wirken im Kontrast dazu Ausbrüche wie „Sore Throat“ , auf dem THE BRONX etwas härter zu Werke gehen. Dies gilt in besonderem Maße für „Cordless Kids“, in dem die melodische Wendung so geschickt eingearbeitet ist, dass der Track zum Highlight von „V“ wird. Eine Weiterentwicklung ist die Scheibe für THE BRONX zwar nicht, aber um wirklich Kritik über zu können, ist das auf „V“ gebotene Material einfach zu gut. Fans der Truppe werden sich hier definitiv heimisch fühlen.

[Christoph Emmrich]


Godspeed You! Black Emperor - Luciferian Towers

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GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR sind nicht irgendeine Band. Das Kollektiv aus Montreal hat das Genre des Post Rock einerseits mitbegründet, andererseits bereits mit ihrem ersten Album gesprengt. Ihr neues Album „Luciferian Towers“ setzt den Weg seit der Wiedervereinigung 2010 reibungslos fort: Eine druckvolle, mächtige Produktion präsentiert epische Klangkosmen zwischen Erhabenheit, Verzweiflung und purer Schönheit. Auch wenn sie die Klasse ihrer früheren Alben nicht ganz erreichen, finden sich nach mehreren Hördurchgängen immer mehr Momente zum Niederknien.

[Bernhard]


The National - Sleep Well Beast

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THE NATIONAL waren noch nie eine Band, die für eine positive Grundstimmmung bekannt war. Ihr neues Album „Sleep Well Beast“ bildet keine Ausnahme: Der Baritongesang von Matt Berninger transportiert eine schon fast erdrückende Schwere, was sich im thematischen Verarbeiten von gescheiterten Beziehungen steigert. Musikalisch setzt die Band nach dem doch sehr ruhigen Vorgänger dieses Mal verstärkt auf Klaviertöne und umarmt in anderen Momenten ihre mitreißende, (indie-)rockige Seite.

[Bernhard]


Beatsteaks - Yours

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Die BEATSTEAKS haben sich (zurecht) den Ruf einer der besten Livebands Deutschlands erspielt. Auf ihrem neuen Album „Yours“ führen die Berliner ihre musikalische Entwicklung konsequent weiter. Während der wilde Punk früherer Tage nur noch selten aufblitzt, stehen die zunehmenden Einflüsse aus Reggae, Indie, HipHop und Soul der Musik hervorragend zu Gesicht. Leider schöpfen nicht alle Gastauftritte ihr volles Potenzial aus und auch die Entscheidung, 21 neue Lieder zu veröffentlichen führt zu einigen unspektakulären Momenten. Dennoch wächst das Album mit jedem Durchgang.

[Bernhard]


EA80 - Definitiv: Ja!

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EA80 sind eine der großen und gleichzeitig unbekannten Konstanten im Deutsch-Punk. Seit 1979 liefert die Band aus Mönchengladbach regelmäßig energetische Alben ab, die zwischen depressiven und melancholischen Momenten auch reichlich Wut in sich tragen. Auch ihr neues Album „Definitiv: Ja!“ kommt ohne Werbung oder Label aus. Große Überraschungen bleiben aus, dafür gibt es mehr hochklassigen Punk. Zwischen eingängigen und sperrigen Momenten ist auch der neueste Streich der Band ein Beweis dafür, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören.

[Bernhard]


Enter Shikari - The Spark

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ENTER SHIKARI sind der musikgewordene Irrsinn der 2000er. Nach ihrem Beginn im klassischem Emocore mit elektronischen Rave-Elementen hat sich die Band kontinuierlich weiterentwickelt. Mit „The Spark“ liefern die vier Briten nun ihr bisher stärkstes Werk ab. Mehr als nur knietief im Pop werden die elektronischen Elemente in den Vordergrund gestellt, der Schreigesang rückt zugunsten eingängiger Cleanparts in den Hintergrund. Das Album lädt über weite Strecken mit einem 80s-Synthie-Charme zum Tanzen ein und ist musikalisch dennoch abwechslungsreich.

[Bernhard]


Lirr - god's on our side; welcome to the jungle

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LIRR liefern mit „god’s on our side; welcome to the jungle“ eine musikalische Wundertüte ab. Stilistisch im Post-Hardcore angesiedelt, werden hier ohne Rücksicht auf etablierte musikalische Grenzziehungen Elemente aus Indie Rock, Shoegaze und R’n’B kombiniert. Das Ergebnis wirkt dabei zu keiner Sekunde willkürlich, sondern bildet ein kohärentes, packendes Ganzes. In unter 30 Minuten wird zwischen Falsettgesang und verzweifeltem Kreischen eine mitreißende Bandbreite emotionaler Musik dargeboten.

[Bernhard]


Mogwai - Every Country's Sun

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MOGWAI haben auf den letzten Alben zwar nicht enttäuscht, konnten sich aus der Masse unzähliger Instrumental-Rock-Bands allerdings vornehmlich aufgrund ihres legendären Namens abheben. Ihr neuester Streich „Every Country’s Sun“ spielt nun alle Stärken ihrer späteren Phase aus. Auch wenn Wall Of Sounds und die Ausbrüche früherer Tage ausbleiben, lässt der verstärkte Einsatz von Synthies und die Rückkehr von Gesang ein überzeugendes 80s-Feeling aufkommen. Dabei setzt die Band aus Schottland ganz auf eine kohärente Albumatmosphäre.

[Bernhard]


Chelsea Wolfe - Hiss Spun

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CHELSEA WOLFE ist die ungekrönte Königin des verschrobenen, düsteren Gothic Rock. Auf ihrem neuen Album „Hiss Spun“ badet sie ihre beschwörerische, verhallte Stimme in verschleppten, sludgeigen Riffs und fuzzigen Gittarensoli. Das Zusammenspiel zwischen Gesang und Musik erzeugt eine durchgängig unruhige, fast albtraumhafte Stimmung, die sich nie so wirklich entladen will. Die dadurch erzeugte Anspannung macht „Hiss Spun“ unglaublich sperrig, gleichzeitig aber auch zu einem faszinierenden Hörerlebnis.

[Bernhard]


Prophets Of Rage - Prophets Of Rage

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PROPHETS OF RAGE stehen für unbequeme Musik in unbequemen Zeiten. Mitglieder von Rage Against The Machine haben sich unter diesem Namen mit Mitgliedern von Public Enemy und Cypress Hill zusammengetan. Das selbst betitelte Debüt kann die Erwartungen an eine derartig hochkarätige politische Supergroup allerdings nicht erfüllen. Die Riffs klingen wie weniger aggressive Überbleibsel aus dem RATM-Backkatalog, die Produktion ist erschreckend glatt und drucklos und auch der Gesang vermag die doch recht platten, wenn auch inhaltlich richtigen Parolen nicht durchsetzen.

[Bernhard]


Mastodon - Cold Dark Place [EP]

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Vergessen wir einfach bitte alle diese EP und tun so, als ob 2017 das Jahr war, in dem MASTODON mit “Emperor of Sand” triumphierten. Nicht, dass sie schlecht wäre, aber warum man eine lediglich ganz nette EP mit interessanten, aber musikalisch unzusammenhängenden Songs nachlegen muss, wenn man im selben Jahr bereits ein großartiges Album veröffentlicht hat, erschließt sich nicht so ganz. Auch nach mehreren Durchläufen möchte man Brent Hinds, Gitarrist der Band und Songwriter der EP, am Ende nur darum bitten, beim nächsten Mal die Kollegen wieder mitschreiben zu lassen.

[Simon Bodesheim]


Publiziert am von Simon Bodesheim, , und Christian Denner

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