Konzertbericht: Alcest w/ Birds In Row, Kælan Mikla

09.02.2020 München, Technikum

Scheinbar hatten die Münchner Veranstalter in der Vorbereitung für den 9. Februar 2020 ein gutes Händchen: Zum einen gastieren die Blackgaze-Pioniere ALCEST zusammen mit Birds In Row und Kælan Mikla im Technikum, zum anderen bespielen Slipknot zusammen mit Behemoth die Olympiahalle und gibt sich Dream Theater im Zenith die Ehre. Dennoch ist das Technikum bereits bei Einlass angenehm gefüllt und brummt voll vorfreudiger Erwartung auf einen musikalisch diversen Abend.

Den Auftakt machen die drei Isländerinnen von KÆLAN MIKLA, die die Bühne beinahe schon überpünktlich um 19:30 betreten. Den Einstieg gestalten die drei Musikerinnen sphärisch: Über kühlen Klangflächen und tiefen Beats deckt Sängerin Laufey Soffía das gesamte Spektrum zwischen Hecheln, Flüstern, Schreie und Klargesang ab. Danach steigen KÆLAN MIKLA in die volle Breitseite (Dark) Wave ein. Reichlich Synthesizer, ein durchgehender brummender Bass und mal liebreizender, mal aggressiver Gesang dominieren das Bild der nächsten 35 Minuten. Die wenigen Ansagen von Lauffey wirken im Gegensatz zu ihrem offensiven Stageacting schon fast verschüchtert – allerdings auch ungemein sympathisch. Umso ärgerlicher, dass kurz vor Schluss des Sets der Bassamp nicht mehr so recht will und so für einige Minuten Stille auf der Bühne herrscht. Das Publikum ist dennoch sehr angetan und klatscht am Ende des Sets lauten Beifall.

  1. Intro
  2. Hvernig kemst ég upp?
  3. Kalt
  4. Draumadís
  5. Nornalagið
  6. Skuggadans
  7. Næturblóm
  8. Ándvaka
  9. Nótt eftir nótt

Der musikalische Sprung zu BIRDS IN ROW könnte kaum größer sein. Lediglich gerahmt von einer minimalistischen Beleuchtung aus Lichterketten und weißem Licht, brechen die drei Franzosen mit einer schieren Urgewalt über das Münchner Publikum herein. Ihr brachialer, melodischer Mix aus Screamo und Post-Hardcore kommt unfassbar mächtig und druckvoll aus den Boxen. Obwohl die Band normalerweise nur in kleinen Jugendzentren zu Gast ist, gelingt es BIRDS IN ROW somit auch in diesem größeren Setting problemlos abzureißen. Das Publikum ist nach einer anfänglichen Überrumpelung schließlich Feuer und Flamme und auch wenn keine Moshpits zu sehen sind, traut sich doch der ein oder andere Headbanger aus ihren Verstecken. Auch wenn die Musik von BIRDS IN ROW deutlich besser in die Intimität kleiner Clubs passt, spricht der begeisterte Jubel nach dem abschließenden „You, Me & The Violence“ doch Bände: Hier konnte eine Band viele neue Fans für sich gewinnen.

  1. We Count So We Don’t Have To Listen
  2. Love Is Political
  3. I Don’t Dance
  4. Remember Us Better Than We Are
  5. Split 1
  6. Split 2
  7. Split 3
  8. 15-38
  9. Fossils
  10. Intro
  11. Torches
  12. We vs. Us
  13. You, Me & The Violence

Nach einer angenehm kurzen Umbaupause betritt schließlich um 21:30 Uhr der heutige Headliner die Bühne. Nachdem für ALCEST quasi das gesamte Publikum Richtung Bühne drängt, zeigt sich, dass das Technikum nur gut zur Hälfte gefüllt ist – was der Stimmung auf und vor der Bühne allerdings keinen Abbruch tut. Der Einstieg in das heutige Set in Form von „Les Jardins de minuit“ vom neuen Album „Spirutual Instinct“ stellt bereits eindrucksvoll unter Beweis, wie gut die neuen Stücke live funktionieren. Dazu trägt sicherlich auch die großartige Abmischung bei: Neben dem druckvollen Sound der Instrumente klingen sowohl Neiges Gesang wie auch seine heiseren Schreie kraftvoll aus den Boxen. Entsprechend jubelt das Münchner Publikum nach jedem Song, was den wortkargen ALCEST-Frontmann sichtlich berührt.

Auch wenn ALCEST heute Abend ihre frühen Werke weitestgehend aussparen, sorgen die älteren Stücke für den lautesten Applaus. Allerdings geraten diese im Vergleich zu den rockigeren neueren Tönen beinahe schon etwas blass. Dennoch wird auch das neuere „Kodama“ laut beklatscht, das nach gut 60 Minuten das Ende des regulären Sets bedeutet. Selbstverständlich lassen sich ALCEST aber nicht bitten und kehren noch einmal zurück. Neben dem obligatorischen „Là où naissent les couleurs nouvelles“ schließen ALCEST ihr Set mit „Délivrance“ ab – dem einzigen Song von „Shelter“ und somit dem einzigen Überbleibsel ihrer bewussten Abkehr vom Metal.

    1. Les Jardins de minuit
    2. Protection
    3. Oiseaux de proie
    4. Autre temps
    5. Écailles de lune – Part 2
    6. Sapphire
    7. Le Miroir
    8. Kodama

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  1. Là où naissent les couleurs nouvelles
  2. Délivrance

Trotz der – aus bereits genannten Gründen – nicht ganz so großen Publikumsmenge gerät dieser Abend zu einer Lehrstunde für einen diversen und dabei in sich absolut stimmigen Konzertabend. Kaelan Mikla standen für die sphärische, ruhige Seite düsterer Musik ein, Birds In Row repräsentierten die geballte Aggression und Alcest verbinden beide Pole auf ihre unnachahmliche Weise. Dabei konnten vor allem die neueren Nummern begeistern.

Die Bilder zu diesem Bericht wurden in der Szene Wien aufgenommen.

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Fotos von: Stephan Rajchl

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