Konzertbericht: Sick Of It All w/ Iron Reagan, Cutthroat LA

09.07.2018 München, Backstage (Halle)

Waren SICK OF IT ALL in München zuletzt immer im Backstage Werk zu Gast, fällt die aktuelle Headliner-Tour der NYHC-Legende etwas kleiner aus: Für rund 25€ können Fans die Band zusammen mit IRON REAGAN und CUTTHROAT LA in der deutlich kleineren Backstage Halle erleben. Ein intimer Abend mit viel Körperkontakt ist garantiert.

Dabei geht es bei CUTTHROAT LA um 20:00 Uhr noch so entspannt los: Zwar lockt die Band aus Los Angeles mit ihrem recht genretypischen, groovigen Hardcore schon gut über 100 Interessierte aus dem Backstage Biergarten ins Dunkel der Halle, diese stehen jedoch zunächst in weitem Halbkreis im hinteren Teil der Halle und lassen auch nach der Aufforderung von Sänger Neil Roemer, doch bitte aufzurücken, noch viel Platz vor der Bühne. Schlussendlich nutzt Roemer diesen Raum selbst, indem er seinen Arbeitsplatz für die letzten drei Songs kurzerhand ins Publikum verlegt. Ein geschickter Schachzug: Sofort lassen sich einige Fans vom energischen Einsatz des Mannes anstecken, so dass gegen Ende des halbstündigen Sets ein erster, zaghafter Moshpit entflammt.

An dieser Stelle nehmen IRON REAGAN den Faden nur wenig später natürlich gerne auf: Mit viel guter Laune und Reibeisenstimme führt Fronter Tony Foresta durch das 40-minütige Set der Jungs aus Richmond, Virginia. Hardcore, Punk und Thrash Metal, ja sogar Grind-Elemente, mischen sich im Sound des Quintetts zu einem vielleicht nicht erfrischenden, aber doch unterhaltsamen Mix: Acht Songs in 15 Minuten sind da ebenso wenig ein Problem wie fünf Tracks in fünf Minuten oder ein kaum wiederzuerkennendes Cannibal-Corpse-Cover. Dass sich zu diesem Kreuzfeuer aus Riffs, Breaks und Geschrei vortrefflich moshen lässt, muss man dem mittlerweile auf gut 250 Zuschauer angewachsenen Publikum nicht nochmal extra sagen – entsprechend eifrig werden jetzt die Muskeln vorgewärmt. So langsam lässt sich erahnen, was den Konzertbesucher beim Headliner erwartet.

Tatsächlich dauert es sogar ein paar Augenblicke länger als erwartet, bis in der Backstage Halle schließlich die Hölle losbricht: Als Lou Koller und Kollegen nach 40 Minuten Wartezeit um Punkt 22:00 Uhr die Bühne betreten, hängt der Moshpit zunächst nur als Vorahnung in der Luft. Wenige Songs später gibt es zu den Hardcore-Hymnen aus 30 Jahren SICK OF IT ALL kein Halten mehr: Während Gitarrist Pete auf der Bühne wie gewohnt das Rumpelstilzchen gibt, kommt Bruder Lou aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Verständlich, ist ein Gig wie der heutige, in einem mit rund 500 Fans gesteckt vollen Club, für die Band wohl auch mal wieder etwas Besonderes.

Wie kaum anders zu erwarten, ist das auch schon vier Jahre alte „aktuelle“ Album „Last Act Of Defiance“ nur mit „Road Less Traveled“ im Set vertreten – gut die Hälfte der Songs stellen stattdessen das Debüt „Blood, Sweat And No Tears“ (1989!) und der NYHC-Klassiker „Scratch The Surface“ (1994). Genau das ist, wonach sich die Fans augenscheinlich gesehnt haben: Denn auch wenn die Vorfreude auf das im Oktober erscheinende neue Album dem Applaus auf eine entsprechende Ansage nach zu urteilen groß ist – am Ende sind es doch die Klassiker „Step Down“ oder eben „Scratch The Surface“, die die Fans hören wollen und die ihnen im Circle-Pit in der mittlerweile tropisch temperierten Backstage Halle den Schweiß auf die Stirn treiben. Nach 60 Minuten ist ohne großes Zugaben-Theater Schluss – mehr hätte es unter diesen Bedingungen aber auch nicht gebraucht.

Es gibt Bands, die über die Jahre an Elan verlieren – SICK OF IT ALL gehören gewiss nicht dazu: Die Begeisterung, die die vier New Yorker auch heute auf die Bühne bringen, obwohl sie heute in einer kleineren Halle vor weniger Publikum als gewohnt ran müssen, ist schlichtweg vorbildlich. Entsprechend werden SICK OF IT ALL von ihren Fans gefeiert: Nach starken Auftritten von CUTTHROAT LA und IRON REAGAN kocht die Halle beim Headliner schier über. Mag es für die Band auch schade sein, dass heute die kleinere Location ausgereicht hat – für die Fans sind intime Konzerte wie dieser die wirklich erinnerungswürdigen Abende.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Fuchse Fotografie.

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